Schattenblick → INFOPOOL → PARLAMENT → FAKTEN


BUNDESTAG/9780: Heute im Bundestag Nr. 473 - 06.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 473
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Mittwoch, 6. Mai 2020, Redaktionsschluss: 14.53 Uhr

1. Wege zur nationalen Mobilitätsplattform
2. Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität
3. Aus für Bürgerenergie-Privilegien
4. Neuabgrenzungen von Wahlkreisen
5. FDP fordert Plan für Kita-Öffnungen


1. Wege zur nationalen Mobilitätsplattform

Verkehr und digitale Infrastruktur/Anhörung

Berlin: (hib/HAU) Bei einer Expertenanhörung am Mittwoch hat der Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur über Wege zur Schaffung einer nationalen Mobilitätsplattform und die dazu benötigte Bereitstellung von Daten durch die Mobilitätsanbieter diskutiert. Einig war man sich dabei in der Einschätzung, dass sowohl öffentliche als auch private Mobilitätsanbieter eingebunden werden und ihre Daten zu Verfügung stellen müssten. Umstritten blieb, ob und wenn ja, welche gesetzlichen Vorgaben benötigt werden. Grundlage der Anhörung waren Anträge der FDP-Fraktion (19/18674) und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (19/14387).

Oliver Wolff, Hauptgeschäftsführer beim Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDE), sagte, Ziel des Bundes müsse es sein, eine nationale Plattform zu schaffen, über die sich die Nutzer aus den öffentlichen wie auch privaten Verkehrsangeboten nach ihren Präferenzen die beste Mobilitätskette zusammenstellen können. "Die Grundlagen, um digitale Mobilität verfügbar zu machen, sind da", sagte Wolff. Eine "von oben" aufgesetzte Lösung sei aber nicht zielführend - ebenso wenig wie die Verpflichtung, an einem genossenschaftlichen Modell mitzuwirken, befand der VDE-Vertreter. Richtig sei der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) unterstützte Weg, bei dem sich einige große Unternehmen zusammengetan hätten, um eine Mobilitätsplattform aufzubauen und andere Anbieter einzuladen, "Kunde, im Sinne eines Miteigentümers zu werden".

Neben den Tarif- und Fahrplandaten, die zum Teil schon erfasst würden, müssten auch Realtime-Daten in einer zu schaffenden App aufgenommen werden, sagte Professor Justus Haucap vom Düsseldorf Institute for Competition Economics. Klar sei, das die mit Steuermitteln unterstützten ÖPNV-Unternehmen ihre Daten bereitstellen müssten. Ziel müsse es aber sein, die Plattform so attraktiv zu gestalten, dass auch private Anbieter ihre Daten freiwillig bereitstellen. Haucap warnte zugleich: Gelinge es nicht, eine Plattformlösung zu schaffen, die für alle zur Verfügung steht, könnten es große Unternehmen wie Google sein, "die die Daten einsammeln und für eine Monopolisierung sorgen".

Die Mobilitätsplattform müsse "einfach, zuverlässig und sicher" sein, forderte Marion Jungbluth von der Verbraucherzentrale Bundesverband. Sie werde gebraucht, um das Mobilitätsverhalten der Menschen umweltgerechter zu gestalten, ohne die Mobilität einzuschränken. Zu beachten sei aber, dass die Menschen unterschiedliche Vorstellungen von guter Mobilität hätten. Zwar werde eine Verständigung über Schnittstellen und den Datenschutz benötigt. Statt aber die Ausgestaltung der App zentral vorzugeben, brauche es eine Individualisierung, "damit die Oma auf der schwäbischen Alb ebenso ihr Angebot ebenso findet, wie der Hipster in Prenzlauer Berg".

Maxim Nohroudi vom Startup-Unternehmen Door2Door Gmbh verwies auf eigene Erfahrungen mit von seinem Unternehmen entwickelten Apps, die zeigten, dass es erhebliche Unterschiede zwischen Langstrecken- und Kurzstreckennutzern gebe. Benötigt würden daher zwei Apps, sagte er. Auf die Frage, warum es noch keine zentrale Mobilitätsplattform gebe, antwortete er: Jeder Anbieter wolle den Endkundenzugang behalten. Gehe es dem Bund um die Stärkung der Daseinsvorsorge durch die Mobilitätsplattform, sei daher die gesetzliche Verpflichtung zur Plattform richtig, sagte Nohroudi.

Michael Heider von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) stellte das Projekt "Jelbi" vor. "Mit der intelligenten Verknüpfung von ÖPNV und Sharing-Angeboten schaffen wir für die Menschen ein bedarfsgerechtes, einfach und komfortabel buchbares Mobilitätsangebot, das für jede Situation das richtige Mobilitätsangebot bereitstellen kann", sagte er. Nur wenn sich die Menschen einer attraktiven Alternative zum privaten PKW gewiss sein könnten, die ihre vielfältigen, individuellen Mobilitätsbedarfe deckt, sei der Weg zu autofreien Haushalten und damit autoarmen Kiezen und Städten geebnet.

Auf die Bedeutung des Autos für die Menschen im ländlichen Raum verwies Stefan Gerwens vom ADAC. Daher müsse das Auto in einer Mobilitätsplattform, beispielsweise als On-Demand-Angebot, eingebunden werden. Dafür sei es nötig, die Experimentierklausel im Personenbeförderungsgesetz zu ändern, sagte der ADAC-Vertreter.

Hilmar von Lojewski vom Deutschen Städtetag begrüßte das Grundanliegen eines integrierten Konzeptes. Eine gesetzliche Verpflichtung, eine bestimmte Plattform zu nutzen oder eine bestimmte technische Lösung zu verfolgen, käme jedoch verfrüht, sagte er. Gleichzeitig sprach sich der Kommunalvertreter ausdrücklich gegen eine einseitige Verpflichtung der öffentlichen Hand aus, Mobilitätsdaten einseitig bereitzustellen.

*

2. Gesetzentwurf gegen Hasskriminalität

Recht und Verbraucherschutz/Anhörung

Berlin: (hib/MWO) Der Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität (19/17741, 19/18470) war Thema einer öffentlichen Anhörung im Ausschuss für Recht und Verbraucherschutz am Mittwoch. Die Ziele der beiden wortgleichen Vorlagen der Fraktionen der CDU/CSU und SPD sowie der Bundesregierung wurden von den zwölf Sachverständigen und Beigeordneten mehrheitlich begrüßt, die Umsetzung sei jedoch nicht optimal. Mehrere Experten bemängelten einen zu starken Eingriff in Freiheitsrechte.

Die Abgeordneten interessierten sich vor allem für Einzelheiten zu den neuen Straftatbeständen unter dem Gesichtspunkt der Ultima Ratio, zur Beschaffung von Auskünften von den Dienstanbietern und zur Arbeitsweise des Bundeskriminalamtes (BKA) im Zusammenhang mit der im Entwurf vorgesehenen Meldepflicht strafbarer Inhalte. Eine Vertreterin der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen verwies auf den Änderungsantrag ihrer Fraktion zu dem Gesetz, der Vorschläge des Bundesrates, des Deutschen Anwaltverbandes (DAV) und des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz aufgreife.

Mit dem Gesetz will die Bundesregierung einer im Internet und besonders in den sozialen Medien zunehmend zu beobachtenden Verrohung der Kommunikation entgegentreten. Durch aggressives Auftreten bis hin zu Morddrohungen werde nicht nur das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Betroffenen, sondern auch der politische Diskurs in der demokratischen und pluralistischen Gesellschaftsordnung angegriffen, heißt es im Entwurf. Damit sei der freie Meinungsaustausch im Internet und letztendlich die Meinungsfreiheit gefährdet. Zu deren Verteidigung sei der Staat verpflichtet.

Armin Engländer, Strafrechtler von der Ludwig-Maximilians-Universität München, erklärte in seiner Stellungnahme, die vorgeschlagenen Änderungen des Strafgesetzbuches verdienten in ihrer Zielsetzung uneingeschränkt Zustimmung. Die Änderungen und Ergänzungen bei den Beleidigungstatbeständen, die einen der Schwerpunkte des Entwurfs bildeten, seien sinnvoll. Zu weit gingen allerdings die vorgesehenen Änderungen beim Tatbestand der Bedrohung. Die mit dem Mittel des Strafrechts verfolgten gesetzgeberischen Ziele ließen sich nur erreichen, wenn die Strafjustiz auch über ausreichende Ressourcen verfügt, fügte Engländer hinzu.

Matthias Bäcker, Lehrstuhlinhaber und Datenschutzrechtsexperte von der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz beschränkte sich in seiner Stellungnahme auf die Pflicht von Netzwerkbetreibern zur Meldung bestimmter Inhalte an das BKA sowie die Regelungen zur Übermittlung von Telemediendaten an Sicherheitsbehörden. Gegen die Meldepflicht bestünden keine fundamentalen verfassungsrechtlichen Bedenken, erklärte Bäcker. Allerdings reiche diese Pflicht hinsichtlich der mit zu übermittelnden Identifikationsdaten teils zu weit.

Der Beauftragte der bayerischen Justiz zur strafrechtlichen Bekämpfung von Hate-Speech, Oberstaatsanwalt Klaus-Dieter Hartleb, erklärte, dass aus seiner Sicht der Regelungs- und Handlungsbedarf im Bereich der Beleidigungsdelikte nicht ausgeschöpft werde. Es bestehe weitergehender Reformbedarf, sagte Hartleb mit Blick auf Phänomene jüngerer Zeit, insbesondere strafbare Hassrede im Internet. Zudem griffen die in der Strafprozessordnung vorgesehenen Änderungen zu kurz. Den Ermittlungsbehörden müssten die für die Verfolgung von Hate-Speech erforderlichen strafprozessualen Instrumente an die Hand gegeben werden.

Markus Hartmann von der Staatsanwaltschaft Köln, Leiter der Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC), verwies in seiner Stellungnahme auf umfangreiche Praxiserfahrungen sowohl im Hinblick auf die gegenwärtige Situation der Bekämpfung der digitalen Hasskriminalität als auch auf wesentliche Hemmnisse der Strafverfolgung. Hartmann begrüßte die Stärkung der materiell-rechtlichen und strafprozessualen Grundlagen für die Strafverfolgung. Das durch die gesetzlichen Neuregelungen zu erwartende Arbeitsaufkommen sei jedoch nicht in erforderlichem Maße berücksichtigt worden. So seien die durch den Bundesrat aufgeworfenen Fragen zu den Kosten des Gesetzesvorhabens für die Landesjustizbehörden höchst praxisrelevant.

Oberstaatsanwalt Andreas May von der Zentralstelle zur Bekämpfung der Internetkriminalität (ZIT) der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main betonte, die gesetzgeberische Zielsetzung werde die beteiligten Ermittlungsbehörden vor eine beispiellose Mammutaufgabe stellen. Das bisherige Gesetzgebungsverfahren habe gezeigt, dass auch grundsätzliche Fragestellungen noch nicht abschließend geklärt sind, die für das Ziel der Ermöglichung einer effektiven Strafverfolgung von wesentlicher Bedeutung sein dürften. Unter anderem müssten die Aufgaben des BKA klargestellt werden.

Für BKA-Vizepräsident Jürgen Peter ist der Gesetzentwurf ein wichtiger Fortschritt bei der Bekämpfung von Straftaten im Internet. Die im aktuellen Gesetzgebungsverfahren vorliegenden Rechtsänderungen seien erforderlich und geeignet, strafrechtliches Handeln aus der scheinbaren Anonymität des Netzes zu holen. Mit den Regelungen sei die Grundlage geschaffen, die gemeldeten Inhalte im BKA zentral zu sichten und die Voraussetzung zu schaffen, dass Strafverfolgungsmaßnahmen sowie gefahrenabwehrende Maßnahmen durch die örtlich zuständigen Behörden eingeleitet werden können. Zur besseren Aufklärung seien allerdings weitere Befugnisse erforderlich.

Die mit dem Gesetzesentwurf verfolgten Ziele könne man nur begrüßen, erklärte Stephan Conen vom DAV. Gegen die hierzu angedachten Mittel und die legislative Umsetzung gebe es jedoch durchgreifende Einwände. Die Inanspruchnahme der privaten Diensteanbieter als meldepflichtige Vorposten der Strafverfolgung durch das BKA begegne ebenso Bedenken und sei im Ergebnis ebenso abzulehnen wie die tatbestandliche Ausweitung von Strafbarkeiten und die Anhebung von Strafrahmen, zumal die Hoffnung mit letzteren Sozialverhalten steuern zu können nach allen kriminologischen Erkenntnissen der Tatsachenbasis entbehre.

Uda Bastians vom Deutschen Städtetag, die zusammen mit den anderen Vertretern der kommunalen Spitzenverbände aufgrund eines Sonderstatus an der Anhörung teilnahm, erklärte, mit dem Gesetzentwurf würden Strafbarkeitslücken geschlossen und die effektive Strafverfolgung verbessert. Gerade in der Öffentlichkeit stehende Personen bis hin zur kommunalen Ebene stünden mit zunehmender Tendenz im Fokus von Beleidigungen, Bedrohungen, Einschüchterungen oder sogar tätlichen Angriffen. Bastians wies darauf hin, dass Änderungen im Strafgesetzbuch für sich allein nicht ausreichten. Eine effiziente Strafverfolgung könne nur durch personell und technisch hinreichend ausgestattete Strafverfolgungsbehörden gewährleistet werden.

Uwe Lübking vom Deutscher Städte- und Gemeindebund und Klaus Ritgen vom Deutschen Landkreistag verwiesen ebenfalls auf die Notwendigkeit, Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, aber auch kommunale Angestellte besser zu schützen. In der haupt- und ehrenamtlichen Kommunalpolitik werde bereits darüber nachgedacht, so Lübking, ob ein Amt oder Mandat weiter ausgeübt oder ob ein Amt überhaupt angestrebt werden solle. Die Meinungsfreiheit im demokratischen Diskurs sei ein hohes Gut, ehrverletzende Beleidigungen oder demokratiegefährdende Bedrohungen dürften nicht hingenommen werden. Notwendig seien aber auch Prävention und Sensibilisierungsarbeit.

Rechtsanwältin Josephine Ballon von der gemeinnützigen Organisation HateAid, die Betroffene von digitaler Gewalt unterstützt, begrüßte das gestiegene Bewusstsein dafür, dass Hassrede, Hasskriminalität und Rechtsextremismus auch im Internet eine Bedrohung für die demokratische Gesellschaft und die Meinungsfreiheit seien. Die Strafverfolgung sei zwar ein wichtiger Baustein, um Hasskriminalität und digitale Gewalt einzudämmen, berge aber zugleich die Gefahr, dass Freiheitsrechte mehr als erforderlich eingeschränkt werden. Hier müsse genau abgewogen und nach einer Lösung gesucht werden, die Strafverfolgung vorantreibt, aber die Grundrechte nicht unverhältnismäßig einschränkt. In diesem Sinne seien Nachbesserungen am Entwurf erforderlich.

Auch Rechtsanwalt Henning Lesch von eco - Verband der Internetwirtschaft meldete Bedenken gegen den Entwurf an. Die Pläne gingen weit über die zuvor diskutierte Stärkung des NetzDG hinaus. Es drohten zum Teil tiefgreifende Einschnitte in das informationelle Selbstbestimmungsrecht, in das Recht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität von Kommunikationssystemen sowie in das Fernmeldegeheimnis. Sein Verband bekenne sich zum Kampf gegen Rechtsextremismus und unterstütze das Vorgehen gegen rechtswidrige Inhalte im Internet. Nach Einschätzung der Internetwirtschaft bestünden hinsichtlich des Gesetzentwurfes jedoch erhebliche verfassungsrechtliche, datenschutzrechtliche und europarechtliche Bedenken.

Der Entwurf, der im März in erster Lesung im Bundestag weitgehend als dringend notwendig erachtet wurde, sieht als eine zentrale Neuerung die Einführung einer Meldepflicht der Anbieter sozialer Netzwerke im Sinne des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) vor. Sie sollen verpflichtet werden, ein System einzurichten, wonach bestimmte strafbare Inhalte an das BKA zu melden sind. Erfasst sein sollen nur solche Inhalte, bei denen es konkrete Anhaltspunkte für die Erfüllung eines Straftatbestandes gibt und die anhaltende negative Auswirkungen auf die Ausübung der Meinungsfreiheit in den sogenannten sozialen Medien haben können. Zusätzlich soll das Zugänglichmachen kinderpornografischer Inhalte erfasst werden. Der Katalog der rechtswidrigen Inhalte des NetzDG soll um das Delikt der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener ergänzt werden, da die Erfahrungen aus der Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke 2019 gezeigt hätten, wie sehr Hetze im Netz mittlerweile auch in dieser Form ihren Ausdruck findet.

Der Entwurf schlägt zudem vor, den Straftatenkatalog des Strafgesetzbuches dahingehend zu erweitern, dass zukünftig auch die Androhung einer gefährlichen Körperverletzung strafbar sein kann. Auch die Billigung noch nicht erfolgter Straftaten soll erfasst werden. Öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften getätigte beleidigende Äußerungen sollen zukünftig im Höchstmaß mit zwei Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden können. Der Tatbestand der üblen Nachrede und Verleumdung gegen Personen des politischen Lebens soll auch für Taten gegen Personen bis hin zur kommunalen Ebene gelten.

Unter dem Tatbestand Bedrohung soll zukünftig auch die Bedrohung mit einer rechtswidrigen Tat gegen die sexuelle Selbstbestimmung, die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit oder gegen eine Sache von bedeutendem Wert vom Tatbestand erfasst werden. Bei der Strafzumessung sollen antisemitische Motive eines Täters besonders berücksichtigt werden. In der Strafprozessordnung sollen die Regelungen über die Verkehrs- und Bestandsdatenerhebung gegenüber Telekommunikationsdiensteanbietern auf Maßnahmen gegenüber Telemediendiensteanbietern erweitert werden.

*

3. Aus für Bürgerenergie-Privilegien

Wirtschaft und Energie/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/PEZ) Die Fraktionen CDU/CSU und SPD wollen mit einem Gesetzentwurf das Aus für Privilegien von Bürgerenergiegesellschaften besiegeln. Dazu haben die Abgeordneten den "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2017 und weiterer energierechtlicher Bestimmungen" (19/18964) vorgelegt. Er sieht vor, derzeit befristet ausgesetzte Regelungen dauerhaft zu streichen. Diese Regelungen hätten Bürgerenergiegesellschaften vereinfachte Teilnahmen an Ausschreibungen für Windenergieprojekte an Land ermöglicht, in der Praxis jedoch zu Fehlanreizen und Missbrauch geführt. Dadurch sei der Einbruch beim Ausbau der Windenergie an Land verstärkt worden, heißt es in dem Entwurf.

Außerdem adressiert die Vorlage Schwierigkeiten im Zusammenhang mit dem Einhalten von Fristen wegen der Corona-Pandemie. So sollen die Wirtschaftsprüferbescheinigung und das Zertifikat zur Energieeffizienz bis 30. November 2020 nachgereicht werden können. Realisierungsfristen für Anlagen, die bereits einen Zuschlag erhalten haben, würden um sechs Monate verlängert. "Darüber hinaus wird eine weitere Frist im Energiewirtschaftsgesetz verlängert."

Schließlich geht es in dem Entwurf um Windenergie auf See. Dazu soll das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie als sachnächste Behörde die Kompetenz erhalten, Verordnungen zur Feststellung der Eignung von Flächen für die Windenergienutzung auf See zu erlassen.

*

4. Neuabgrenzungen von Wahlkreisen

Inneres und Heimat/Gesetzentwurf

Berlin: (hib/STO) Einen Neuzuschnitt mehrerer Wahlkreise sieht ein Gesetzentwurf der CDU/CSU- und der SPD-Fraktion (19/18968) vor, der am Donnerstag erstmals auf der Tagesordnung des Bundestagsplenums steht. Danach sind aufgrund der Bevölkerungsentwicklung für die nächste Bundestagswahl Neuabgrenzungen von Wahlkreisen in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Bayern vorzunehmen sowie in Thüringen aufgrund kommunaler Gebietsänderungen.

So überschreitet in Brandenburg der Wahlkreis "Potsdam - Potsdam-Mittelmark II - Teltow-Fäming" laut Vorlage wegen stetig steigender Bevölkerungszunahme "die zwingende Neueinteilungsgrenze von 25 Prozent Abweichung vom Bevölkerungsdurchschnitt, so dass eine Neuabgrenzung dieses Wahlkreises vorzunehmen ist". In Nordrhein-Westfalen verzeichnet der Wahlkreis "Paderborn - Gütersloh III" den Angaben zufolge bei absehbar weiterer Bevölkerungszunahme eine Abweichung von 24,7 Prozent. In Bayern weisen bei ebenfalls absehbarem Bevölkerungszuwachs der Wahlkreis "Landshut" mit 24,4 Prozent, der Wahlkreis "Regensburg" mit 24,7 Prozent, der Wahlkreis "Fürth" mit 25 Prozent und der Wahlkreis "Augsburg-Land" mit 24,5 Prozent hohe Abweichungswerte vom Durchschnitt auf; wie aus der Vorlage ferner hervorgeht.

In Thüringen wiederum befinden sich danach aufgrund kommunaler Gebietsänderungen die Gemeinde Kaltennordheim sowie die Städte Suhl und Neuhaus am Rennweg in jeweils zwei Wahlkreisen. Hier zielen die vorgesehenen Neuabgrenzungen darauf ab, bei der Wahlkreiseinteilung die Grenzen der Gemeinden, Kreise und kreisfreien Städte einzuhalten.

*

5. FDP fordert Plan für Kita-Öffnungen

Familie, Senioren, Frauen und Jugend/Antrag

Berlin: (hib/AW) Nach dem Willen der FDP-Fraktion soll die Bundesregierung gemeinsam mit den Bundesländern die Notbetreuung in Kindertageseinrichtungen während der Corona-Pandemie ausweiten. Neben Kindern von Eltern in systemrelevanten Berufen sollen auch Eingewöhnungskinder und deren Geschwister, Kinder von Alleinerziehenden und von Eltern, die beide berufstätig sind, in die Notbetreuung aufgenommen werden, fordern die Liberalen in ihrem Antrag (19/18954).

Als Vorbedingung für eine Öffnung von Kindertageseinrichtungen sollen umfangreiche Schnelltests von allen Kita-Mitarbeitern und der Kinder in den Einrichtungen eingeführt werden. Diese Schnelltests sollen bei Bedarf oder bei Anzeichen für eine Covid-19-Erkrankung wiederholt werden. Fachkräfte und auch Kinder, die nach Einschätzung von Experten gemeinhin als Risikogruppen zählen, sollen hingegen bis auf Weiteres nicht wieder in den Kita-Betrieb eingegliedert werden.

Die Fraktion tritt ferner für einen Infektionsschutz durch Kinderbetreuung in zeitlich versetzten Kleinstgruppen aus Kindern und Erziehern sowie Zugangsbeschränkungen von betriebsfremden Personen vor. Auch will sie einen Infektionsschutz durch Rahmenhygienepläne bei Kindern, Fachkräften und Elternkontakt. Für die Kita-Mitarbeitender müsse Schutzkleidung für den Umgang mit den Eltern und für Dienstbesprechungen bereitgestellt werden.

Zudem fordert die FDP für die Zeit der Pandemie befristet eine sogenannte Corona-Elternzeit, die einen Rechtsanspruch auf Arbeitszeitreduzierung mit entsprechendem Kündigungsschutz umfasst. Sofern in der genommenen Elternzeit oder Corona-Elternzeit keine anderweitigen Ansprüche auf Entgeltersatzleistungen bestehen, müsse eine Verdienstausfallentschädigung nach den bestehenden Regelungen des Infektionsschutzgesetzes auch über den bisher geltenden Maximalzeitraum von sechs Wochen hinaus gezahlt werden.

*

Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 473 - 6. Mai 2020 - 14.53 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
Parlamentsnachrichten, PuK 2
Platz der Republik 1, 11011 Berlin
Telefon: +49 30 227-35642, Telefax: +49 30 227-36191
E-Mail: mail@bundestag.de
Internet: www.bundestag.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Mai 2020

Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang