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BUNDESTAG/9604: Heute im Bundestag Nr. 295 - 13.03.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 295
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Freitag, 13. März 2020, Redaktionsschluss: 10.23 Uhr

1. Pkw-Maut: Mehr Berater als Beamte
2. Sicherstellung der Kreditversorgung
3. Linke will Vermutungsregel streichen
4. Förderung der Impfstoffforschung
5. Abgabe von Naloxon
6. Steuern bei kurzfristiger Vermietung
7. Fördermittel für Batteriezellproduktion
8. Nachfragen zu Kohleausstiegsgesetz


1. Pkw-Maut: Mehr Berater als Beamte

2. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/CHB) Europa- und vergaberechtliche Fragen standen am Donnerstag im Mittelpunkt der Sitzung des 2. Untersuchungsausschusses ("Pkw-Maut"). "Knackpunkt war von Anfang an, ob eine mittelbare Diskriminierung vorlag", sagte Zeugin Nina W., die bis Ende April 2017 das Referat EA 4 (Recht der EU) des Bundeswirtschaftsministeriums leitete. Dieses Referat ist für die Koordinierung aller gegen die Bundesrepublik gerichteten Vertragsverletzungsverfahren bis zur Einreichung der Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) zuständig.

Die Frage der Diskriminierung bezieht sich darauf, dass laut dem Koalitionsvertrag von 2013 durch die Einführung der Pkw-Maut kein deutscher Fahrzeughalter schlechter gestellt werden sollte als zuvor. Deshalb sollte die Kfz-Steuer in Höhe der Pkw-Maut gesenkt werden. Genau dieses Vorgehen erklärte der EuGH im Juni 2019 für nicht vereinbar mit europäischem Recht, da es eine mittelbare Diskriminierung aus Gründen der Staatsangehörigkeit darstelle.

"Wir haben das europarechtliche Risiko gesehen, es aber für vertretbar gehalten", sagte die Zeugin. Man habe zwar nicht sicher sagen können, das Gesetz sei europarechtskonform; es sei aber "europarechtlich vertretbar" gewesen. Grundsätzlich habe das Wirtschaftsministerium das Gesetzgebungsverfahren konstruktiv begleitet. Allerdings habe ihr Referat klar gemacht, dass die Erhebung der Maut und die Reduktion der Kfz-Steuer nicht gekoppelt dürften, sondern in zwei unterschiedlichen Gesetzen geregelt werden müssten. Eine Koppelung, betonte W., wäre europarechtlich tatsächlich nicht zulässig gewesen.

Einen Einblick in die Entscheidungsabläufe im Bundesverkehrsministerium erhoffte sich der Ausschuss von der Vernehmung von zwei weiteren Zeugen, die als Referenten im Bundesverkehrsministerium für einen begrenzten Zeitraum und in unterschiedlicher Intensität mit der Pkw-Maut befasst waren. Dem Zeugen Philipp F. v. C.-B., der nach eigenen Angaben ungefähr von Herbst 2017 bis Mitte 2018 Aufgaben im Zusammenhang mit der Pkw-Maut übernahm, konnten die Ausschussmitglieder allerdings wenig Erhellendes entlocken. Der Jurist, der seit Februar 2019 für das Auswärtige Amt in Genf arbeitet, erinnerte sich auch auf eingehende Fragen an kaum einen Vorgang und kaum eine Sitzung während seiner Zeit beim Verkehrsministerium.

Etwas auskunftsfreudiger war Christian K., der als Referent im Bundesverkehrsministerium zwar hauptsächlich für Fragen der Lkw-Maut zuständig ist, sich aber bis Ende 2018 auch mit Aspekten der Pkw-Maut befasste. Im Ministerium seien ab 2015 lediglich drei Personen mit der Einführung der Pkw-Maut beschäftigt gewesen, während gleichzeitig etwa 30 externe Berater dafür tätig gewesen seien, berichtete Kunze. Auch die Entwürfe für den 2018 geschlossenen Betreibervertrag seien "komplett aus der Feder der externen Berater gekommen". Dass er Ende 2018 ein Papier zur Vorbereitung des fast zwei Milliarden Euro schweren Betreibervertrags unterschrieb, begründete er damit, dass sein Referat StV 10 zu diesem Zeitpunkt weder eine Leitung noch eine stellvertretende Leitung gehabt habe und er der dienstälteste Referent gewesen sei.

Befragt wurde der Zeuge auch nach vergaberechtlichen Punkten. Im Zentrum stand dabei die Frage, wie das Ministerium mit der Situation umging, dass 2018 kein zuschlagfähiges Angebot für den Bereich Kontrolle vorlag. Lediglich die Bietergemeinschaft aus CTS Eventim und Kapsch TrafficCom hatte ein Angebot vorgelegt; dieses lag aber um rund eine Milliarde Euro über dem haushaltsrechtlichen Rahmen. Aus diesem Grund sei man in Gespräche mit der bundeseigenen Toll Collect GmbH einzutreten, welche die Lkw-Maut erhebt, sagte der Zeuge. Ziel sei es gewesen, "die Kapazitäten und das Know-how von Toll Collect zu nutzen" und so die Kosten zu senken.

Geplant war demnach, die Terminals von Toll Collect auch für die Erhebung der Pkw-Maut zu nutzen. Auf die Frage, warum man nicht schon früher auf diese Lösung gekommen sei, erklärte Kunze, er habe sich ursprünglich gegen diese Variante ausgesprochen, um im Fall von Problemen Streit zwischen Toll Collect und den Betreibern der Pkw-Maut zu vermeiden. In der gegebenen Situation habe der Einbezug von Toll Collect aber die Möglichkeit geboten, den Kostenrahmen einzuhalten. An den Verhandlungen mit den Bietern, bei denen der Preis von rund drei auf knapp zwei Milliarden Euro gesenkt wurde, sei er jedoch nicht beteiligt gewesen.

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2. Sicherstellung der Kreditversorgung

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Die Bundesregierung soll sich bei den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene zur Umsetzung von "Basel III" für die Sicherstellung der Kreditversorgung der europäischen und deutschen Unternehmen und Bürger einsetzen. Eine Kreditklemme für die Realwirtschaft oder im Privatbereich müsse vermieden werden, fordert die FDP-Fraktion in einem Antrag (19/17745). Andererseits dürften die Institute nicht aus ihrer Pflicht entlassen werden, ausreichend Risikopuffer vorzuhalten, um die von ihnen eingegangenen Risiken auch selbst tragen zu können.

In dem Antrag erläutern die Abgeordneten, dass die Baseler Eigenmittel-Abkommen den Zweck hätten, die Finanzwelt durch globale Standards transparenter und stabiler zu machen und so auch für eine zuverlässige Kreditversorgung durch Kreditinstitute zu sorgen. Jede aber nicht mehr maßvolle Verschärfung der Kapitalanforderungen berge die Gefahr einer Kreditklemme zu Lasten der Wirtschaft.

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3. Linke will Vermutungsregel streichen

Finanzen/Antrag

Berlin: (hib/HLE) Nach der derzeitigen Rechtslage reicht die bloße Aufnahme einer Körperschaft als extremistisch in einem Verfassungsschutzbericht des Bundes oder der Länder dafür aus, dass diese Bewertung als widerlegbare Vermutung für die Finanzverwaltung dafür gilt, dass diese Körperschaft nicht mehr gemeinnützig ist. Nach Ansicht der Fraktion Die Linke führt dies dazu, dass ein Verfassungsschutzbericht die Ermittlung von Verwaltungsverfahren komplett ersetzt und keine Steuervergünstigungen mehr gewährt werden. Die Fraktion strebt daher mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Abgabenordnung (19/17752) an, dass diese Vermutungsregel aus der Abgabenordnung gestrichen wird.

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4. Förderung der Impfstoffforschung

Gesundheit/Antwort

Berlin: (hib/PK) Das Bundesforschungsministerium engagiert sich im Rahmen der Coalition for Epidemie Preparedness Innovations (CEPI) für die Impfstoffentwicklung im Kampf gegen das Coronavirus. CEPI habe bereits rund 20 Millionen US-Dollar für die Förderung von vier Partnerschaften zur raschen Impfstoffentwicklung gegen die vom Coronavirus ausgelöste Lungenkrankheit Covid-19 vergeben, heißt es in der Antwort (19/17681) der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage (19/17264) der FDP-Fraktion.

Insgesamt wolle CEPI bis zu 100 Millionen Dollar für die Entwicklung von Impfstoffen gegen Covid-19 bereitstellen. Das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) arbeite zudem aktiv an der Entwicklung von Testmethoden, die der Bestimmung der Immunogenität (Fähigkeit eines Stoffes, eine Immunreaktion auszulösen) von neu entwickelten Sars-CoV-2-spezifischen Impfstoffen dienen solle.

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5. Abgabe von Naloxon

Gesundheit/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PK) Mit der Abgabe von Naloxon in der Drogentherapie befasst sich die FDP-Fraktion in einer Kleinen Anfrage (19/17670). Naloxon sei ein Opiatantagonist, der die Wirkung von Opiaten teilweise oder ganz aufheben und dadurch eine tödliche Überdosierung verhindern könne.

Die Abgeordneten wollen von der Bundesregierung wissen, wie häufig Naxolon seit 2017 eingesetzt worden ist und wie sich die Zahl der Drogentoten durch opioidhaltige Substanzen entwickelt hat.

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6. Steuern bei kurzfristiger Vermietung

Finanzen/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/HLE) Um die Besteuerung von Einkünften aus kurzfristiger Wohnraumvermietung über Vermittlungsplattformen geht es in einer Kleinen Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/17453). Die Bundesregierung soll angeben, welche Wohnraum-Vermittlungsplattformen ihr bekannt sind und wie sich die Zahl der Steuerpflichtigen in den vergangenen fünf Jahren entwickelt hat, die Wohnraum kurzfristig vermieten.

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7. Fördermittel für Batteriezellproduktion

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die Linksfraktion interessiert sich für Fördermittel für die Batteriezellenproduktion in Deutschland. Die Abgeordneten erkundigen sich in einer Kleinen Anfrage (19/17648) nach der Höhe der Summe, mit der etwa Tesla bei der Ansiedlung in Brandenburg unterstützt werden soll. Sie fragen auch nach Kriterien für die Vergabe und Rückzahlmechanismen.

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8. Nachfragen zu Kohleausstiegsgesetz

Wirtschaft und Energie/Kleine Anfrage

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Nachfragen zum Entwurf des Kohleausstiegsgesetzes. So möchten die Abgeordneten in einer Kleinen Anfrage (19/17645) wissen, wie die Bundesregierung Abweichungen im Entwurf zu den Empfehlungen der Kohlekommission begründet. Außerdem fragen sie detailliert nach Motivationen für weitere Teilentscheidungen und nach rechtlichen Grundlagen, auf denen Vorgaben für künftige Tagebaue fußen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 295 - 13. März 2020 - 10.23 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 14. März 2020

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