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SOZIALES/2026: August-Bebel-Preis 2013 für Günter Wallraff


SPD-Pressemitteilung 074/13 vom 21. Februar 2013

Günter Wallraff: Das Allermindeste sind Mindestlöhne



Der Journalist und Autor Günter Wallraff erhält am morgigen Freitag den August-Bebel-Preis 2013 im Berliner Willy-Brandt-Haus. Im Interview mit dem Online-Portal spd.de spricht er über sein journalistisches Schaffen, die Bedeutung von Auszeichnungen und den Fall Amazon:

SPD.de: Die August-Bebel-Stiftung zeichnet Sie am Freitag für Ihr Lebenswerk aus. Was sehen Sie als Ihr Lebenswerk?

Günter Wallraff: Da mein Lebenswerk noch im vollen Gange ist, ist noch nichts vollendet - im Gegenteil: Ich habe noch etliches vor und bin auch gerade in den Vorbereitungen, um undercover wieder dabei zu sein. Als ich mit dem Preis konfrontiert wurde, habe ich mich erstmal schwer getan. Ich habe die Jury gefragt: "Habt ihr keinen Anderen?"

August Bebel ist ja eine große Verpflichtung. Was für ein Gigant, der die ganze Arbeiterbewegung angestoßen hat. Das ist für mich auch ein Grund, mich in die Schriften August Bebels noch einmal zu vertiefen. Sie sind heute noch sehr lesbar und hochaktuell, als ob Bebel zu unserer heutigen Situation geschrieben hätte. Leider sind ja viele Menschen in frühkapitalistische Strukturen zurückgedrängt worden. Oder es wird zumindest versucht, den Arbeitsmarkt dahin zurück zu entwickeln.

Wie gesagt, ich tue mich schwer damit den Preis anzunehmen. Deshalb hatte ich der Jury vorgeschlagen, einen oder eine junge Kollegin zu nominieren, die in meiner Tradition arbeiten. Hier könnte man unter anderem Florence Aubenas aus Frankreich oder den Journalisten Fabrizio Gatti nennen. Auf ihn hätte ich dann die Laudatio gehalten. Aber es ist die größte Genugtuung, wenn jüngere Kollegen, die sich auf einen berufen, irgendwann selber zu Vorbildern werden. Etwas Besseres kann einem gar nicht passieren. ...

SPD.de: Sie recherchieren schon seit Längerem in der Paket- und Zustellerbranche. Wie bewerten Sie die Situation bei Amazon? Günter Wallraff: Wenn die Bundesregierung jetzt so tut, als wenn mit dem Ausschalten einer der Leiharbeiterfirmen das Problem behoben wäre, ist dem leider nicht so. Amazon ist überall! 90 Prozent der Beschäftigten in der Fleischverarbeitungsindustrie sind über Werkverträge in Scheinselbstständigkeit in den Betrieben ganz offiziell untergebracht. Sie kommen aus Rumänien oder anderen osteuropäischen Ländern und müssen für drei Euro die Stunde dort schuften. Das Schlimme daran ist: Das ist gesetzlich alles erlaubt - es ist alles völlig legal. Und da muss etwas passieren!!

Das Allermindeste sind Mindestlöhne. Außerdem sollten diese Branchen durch den Gesetzgeber wesentlich stärker kontrolliert werden, sonst werden demnächst alle durch die Arbeiterbewegung, Bebel, Gewerkschaften und Co. erkämpften Rechte, durchlöchert.

Betriebsräte sind längst keine Selbstverständlichkeit mehr. Im Osten tritt dieses Phänomen verstärkt auf, nimmt aber auch in ganz Deutschland zu. Da sehe ich meine eigentliche Arbeit. Mit den "Industriereportagen" oder Büchern wie "Ganz unten" habe ich die stärkste Wirkung erzielt. Bei Thyssen habe ich es damals geschafft, dass sich die Bedingungen für die Kollegen verbessert haben und dass sich der Betriebsrat heute noch auf mein Buch beruft und dem Unwesen der Leiharbeit Einhalt gebietet.

Menschen zu ihrem Recht zu verhelfen, sie zum Reden und zum Handeln zu bewegen und Zivilcourage zeigen - das ist mir wichtig.

Das vollständige Interview finden Sie unter www.spd.de.

Als Direktlink: http://spd-link.de/shsE.

Informationen zur Preisverleihung am Freitag, dem 22. Februar, finden Sie unter: http://spd-link.de/swZ2.

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Quelle:
SPD-Pressemitteilung 074/13 vom 21. Februar 2013
Herausgeber: SPD Parteivorstand, Pressestelle
Bürgerbüro, Willy-Brandt-Haus
Wilhelmstraße 141, 10963 Berlin
Tel.: 030/25 991-300, Fax: 030/25 991-507
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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. Februar 2013