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AFRIKA/833: Tauziehen mit EU um Handelsabkommen - Malawische Regierung fordert mehr Vorteile (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 30. Juli 2010

Malawi: Tauziehen mit EU um Handelsabkommen - Regierung fordert mehr Vorteile

Von Claire Ngozo


Blantyre, Malawi, 30. Juli (IPS) - Malawi weigert sich weiterhin, das von der Europäischen Union seit sieben Jahren angestrebte ökonomische Partnerschaftsabkommen (EPA) zu unterzeichnen. Daran konnte auch der kürzliche Besuch einer ranghohen Delegation aus Brüssel nichts ändern. Die Regierung des südostafrikanischen Landes pocht auf bessere Konditionen.

Nach dem Treffen mit der EU-Delegation, die vom Leiter der Direktion 'Entwicklung und Partnerschaftsabkommen', Peter Thompson, und dem EU-Botschafter in Malawi, Alexander Baum, angeführt wurde, sagte Handelsministerin Eunice Kazembe, man könne noch nicht klar die Vorteile eines solchen Abkommens erkennen.

Ihr Land wäre gegenwärtig benachteiligt, wenn es nach EPA-Richtlinien mit Europa Handel treiben würde, sagte die Ministerin. Malawi habe keinen eigenen Meerzugang und leide unter extremer Unterentwicklung. Es habe eine schlechte Infrastruktur und eine geringe Pro-Kopf-Produktivität. Außerdem verfüge das Land weder über eine ausreichende Technologie noch über verlässliche Versorgungsbetriebe.

"Dies muss erst geregelt werden, bevor wir uns der vollen Liberalisierung stellen", sagte die Ministerin am Rande der Gespräche. Auch das Erziehungs- und Gesundheitswesen, sowie das Straßennetz müssten erst ausgebaut werden. Verstärkte Investitionen in Forschung und Entwicklung seien ebenfalls Vorbedingung für eine EPA-Unterzeichnung.


Frustrierte Europäer

Die EU-Delegation verließ Malawi unzufrieden. In einer Erklärung Thompsons nach den Gesprächen heißt es: "Sieben Jahre nach ihrem Beginn kommen die EPA-Verhandlungen nicht in der ganzen AKP-Region (Afrika, Pazifik- und Karibikraum) wie gewünscht voran. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen zu entscheiden, ob es einen klaren gemeinsamen Weg nach vorn gibt und wenn ja, in welchem Zeitrahmen. Ich hoffe, Malawi wird bei dieser Entscheidung auf regionaler und nationaler Ebene eine aktive Rolle spielen."

An dem Treffen nahmen neben Regierungsmitgliedern auch Wirtschaftsvertreter und verschiedene Nichtregierungsorganisationen teil. Andrew Kumbatira, der Direktor des 'Malawi Economic Justice Network' (MEJN), das sich für die wirtschaftlichen Belange breiter Gesellschaftsschichten einsetzt, warnte davor, dass die EPA-Übergangsregelungen Malawis Richtlinien-Autonomie einschränken und die wirtschaftliche Entwicklung des Landes gefährden würden.

Das Abkommen würde Malawis Rolle als Exporteur billiger landwirtschaftlicher Güter festschreiben und der Regierung die Möglichkeit nehmen, mit Einfuhrzöllen die Lebensmittelversorgung sicherzustellen und einen eigenen produzierenden Wirtschaftssektor zu fördern, erklärte Kumbatira.

"EPA würde wahrscheinlich deutlich negative Auswirkungen auf den Handel Malawis mit anderen Staaten in der Region haben und die Integration der Region behindern", vermutete der MEJN-Direktor. "Außerdem würde das EPA den Ausfall von Zolleinnahmen bedeuten und große Anpassungskosten nach sich ziehen." Seine Organisation fordert, die Verhandlungen noch einmal komplett neu zu beginnen.


Noch einmal von vorn

2002 sei man in die Gespräche mit der EU in der Hoffnung gegangen, gerechtere Bedingungen als unter dem bis dahin gültigen Lomé-Abkommen auszuhandeln, meinte Kumbatira. "Das Interims-EPA hat jedoch Bestimmungen, die schlechter sind." Eine Verbesserung sei angesichts des Verlaufs der bisherigen Gespräche nicht möglich.

Botschafter Baum unterstrich hingegen in einer eigenen Erklärung die Position der EU, man werde die Verhandlungen mit verstärktem politischem Dialog und mit Hilfe des Europäischen Entwicklungsfonds weiter vorantreiben. Die EU arbeite gemeinsam mit der malawischen Regierung an der Erreichung ihrer Ziele im Bereich der Wirtschaftsentwicklung. Somit sei klar, "dass alle mit dem EPA verbundenen Zolleinnahmeverluste nur von sehr geringem Umfang sein werden und wir Malawi dabei helfen werden, sie abzufedern"

Ob die Regierung Malawis sich davon überzeugen lässt, bleibt abzuwarten. Im vergangenen Jahr hatte Präsident Bingu wa Mutharika deutlich gemacht, er werde keine Vereinbarung mit der EU unterschreiben, bevor nicht alle Punkte geklärt seien. (Ende/IPS/sv/2010)


Links:
http://www.delbrb.ec.europa.eu/en/irtr/euacp_overview.htm
http://www.mejn.mw/
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews= 52306

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 30. Juli 2010
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veröffentlicht im Schattenblick zum 3. August 2010