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BUNDESTAG/9790: Heute im Bundestag Nr. 483 - 07.05.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 483
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Donnerstag, 7. Mai 2020, Redaktionsschluss: 15.42 Uhr

1. BKA konnte Person Amris nicht beurteilen
2. AfD fordert höheres Arbeitslosengeld
3. Stellungnahme zu Monopolkommission


1. BKA konnte Person Amris nicht beurteilen

1. Untersuchungsausschuss/Ausschuss

Berlin: (hib/WID) Das Bundeskriminalamt (BKA) war im Frühjahr 2016 noch nicht in der Lage, Bedrohungen zu beurteilen, die von der persönlichen Verfassung gewaltbereiter Verdächtiger ausgingen. Diese Fähigkeit sei erst Mitte 2017, also nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche, entwickelt worden, sagte ein damals im zuständigen Referat ST33 tätiger Beamter, der heutige Kriminaldirektor Martin K., am Donnerstag dem 1. Untersuchungsausschuss ("Breitscheidplatz"). Das Referat ST33 befasste sich mit "Gefährdungssachbearbeitung" und "Phänomenauswertung".

Dabei sei es aber lediglich um Sachverhalte, nicht um die Personen der möglichen Täter gegangen, betonte der Zeuge. Nach diesem Maßstab beurteilte das Referat im Februar 2016 ein Anschlagsszenario, das ein Informant des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamts aus dem Mund des späteren Breitscheidplatz-Attentäters Anis Amri gehört haben wollte, zunächst als "eher auszuschließen", später immerhin als "eher unwahrscheinlich". Demnach hätte Amri einen Raubüberfall begehen und mit dem erbeuteten Geld entweder in Paris oder in Neapel Schnellfeuergewehre der Marke AK47 erwerben, um diese wiederum in Deutschland für Anschläge zu nutzen.

Auf einen nach der Dringlichkeit von oben nach unten ansteigenden Skala bewertete ein Sachbearbeiter des Referats ST33 dieses Szenario am 4. Februar mit sieben von acht möglichen Punkten. In den folgenden Tagen liefen weiterführende Erkenntnisse aus abgehörten Telefonaten Amris ein, darunter drei Audiodateien, die offensichtlich Gespräche mit Partnern aus Kriegsgebieten wiedergaben. Im Hintergrund sei Maschinengewehrfeuer zu hören gewesen. Daraufhin sei am 18. Februar das geschilderte Szenario auf den Wert von fünf Punkten hochgestuft worden. Dies sei schon "bemerkenswert hoch gegriffen" gewesen, betonte der Zeuge: "Nicht viele Sachverhalte wurden auf fünf oder höher gesetzt."

Dennoch blieb ein Dissens mit dem Düsseldorfer LKA, das die Glaubwürdigkeit seines unter dem Kürzel "VP01" geführten Informanten in Zweifel gezogen sah. Die Zuständigen im BKA wiederum waren irritiert, weil derselbe Gewährsmann zeitgleich noch ein anderes Anschlagsszenario in Erfahrung gebracht haben wollte. Dass Möchtegern-Attentäter einem Unbeteiligten unabhängig voneinander gleich zweimal ihre Pläne ausplauderten, galt als unwahrscheinlich. Einen "Aha-Effekt" brachte nach den Worten des Zeugen eine Aussprache am 23. Februar 2016 beim Generalbundesanwalt. Hier teilten die Vertreter aus NRW mit, sie hätten ihren Informanten mit der "Legende" in die Szene geschickt, er sei "anschlagsgeneigt" und auf der Suche nach Mittätern. "Wir waren sehr überrascht", sagte der Zeuge. Doch seien die Darstellungen der VP01 jetzt plausibel erschienen.

Nach der Besprechung beim Generalbundesanwalt verbreitete das nordrhein-westfälische LKA die Einschätzung, dass Amri seine Attentatspläne intensiviere und mit Sicherheit entschlossen sei, sie auszuführen. Im BKA galt das als völlig übertrieben und hatte einen internen Mailwechsel zur Folge, aus dem äußerste Gereiztheit gegen die Düsseldorfer Kollegen sprach. Dennoch habe zu keinem Zeit die Absicht bestanden, die VP01 "totzuschreiben", wie ein Hauptkommissar aus Düsseldorf nach der Besprechung beim Generalbundesanwalt vertraulich erfahren haben wollte. Er sei "fast vom Hocker gefallen", als davon hörte, sagte Zeuge K.: "Ich halte das für eine phantastische Geschichte."

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2. AfD fordert höheres Arbeitslosengeld

Arbeit und Soziales/Antrag

Berlin: (hib/CHE) Die AfD-Fraktion fordert in einem Antrag (19/19017) die Stärkung des Sozialstaates und Soforthilfen für Mieter und Wohnungswirtschaft. Die Fraktion verlangt unter anderem, das Arbeitslosengeld I befristet, vom 1. März 2020 bis zum Ende der COVID-19-Pandemie, längstens jedoch bis zum 31. Dezember 2020, von bisher 60 beziehungsweise 67 Prozent des letzten Netto-Entgeltes auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des letzten Netto-Entgeltes zu erhöhen. Auch das Kurzarbeitergeld soll entsprechend befristet auf 80 beziehungsweise 87 Prozent des ausgefallenen Arbeitsentgeltes erhöht werden. Außerdem müsse sichergestellt werden, dass die Prüfungen der Angemessenheit der Unterkunftskosten beim Arbeitslosengeld II bis Ende 2020 unterbleiben und Aufforderungen zur Senkung der Unterkunftskosten nicht mehr verschickt werden. Die Wohnkosten sollen in aktueller Höhe vollständig als Bedarf anerkannt werden, heißt es in dem Antrag.

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3. Stellungnahme zu Monopolkommission

Wirtschaft und Energie/Unterrichtung

Berlin: (hib/PEZ) Die Bundesregierung hat in einer als Unterrichtung (19/18850) vorgelegten Stellungnahme auf das 7. Sondergutachten Energie der Monopolkommission (19/13440) reagiert, das sich dem Wettbewerb mit neuer Energie widmet. Darin legt die Bundesregierung unter anderem ihre Maßnahmen zum Aufbau einer wettbewerbsfähigen Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität dar und äußert sich zur Wettbewerbsentwicklung bei den Ausschreibungen für erneuerbare Energien. Für die Bundesregierung stehe im Vordergrund, bestehende Hemmnisse für neue Projekte zu beseitigen, so dass die ursprünglich geplanten Ausbaumengen wieder über wettbewerbsintensive Ausschreibungen bezuschlagt werden können. Weiter werde die Auffassung der Kommission geteilt, dass keine neuen Privilegien für Bürgerenergiegesellschaften innerhalb des Auktionsdesigns eingeführt werden sollten, da damit negative Erfahrungen gemacht worden seien. Außerdem geht es in der Stellungnahme um die Entwicklung im Regelenergiesystem sowie im Stromgroßhandel.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 483 - 7. Mai 2020 - 15.42 Uhr
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veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2020

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