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ASIEN/725: Malediven - "Sanfter Übergang" nach Ausstieg aus Riege der ärmsten Länder gefordert (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. März 2011

Malediven:
"Sanfter Übergang" nach Ausstieg aus Riege der ärmsten Länder gefordert

Von Thalif Deen


New York, 18. März (IPS) - Im Januar sind die Malediven aus der Gruppe der ärmsten Länder (LDC) ausgeschert. Was als sozioökonomischer Meilenstein gewürdigt wurde, könnte sich für den südasiatischen Inselstaat als Sprung ins kalte Wasser erweisen.

"Das Ausscheren aus den LDCs hat einen Preis", meinte der ständige Vertreter der Vereinten Nationen, Abdul Ghafoor Mohamed, auf einem Briefing in der zweiten Märzwoche bei den Vereinten Nationen in New York. So fallen viele Privilegien weg, die das von Arbeitslosigkeit und Schulden geplagte Land gut gebrachen könnte.

Nach Angaben des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) hat sich der Anteil der öffentlichen Schulden am Bruttoinlandsprodukt zwischen 2004 und 2010 von 55 Prozent auf 97 Prozent erhöht. Hinzu kommt, dass das Land über wenig Kapital für Programme verfügt, die die Arbeitsmarktlage entspannen und mehr Entwicklung möglich mache.

"Der Aufstieg kommt zu einer denkbar kritischen Zeit", betonte Mohamed im IPS-Gespräch. Die Inseln hätten sich noch nicht von den Folgen des verheerenden Tsunamis im Dezember 2004 erholt, der 60 Prozent aller Wirtschaftsaktivitäten zum Erliegen brachte. Die Haupteinnahmequellen der Malediven sind Fischerei und Tourismus.

Der LDC-Status hat gewisse Vorteile. So könnten die ärmsten Länder von Handelsvorteilen und dem Recht Gebrauch machen, ihre Erzeugnisse weitgehend zollfrei in die Industriestaaten auszuführen. Auch haben sie Anspruch auf einen höheren Teil öffentlicher Entwicklungshilfe (ODA).

Nach UN-Angaben werden LDCs, was Marktzugang, die Bestimmungen der Welthandelsorganisation (WTO), technische Zusammenarbeit und die finanziellen Zuschüsse für ihre Teilnahme an UN-Konferenzen und Treffen des UN-Sicherheitsrats angeht, begünstigt.


Fortschritte an der NGO-Front

Auf dem Briefing erläuterte Abdul Ghafoor Mohamed den Delegierten die Gründe, die für den Abschied seines Landes aus dem Club der Ärmsten. So ist es dem Inselstaat mit erhöhten Investitionen in den Gesundheits- und Bildungsbereich und internationaler Hilfe gelungen, fünf der acht Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) zu erreichen.

Ein abrupter Wegfall der LDC-Sonderkonditionen könne die Umsetzung der letzten MDGs bis 2015 verhindern, warnte der Botschafter. Denn wer die Fortschritte genauer betrachte, werde erkennen, dass sie sich vor allem auf die Hauptstadtregion konzentrierten. Auf den entfernten Atollen seien mehr als 14 Prozent der Menschen unterernährt.

Der Diplomat plädierte in diesem Sinne eine Politik des "sanften Übergangs". Darüber hinaus forderte er umfangreiche finanzielle Hilfe im Kampf gegen den Klimawandel ein. Der durch die Erderwärmung verursachte Anstieg der Meere könnte dem Land in den kommenden Jahrzehnten den Untergang bringen.


Zahl der LDCs soll schrumpfen

Als die UN-Vollversammlung 1971 beschloss, die Kategorie der LDCs einzuführen, gehörten 25 Länder zu den ärmsten Staaten. Inzwischen sind es 48, in denen insgesamt 800 Millionen Menschen leben. 33 LDCs befinden sich in Afrika, 14 in Asien und eines in der Karibik. Botswana vollzog 1994 als erstes den Aufstieg in die Gruppe der Staaten mittleren Einkommens, gefolgt von den Kapverden und den Malediven.

Die Malediven sollten ursprünglich 2007 den Kreis der ärmsten Länder verlassen. Doch der verheerende Tsunami im Dezember 2004 veranlasste die UN-Vollversammlung, die Hochstufung um drei Jahre zu verschieben. Erwartet wird, dass Samoa als nächstes die LDC-Riege verlassen wird.

Die Entscheidung über die LDC-Mitgliedschaft obliegt dem UN-Komitee für Entwicklungspolitik (CDP). Sie muss von der UN-Vollversammlung bestätigt werden. Im Rahmen eines Aktionsplans, der auf der Vierten LDC-Konferenz der Vereinten Nationen im März in Istanbul beschlossen wird, soll die Zahl der LDCs auf 24 Länder halbiert werden. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2011