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ASIEN/830: Pakistan - Ehrlichkeit als Wahlkampfthema (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 12. März 2013

Pakistan:
Ehrlichkeit als Wahlkampfthema - Ex-Kricketstar sagt Korruption den Kampf an

von Ashfaq Yusufzai


Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Demonstration in Peshawar gegen Korruption
Bild: © Ashfaq Yusufzai/IPS

Peshawar, 12. März (IPS) - In Pakistan ist Ehrlichkeit zu einem wichtigen Wahlkampfthema geworden. An der Spitze der neuen Bewegung stehen prominente Persönlichkeiten, die sich in der Bevölkerung zunehmend Gehör verschaffen.

Einer von ihnen ist der zum Politiker mutierte frühere Kricket-Spieler Imran Khan, der lange Zeit in Großbritannien lebte. Mit seiner Partei 'Pakistan Tehreek Insaf' stößt er auf breite Resonanz.

Aber auch Muhammad Tahir ul-Qadri von der unabhängigen Organisation 'Tehrik-i-Minhajul Quran' (TMQ) wirbt für Ehrlichkeit in der Politik. Er wandte sich am 23. Dezember in Lahore an eine große Menschenmenge und stellte eine Reformagenda vor. Mitte Januar organisierte er einen 'langen Marsch' und eine Sitzblockade in Islamabad, die große Aufmerksamkeit auf sich zog.

In dem undurchsichtigen politischen Ambiente Pakistans haben seine Aktivitäten das Land wach gerüttelt. Analysten zufolge profitiert davon vor allem die Partei von Imran Khan, die ein hohes Maß an Glaubwürdigkeit genießt. Denn sie hat viele Fragen aufgebracht, die Qadri nun noch stärker ins öffentliche Bewusstsein gerückt hat.


Reformen und Anti-Korruptionsmaßnahmen gefordert

"Qadri strebt Reformen an, kämpft gegen die Korruption und für ein neues Steuersystem", berichtet der Chef der nationalistischen Partei 'Pakhtunkhwa Milli Awami', Said Alam Mahsud. "Seine Forderungen finden sich im Programm von Imran Khan wieder, der sich seit 17 Jahren für ähnliche Ziele einsetzt."

Wie Mahsud erläutert, besitzt Qadri die kanadische Staatsbürgerschaft und kann deshalb nicht an den Wahlen teilnehmen. Für Imran Khan könnten sich Qadris Bemühungen bei dem für dieses Jahr geplanten Urnengang auszahlen. Qadri hat Khan dazu ermuntert, sich seinem Protest anzuschließen und warb auf seinen eigenen Veranstaltungen für Khan als ehrlichen Politiker. Khan wiederum unterstützt Qadris Zielsetzungen, schloss sich seinen Protesten aber nicht an.

Laut Sarwar Khan von der Abdul-Wali-Khan-Universität in Mardan in der nördlichen Provinz Khyber Pakhtunkhwa kommt der Vorstoß von Quadri in einer Zeit, in der das Land unter einer sich ständig verschlimmernden Korruption leidet. Die schwache Regierung brauche einen Anstoß, meint er. "Der TMQ-Chef hat einen Sturm im Wasserglas verursacht", sagte er. "Die Menschen haben genug von den korrupten Behörden. Viele stehen hinter der Agenda, die Imran Khan in die Politik eingeführt hat."

Auch der Ökonom Umar Farooq von der Universität in Peshawar ist überzeugt, dass die Menschen von Politikern die Nase voll haben, die nicht nur korrupt sind, sondern auch ihre Steuern nicht zahlen. "70 Prozent aller Parlamentarier führen keine Steuern ab", prangert er unter Berufung auf einen Bericht des Finanzamts an.

Täglich werden umgerechnet 70 Millionen US-Dollar veruntreut. Politiker hätten das Land ausgeplündert und das Geld ins Ausland geschafft, so der Leiter der nationalen Anti-Korruptionsbehörde, Fasih Bukhari.

"Ich glaube, dass bei den nächsten Wahlen vor allem das Korruptionsproblem im Vordergrund steht", meint der ehemalige Direktor der Industrie- und Handelskammer von Khyber Pakhtunkhwa, Sawar Khan. Korruption mache der nationalen Wirtschaft schwer zu schaffen. Pakistan leihe sich von der Weltbank und dem Internationalen Währungsfonds viel Geld zu hohen Zinssätzen, die in Form von Preissteigerungen auf die Bevölkerung abgewälzt würden.

Khan weist ferner darauf hin, dass sich die Erdölpreise seit dem Antritt der Regierung der Volkspartei 2008 auf etwa einen Dollar pro Liter verdoppelt haben. Dazu hätten Korruption und Schmiergelder beigetragen. Die Lebenshaltungskosten seien stark gestiegen.


Bevölkerung will Politiker mit weißer Weste

Für den ehemaligen Finanzminister Muhammad Zubair steht fest: Die Grundfesten der pakistanischen Wirtschaft sind dermaßen erschüttert, dass die Menschen nur noch Politikern mit weißer Weste zutrauen, die Regierungsgeschäfte zu führen und die Schulden abzutragen, die unter anderem die staatliche Wasserbehörde, die Luftfahrtgesellschaft PIA, die Eisenbahn und die Stahlindustrie angehäuft haben.

Der frühere Vorsitzende der Erdöl- und Erdgasregulierungsbehörde, Tauqeer Sadiq, hat sich Anfang des Jahres nach Dubai abgesetzt, nachdem die Anti-Korruptionsbehörde auf Defizite von 850 Millionen Dollar gestoßen war. (Ende/IPS/ck/2012)


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http://www.nab.gov.pk/
http://www.ipsnews.net/2013/03/honesty-to-contest-pakistan-elections/

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IPS-Tagesdienst vom 12. März 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 13. März 2013