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AFRIKA/1235: Kamerun - Illegale Geschäfte mit Wahlberechtigungskarten der Baka-Pygmäen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 27. September 2013

Kamerun: Illegale Geschäfte mit Wahlberechtigungskarten der Baka-Pygmäen

von Ngala Killian Chimtom


Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

Baka-Frau mit Kind
Bild: © Ngala Killian Chimtom/IPS

Jaunde, 27. September (IPS) - Daniel Mgwape, ein indigener Baka, wollte in Mindourou in der kamerunischen Ostregion einem 'Kitoko' trinken. Er legte dem Barkeeper seinen biometrischen Wahlberechtigungsausweis hin, für den er zwei Schnäpse im Wert von knapp einem halben US-Dollar in Empfang nahm.

Die Baka, auch als Pygmäen bekannt, leben vor allem vom Tauschgeschäft. "Was für einen Wert hat schon ein solches Papier, wenn ich ein Getränk dafür haben kann, das mich gut drauf bringt", meint Mgwape und fügt hinzu: "Meine Leute haben ihre eigenen sozialen und politischen Organisationsformen. Die sogenannten modernen Wahlen sind nur ein weiterer Versuch der Bantu, uns auszubeuten." Mit Bantu meint er die Mitglieder der 300 bis 600 bantusprachigen ethnischen Gruppen in Afrika, die von Kamerun über Zentral- und Ostafrika bis im Südlichen Afrika anzutreffen sind.

Etwas mehr als fünf Millionen Wähler der 22 Millionen Kameruner dürfen am 30. September an den Parlaments- und Gemeindewahlen teilnehmen. Offenbar sind die Baka nicht Teil des Prozesses. "Wahlen haben uns noch nie irgendetwas gebracht - weder ein Krankenhaus noch Nahrungsmittel", meint Mgwape. "Wir müssen zum Fischen oder zum Sammeln von Früchten, Honig und Wurzeln noch immer sehr weite Wege zurücklegen", fügt er hinzu, stürzt seinen zweiten Schnaps herunter und verschwindet, mit dem Speer in der Hand, im Wald.


Wahlkommission besorgt

Dass die Baka ihre Wahlberechtigungskarten tauschen, ist ein Trend, den die Wahlkommission ELECAM mit wachsender Sorge zur Kenntnis nimmt. Bei einem kürzlichen Besuch der Region versuchte der ELECAM-Vorstandsvorsitzende Reverend Dieudonné Massic Gams den Baka den Tausch von Stimmrechtskarten auszureden.

Die Baka in Kamerun leben vom Jagen und Sammeln. Die insgesamt 45.000 Angehörigen sind in den tropischen Regenwäldern im Südosten des westafrikanischen Landes anzutreffen und ernähren sich von Wild, Beeren und Wurzelgewächsen. Ihr Zugang zu Gesundheitsdiensten, Bildung und Trinkwasser ist begrenzt, was sie zu einer Existenz am Rande der Gesellschaft verurteilt.

Wie der Barkeeper James Chika berichtet, werden die Wahlberechtigungskarten der Baka häufig von Politikern aufgekauft, die sie wiederum an ihre Anhänger weitergeben, die dann versuchen, gleich zwei Mal ihre Stimme abzugeben. Die größte Oppositionspartei des Landes, die Sozialdemokratische Front, hat ELECAM aufgefordert, gegen den Wahlbetrug vorzugehen. In der Stadt Kuma in der kamerunischen Südwestregion wurden 1.000 solcher Wahlberechtigungskarten konfisziert.

"Selbst Minister aus Jaunde kommen hierher, um den Menschen die Scheine abzukaufen", berichtet John Fru Ndi, der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Front. "Wir verlangen Fairness vor, während und nach den Wahlen. Nur Gerechtigkeit wird uns den Frieden bringen."


Regierungspartei siegesgewiss

Doch Professor Elvis Ngolle Ngolle, ein Mitglied des Zentralkomitees der seit 1985 amtierenden CPDM weist die Vorwürfe gegen seine Partei zurück. Betrügereien habe man nicht nötig, um die Wahlen zu gewinnen. Unter der Leitung des klugen und patenten Staatspräsidenten habe sich Kamerun zu einem Land entwickelt, dass den Neid der Nachbarländer hervorrufe und für Investoren ein sicherer Hafen sei.

Doch beide Politiker beklagen, dass die Baka offensichtlich keinen Sinn darin sehen, zu den Wahlurnen zu schreiten. "Es ist eine Schande, dass die CPDM die Baka so schändlich ausnutzt, anstatt ihnen den Wert ihrer Stimme zu erklären", meint Fru Ndi.

Thaddeus Menang von der ELECAM bestätigte die Versuche von Parteianhängern, sich mehrere Stimmen zu verschaffen. Allerdings habe man das Betrugspotenzial durch die Einführung biometrischer Papiere erheblich einschränken können, meint er. Sowohl auf die Wahlberechtigungsscheine als auch auf die Wählerlisten seien die Konterfeis der Wahlberechtigten gedruckt, betont er. Außerdem seien die Wähler hinreichend informiert worden, dass jeder Wahlbetrug gerichtlich geahndet werde.

Der politische Analyst Professor Assonganyi geht davon aus, dass die Regierungspartei bei den Wahlen am 30. September einen Erdrutschsieg für sich verbuchen wird. Er schätzt, dass sie mindestens 150 der 180 Parlamentssitze und 250 der 360 Räte besetzen wird. (Ende/IPS/kb/2013)


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http://www.ipsnews.net/2013/09/baka-pygmies-drink-up-their-voting-rights/

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IPS-Tagesdienst vom 27. September 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 28. September 2013