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BUNDESTAG/9916: Heute im Bundestag Nr. 609 - 15.06.2020


Deutscher Bundestag
hib - heute im bundestag Nr. 609
Neues aus Ausschüssen und aktuelle parlamentarische Initiativen

Montag, 15. Juni 2020, Redaktionsschluss: 14.34 Uhr

1. Geteiltes Echo auf Entsendegesetz-Novelle
2. Kampagne zu Grundrechtsbeschränkung
3. Bilanz des ISF-Projekts Spectre
4. Transport von Nutztieren
5. Forstliche Versuchsflächen
6. Pflanzenschutzmitteldatenbank des BVL


1. Geteiltes Echo auf Entsendegesetz-Novelle

Arbeit und Soziales/Ausschuss

Berlin: (hib/SAS) Auf ein geteiltes Echo ist bei Experten der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Arbeiternehmer-Entsendegesetzes gestoßen. In einer Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montag kamen die Fachleute teils zu sehr unterschiedlichen Urteilen. Die Vertreter der Gewerkschaften kritisierten unter anderem, die Vorlage werde den politischen Zielsetzungen nicht gerecht, für eine Gleichbehandlung von inländischen und ausländischen Arbeitnehmern sowie einen fairen Wettbewerb zu sorgen. Vertreter der Arbeitgeberverbände hingegen befürchten, die geplante Neuregelung könne zu mehr Bürokratie führen und so die Entsendung von Arbeitnehmern für deutsche Unternehmen insgesamt erschweren.

Ziel des Gesetzentwurfs der Bundesregierung (19/19371) ist die Umsetzung der EU-Entsenderichtlinie in deutsches Recht. Bundesweite allgemeinverbindliche Tarifverträge sollen nicht mehr nur im Baugewerbe gelten, sondern in allen Branchen nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz auf Arbeitgeber mit Sitz im Ausland angewendet werden, wenn diese Arbeitnehmer im Inland beschäftigen. Neben dem Gesetzentwurf lagen der Anhörung auch Anträge der FDP (19/259) und der Fraktion Die Linke (19/19259) zugrunde.

Besonders strittig bewertet wurde in der Anhörung unter anderem, dass regionale Tarifverträge nicht vom Gesetzentwurf erfasst werden sollen. So betonte Nadine Absenger vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), dass die regionalen Tarifverträge ihre Wirkung bislang nur bei Langzeitentsendungen entfalten würden. "Das ist eine Einschränkung der EU-Entsenderichtlinie", ergänzte sie. Darüber hinaus wertete sie es als problematisch, dass der Entwurf nur die Erstreckung auf drei Entgeltstufen vorsehe. Eine solche Regelung sei geeignet, Lohndumping Vorschub zu leisten.

Roland Wolf von der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) vertrat hingegen die Auffassung, bei kurzzeitigen Entsendungen von weniger als 12 bis 18 Monaten sei es "sogar unzulässig, regionale Tarifverträge zu erstrecken". Die EU-Richtlinie schreibe nur Entgelttarifverträge in dieser Phase vor, wenn "sie zwingend verbindlich seien".

Dieser Einschätzung widersprach Franz Josef Düwell, ehemaliger Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht: Die regionalen Tarifverträge seien sehr wohl mit dem deutschen System vereinbar, da die Tarifautonomie es zulasse, an den Betriebssitz ebenso anzuknüpfen wie an den Arbeitsort. Werde letzteres ausgeschlossen, sei dies ein "unzulässiger Eingriff in die Tarifautonomie", betonte Düwell.

Dem widersprach Martin Franzen, Arbeitsrechtler an der Universität München. Er wies darauf hin, dass die EU-Richtlinie grundsätzlich auf "allgemeinverbindliche Tarifverträge" abstelle. In Deutschland sei die Anknüpfung an Bundestarifverträge, und damit der Ausschluss regionaler Verträge, geltendes Recht. "Dies hat die EU-Kommission nie bemängelt" und zeige, dass die EU-Entsenderichtlinie nicht dazu zwinge, regionale Verträge zu erfassen, so Franzen. Allerdings schließe sie es auch nicht aus, räumte er ein.

Einen anderen Kritikpunkt brachte Indra Harder, Gesamtmetall - Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie, an. Sie äußerte die Befürchtung, die geplante Novelle werde mit ihren Regelungen zu zeitlichen Ausnahmen und Beschränkungen für mehr Bürokratie sorgen.

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2. Kampagne zu Grundrechtsbeschränkung

Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung/Antrag

Berlin: (hib/ROL) Die FDP fordert in einem Antrag (19/19880) eine Aufklärung- und Informationskampagne zu den Grundrechtsbeschränkungen im Zuge der Corona-Pandemie. Diese soll dem Antrag zufolge bei der Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) in Auftrag gegeben und altersgerecht, mehrsprachig sowie medienbruch- und barrierefrei gestaltet werden.

Im Zuge der Maßnahmen zum Gesundheitsschutz seien viele Grundrechte eingeschränkt, um der Corona-Pandemie zu begegnen und einer Überlastung des Gesundheitssystems und der staatlichen Institutionen vorzubeugen. Die Demokratie lebe vom faktengetragenen Streit innerhalb der Meinungspluralität. Auch wenn Teile der Politik bereits von einer "Neuen Normalität" sprechen würden, seien die derzeitigen Einschränkungen von Grundrechten alles andere als "normal". Sie seien vielmehr in der Geschichte der Bundesrepublik ohne Beispiel. Die bpb sei als unabhängige und ausgewogene Institution von hoher Akzeptanz in der Bevölkerung getragen. In Zeiten von geschlossenen Bildungseinrichtungen und starker Einschränkungen des öffentlichen Lebens sei der demokratische Streit und der öffentliche Austausch von Positionen erschwert, aber umso wichtiger.

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3. Bilanz des ISF-Projekts Spectre

Inneres und Heimat/Antwort

Berlin: (hib/STO) Um eine Bilanz des aus Mitteln des EU-Fonds Innere Sicherheit (ISF) geförderten Projekts "Spectre" geht es in der Antwort der Bundesregierung (19/19799) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/19238). Zielsetzung des ISF-Projekts war danach die Identifizierung und Zerschlagung von mindestens 50 "Organisierten Kriminellen Gruppen" und die Sicherstellung von Vermögenswerten in Höhe von mindestens zwei Millionen Euro.

"Diese Ziele wurden erreicht", heißt es in der Antwort weiter. Im Rahmen des Projekts "Spectre" seien durch die beteiligten Mitgliedsstaaten insgesamt 78 operative Maßnahmen unterstützt sowie bislang 50 mobile OK-Gruppen zerschlagen worden. Deutschland sei dabei an 14 Maßnahmen beteiligt gewesen, die zu 75 Festnahmen und zur Beschlagnahme von zirka 6,4 Millionen Euro geführt haben. Da einige der operativen Maßnahmen noch nicht abgeschlossen seien, "könnten sich noch Veränderungen - auch hinsichtlich der Zahl der Verdächtigen/Beschlagnahmesummen - ergeben".

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4. Transport von Nutztieren

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/FNO) Die Bundesregierung sieht keinen Grund ein Moratorium für Lebendtiertransporte in Drittländer zu initiieren, schreibt sie in der Antwort (19/19718) auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke (19/19301). Die Fragesteller sehen die Regelungen der Verordnung (EG) 1/2005 über den Schutz von Tieren beim Transport als derzeit nicht gesichert und haben sich nach einem Stopp der Lebendtiertransporte erkundigt. Die Bundesregierung verweist auf die Zuständigkeit der Länder, die die Vorgaben der Verordnung ausreichend überwachen, "zusätzliche Maßnahmen sind nicht erforderlich". Im Jahr 2018 wurden rund 42.000 Zuchtrinder in den Nahen Osten und Zentralasien exportiert, im letzten Jahr waren es nach vorläufigen Zahlen etwa 22.000 Rinder. Ob und aus welchen Gründen Veterinärbehörden Genehmigungen für Lebendtierexporte verweigert hätten, sei der Bundesregierung nicht bekannt. Das Bundesamt für Güterverkehr (BAG) kontrolliere nicht auf Grundlage des Tierschutzrechts, sodass lediglich Zufallsfunde übermittelt werden können. Die Zahl der Kontrollen ist von 972 (2011) auf 225 (2019) gesunken.

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5. Forstliche Versuchsflächen

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/FNO) Das Thünen-Institut (TI) für Forstgenetik betreut 340 aktive Versuchsflächen, die zusammen 321,5 ha umfassen. Etwa die Hälfte der Fläche werde für Herkunftsversuche genutzt, rund ein Viertel für Einzelbaum-Nachkommenschaftsprüfungen, schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/19705) auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (19/19296). Dabei arbeite das TI regelmäßig mit den forstlichen Versuchsanstalten der Länder zusammen. Neben gemeinsamen Programmen und Drittmittelprojekten beteiligt sich das TI an der Arbeitsgemeinschaft der Länderinstitutionen für Forstpflanzenzüchtung (ARGE). In der kommenden Bundeswaldinventur wird der Bund ebenfalls eng mit den Ländern zusammenarbeiten, um ein forstgenetisches Monitoring der Hauptbaumarten Fichte, Kiefer, Buche und Eiche durchzuführen. Die Länder unterhalten zudem Versuchsflächen mit Nebenbaumarten, etwa Esche, Robinie, Douglasie, Pappel.

Nach Angaben der Bundesregierung musste das Thünen-Insitut in den vergangen zehn Jahren etwa 15 ha Versuchsfläche aufgeben, weil durch zu hohe Pflanzenverlusten keine wissenschaftliche Auswertung mehr möglich war. Gründe für das Baumsterben seien vor allem Schäden durch Trockenheit, Borkenkäferbefall, Pilzbefall oder Sturmschäden. Allerdings führen auch Baumaßnahmen und Personalreduktion zu einem Rückgang der forstlichen Untersuchungsflächen. Bei der Neuanlage von Versuchsflächen gebe es zudem einen Engpass bei der "Verfügbarkeit von Waldflächen, die den Anforderungen des Versuchswesens genügen".

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6. Pflanzenschutzmitteldatenbank des BVL

Ernährung und Landwirtschaft/Antwort

Berlin: (hib/FNO) Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) stellt maschinenlesbare Pflanzenschutzzulassungsdaten generell kostenfrei zur Verfügung. Das schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (19/19679) auf eine Kleine Anfrage der FDP-Fraktion (19/19293). Die Fragesteller wollten wissen, warum die Zulassungsdaten in einer Internetdatenbank kostenlos abgerufen werden können, die direkte Ausgabe als Datenbankformat allerdings ein kostenpflichtiges Abonnement benötigt. Nach Angaben der Bundesregierung beinhalten beide Bereitstellungsformen dieselben maschinenlesbaren Daten (u.a. Anwendungsgebiete, Zulassungsende, Anwendungsbestimmungen, Wirkstoffgehalte). Über das Fachinformationssystem für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (FIS-VL) können angeschlossene Behörden kostenfrei direkt auf die Datenbank zugreifen. An Verbesserungen der Ausgabeform werde im Rahmen der Initiative Tech4Germany gearbeitet. Die optimierte Pflanzenschutzmitteldatenbank soll besonders den landwirtschaftlichen Unternehmen nutzen.

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Quelle:
Heute im Bundestag Nr. 609 - 15. Juni 2020 - 14.34 Uhr
Herausgeber: Deutscher Bundestag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 16. Juni 2020

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