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SCHLESWIG-HOLSTEIN/2228: Petitionsausschuss - Sprechstunde hinter Gittern (Der Landtag)


Der Landtag - Nr. 03 / September 2018
Die Parlamentszeitschrift für Schleswig-Holstein

Sprechstunde hinter Gittern
Petitionsausschuss besucht JVA Lübeck


Durchgelegene Matratzen, teure Telefongebühren oder ein mangelhaftes Sportangebot - diese und weitere Probleme beschäftigen die Häftlinge in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lübeck. Das erfuhren Mitglieder des Petitionsausschusses Ende August bei einer Sprechstunde vor Ort. JVA-Mitarbeiter hingegen beschwerten sich über Personalmangel und eine in ihren Augen schlechte Bezahlung. Acht Insassen und vier Bedienstete nutzten das Gesprächsangebot, ließen sich beraten oder kamen mit bereits fertig ausgearbeiteten Petitionen in die Sprechstunde.


Ein Häftling klagte etwa über zu hohe Kosten für Telefonate "nach draußen". "Das ist Abzocke. Selbst wenn nur die Mailbox rangeht, zahle ich 30 Cent", berichtete er. Für Gefangene, die im Monat etwa 100 Euro Taschengeld zur Verfügung hätten, sei das eine Menge Geld.

Das Hauptthema der Mitarbeiter: die hohe Arbeitsbelastung. Freiwerdende Stellen könnten oft nicht umgehend nachbesetzt werden. Die Arbeit in Schleswig-Holsteins zweitgrößter Haftanstalt, in der rund 230 Vollzugsbedienstete für knapp 500 Häftlinge zuständig sind, schrecke offenbar viele potentielle Bewerber ab. Hinzu komme die nach Auffassung vieler Bediensteter zu geringe Bezahlung. Ein weiteres Problem: Die Zahl der Inhaftierten mit psychischen Erkrankungen habe zuletzt stark zugenommen. "Für diese Menschen ist das Gefängnis nicht der richtige Ort", mahnte Personalrats mitglied Thomas Volkmann - auch deshalb, weil JVA-Mitarbeiter in diesem Bereich nicht ausgebildet seien.

Neben der Sprechstunde standen Gespräche mit dem Personalrat, der Interessenvertretung der Gefangenen sowie der Anstaltsleitung auf dem Programm. Hinzu kam ein Rundgang durch den geschlossenen Männervollzug. Anstaltsleiterin Silke Nagel stellte ein neues Organisationskonzept vor, mit dem es gelungen sei, die Unterbringung der Gefangenen nach Tätergruppen neu zu strukturieren und dadurch Arbeitsabläufe zu vereinfachen. Die Vorsitzende des Petitionsausschusses, Doris von Sayn-Wittgenstein (AfD), bedankte sich für den Einblick in die tägliche Arbeit. Angesichts der "schwierigen personellen Situation, die immer wieder angesprochen wurde", sei das Engagement der Mitarbeiter beeindruckend, so die Ausschussvorsitzende.


Sowohl Gefangene als auch Mitarbeiter wenden sich an den Ausschuss

Den Petitionsausschuss erreichen regelmäßig Eingaben von Insassen wie auch von Mitarbeitern der Justizvollzugsanstalten. Alle Anliegen werden vertraulich behandelt. Angesichts der zahlreichen Petitionen aus diesem Bereich hatte der Ausschuss im April beschlossen, sich mit der Lebenssituation der Gefangenen und dem Arbeitsalltag der JVA-Mitarbeiter näher zu beschäftigen. Die Abgeordneten wollen in der laufenden Legislaturperiode alle fünf Justizvollzugsanstalten im Lande besuchen, um sich vor Ort ein Bild zu machen. Insbesondere geht es darum, wie das Landesstrafvollzugsgesetz umgesetzt wird und wie es um die personelle und bauliche Ausstattung bestellt ist. Außerdem nimmt der Petitionsausschuss die Resozialisierung und die Arbeit der Insassenvertretungen in den Blick. In der aktuellen Wahlperiode sind bereits rund 25 Petitionen von Häftlingen aus den Gefängnissen im Lande beim Ausschuss eingegangen.

Die JVA Lübeck verfügt über 399 Haftplätze für Männer sowie weitere 39 in der Sozial therapie. Sie ist auch zuständig für den Vollzug der Untersuchungshaft aus dem Landgerichtsbezirk Lübeck. Der JVA angeschlossen ist der Frauenvollzug für ganz Schleswig-Holstein mit 69 Haftplätzen.

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Quelle:
Der Landtag, Nr. 03 / September 2018, S. 25
Mit freundlicher Genehmigung des Herausgebers:
Der Präsident des Schleswig-Holsteinischen Landtages
Schleswig-Holsteinischer Landtag
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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Dezember 2018

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