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AFRIKA/1036: Malawi - Alleinherrscher Mutharika, Neubesetzung des Kabinetts lässt auf sich warten (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 6. September 2011

Malawi: Alleinherrscher Mutharika - Neubesetzung des entlassenen Kabinetts lässt auf sich warten

Von Claire Ngozo


Lilongwe, 6. September (IPS) - Das von wirtschaftlichen und sozialen Krisen gebeutelte Malawi wird derzeit allein von Bingu wa Mutharika regiert. Der Präsident der südostafrikanischen Republik hatte im letzten Monat sein gesamtes Kabinett gefeuert.

Es sei allein Sache des Staatschefs, Minister zu entlassen und die politischen Vakanzen neu zu besetzen, ließ der Sprecher der regierenden Demokratischen Volkspartei (DPP), Hetherwick Ntaba, wissen. Vorläufig habe Mutharika selbst die Leitung aller Ministerien übernommen.

Viel Zeit bleibt ihm nach Ansicht des politischen Analysten Mustafa Hussein von der Universität von Malawi nicht. "Ohne neue Minister verharrt das Land im Stillstand", warnte er. "Die gesamte Politik liegt in der Hand eines Mannes, der keinerlei Beratung zugänglich ist und dadurch die wirtschaftliche Entwicklung des Landes in Gefahr bringt", betonte Hussein.

Mit seiner Stellvertreterin Joyce Banda, einem politischen Schwergewicht der DPP, hatte sich Mutharika schon im vergangenen Jahr angelegt. Er entfernte die in ihr Amt gewählte Vizestaatspräsidentin wegen angeblicher Unbotmäßigkeit aus der Regierungspartei und stellte sie somit politisch kalt. Banda hatte sich geweigert, die Kandidatur von Mutharikas Bruder Peter zu unterstützen, wenn sich dieser 2014 für die DPP um die Staatspräsidentschaft bewirbt.


Politische Krise kommt zu schlechtem Zeitpunkt

Der Zeitpunkt für den politischen Kraftakt des malawischen Staatspräsidenten ist denkbar schlecht. Mitten im wirtschaftlichen Niedergang ist die landesweite Versorgung mit Trinkwasser, Treibstoff und Energie unzureichend. Auch ausländische Devisen werden knapp, denn wichtige Geber wie Deutschland halten zugesagte Entwicklungshilfe und Kredite von vielen Millionen US-Dollar vorläufig zurück.

Bei Massenprotesten gegen Mutharika im Juli kamen bei Polizeieinsätzen 20 Demonstranten ums Leben. Die Demonstranten hatten unter anderem eine Reduzierung der seit Mutharikas Amtsantritt (2004) von 29 auf 42 angewachsenen Kabinettsposten gefordert. Deren Monatsgehälter belaufen sich zusammen auf 100.000 Dollar, eine Summe, mit der 428 Krankenschwestern oder 1.000 Lehrer einen Monat lang bezahlt werden könnten. 60 Prozent der 13,1 Millionen Malawier lebt unterhalb der Armutsgrenze.

"Auch wenn Mutharika offenbar große Schwierigkeiten hat, das Land zu regieren und sich in der eigenen Partei durchzusetzen, sollte er mit seinem Zögern nicht das ganze Land in Geiselhaft nehmen und jeden Fortschritt bremsen", kritisierte der politische Analyst Noel Mbowela von der Universität von Mzuzu in Zentralmalawi den Staatspräsidenten. "Er weiß, dass er die politische Kontrolle verloren hat und kämpft um die Wiedergewinnung von Macht und Vertrauen", stellte er fest.

In den ersten Jahren seiner Amtsführung hatten die Malawier Mutharika gelobt, weil er durch seine vorrangige Unterstützung der Kleinbauern ihr Land zu Afrikas Brotkorb gemacht hatte. Noch im Juni hatte der Staatspräsident über den Staatsrundfunk an die Bevölkerung appelliert, seiner Politik weiterhin Vertrauen zu schenken.


Finanzstarke Geber halten Entwicklungshilfe zurück

Der Wirtschaftsanalyst Dalitso Kubalasa, Vorstand des 'Malawi Economic Justice Network', dessen mehr als 100 zivile Organisationen sich für eine gerechte Wirtschaftspolitik einsetzen, forderte wie der Experte Hussein ein schlankeres Kabinett. 15 Minister reichten aus, um die anstehende Arbeit zu bewältigen, betonte er.

"Bleibt zu hoffen, dass sich Mutharika bei der Auswahl der künftigen Minister beraten lässt", sagte Kubalasa. "Der Staatspräsident braucht Hilfe, um die akuten sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen."

Darum ist es derzeit schlecht bestellt, denn die traditionellen Geber werfen Malawi eine schlechte Regierungsführung und Menschenrechtsverletzungen vor. Bis zu 40 Prozent des malawischen Staatshaushalts hängen am Tropf der Geber, und 80 Prozent seines Entwicklungsetats werden vom 'Common Approach to Budget Support' (CABS) finanziert, das in Partnerländern Entwicklungshilfe leistet.

Einflussreiche Mitglieder des internationalen Gremiums, dem Großbritannien, Deutschland, Norwegen, die Europäische Union, die Afrikanische Entwicklungsbank und die Weltbank angehören, hatten im März angekündigt, zugesagte Zahlungen von 400 Millionen Dollar vorläufig einzufrieren. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. September 2011