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ITALIEN/016: Ergebnisse der Kommunalwahlen beunruhigen politisches Establishment (Gerhard Feldbauer)


Sieg von Mitte Links bei Kommunalwahlen in Italien ist klares Votum gegen Monti-Regierung

Ergebnisse beunruhigen politisches Establishment

von Gerhard Feldbauer, 8. Mai 2012



Bei den Bürgermeisterwahlen am Sonntag/Montag (5./6. Mai) in Italien haben die Parteien des Centro Sinistra (Linke Mitte) einen klaren Sieg errungen. Bei einer Wahlbeteiligung von 66,9 Prozent (letzte Wahl 73,9) belegten ihre Kandidaten in der Mehrheit der 942 Städte und Gemeinden die ersten Plätze. In fünf der acht Großstädte, darunter in Palermo, Genua und Parma, erreichten ihre Bewerber zwischen 64,3 und 39,2 Prozent. Der langjährige Bürgermeister von Palermo (1985-2000), der bekannte Anti-Mafia-Kämpfer Leoluca Orlando erzielte 47,5 Prozent. Den deutschen Piraten ähnlich erreichten mehrere Kandidaten der Protestpartei "Fünf Sterne" des Satirikers und Bloggers Beppe Grillo bis zu 20 Prozent und kommen am 20./21. Mai ins Ballotagio (Stichwahl), der sich stellen kann, wer nicht über 50 Prozent plus einer Stimme erreichte. Doch wie in Deutschland die Wähler der Piratenpartei merken auch die der "Fünf Sterne" nicht, dass die exotische Partei den Linken Stimmen entzieht und so den Rechten nützt.


Ein "Tsunami für die Rechte".

Die Volksfreiheitspartei (PdL) des Mediendiktators Berlusconi und die rassistische Lega Nord, deren Chef Umberto Bossi im April wegen schwerer Korruptionsvorwürfe in Millionenhöhe zurücktreten musste, erlitten eine verheerende Niederlage. Ihre Kandidaten erreichten in vielen Gemeinden kaum zehn Prozent. DP-Vorsitzender Luigi Bersani sprach von einem "Tsunami für die Rechte". Die Reaktion an der Mailänder Börse bestand im Absinken der Aktienkurse um zwei Punkte.

Im Mitte Links-Lager traten die aus der Fusion früherer Linksdemokraten und katholischem Zentrum hervorgegangene Demokratische Partei (DP), die Partei Italiens der Werte (IdV) des früheren Korruptionsermittlers Antonio di Pietro, die Linkspartei Umwelt und Freiheit (SEL) des Ministerpräsidenten von Apulien, Nicola Vendola, unterstützt von Kommunisten der PRC und PdCI an.


Abfuhr für das EU-Diktat Montis

Zu dem Urnengang waren mit knapp zehn Millionen etwa 20 Prozent der Wähler des Landes aufgerufen. 2800 Kandidaten waren angetreten. Es war die erste Wahl seit dem Amtsantritt von Mario Monti, der nach dem Fall des Mediendiktators Berlusconi im November als Ministerpräsident eines sogenannten Technikerkabinetts berufen wurde. Das Wahlergebnis wird als ein deutlicher Protest gegen die rigorose Abwälzung der Krisenlasten durch das von der EU diktierte Sparprogramm Montis vor allem auf die arbeitenden Menschen und die Rentner gesehen, mit dem dieser den Sozialabbau Berlusconis fortgesetzt. Das Sparprogramm trifft aber auch die Kommunen mit Streichungen der Ausgaben für Kindergärten, Bildung und Gesundheit, den Verkehr und die Verwaltungen, was viele ihrer Beschäftigten ins Heer der Arbeitslosen treibt.


Aufschwung in Rom hängt von Demokraten ab

Nun erwarten die Linken, von denen sich auch noch ein Häuflein in der DP behauptet, der Erfolg bei den Kommunalwahlen werde ihnen in Rom Aufschwung geben, den sozialen Crash- und politischen Rechtskurs Montis Einhalt zu gebieten. Eine Ermunterung wird auch im Wahlsieg des Sozialisten Hollande in Frankreich und in den Stimmengewinnen der kämpferischen Linken in Griechenland gesehen.

Bei den Rechten dagegen wird der linke Auftrieb mit Furcht betrachtet. Das politische Establishment versucht, dem durch Umgruppierungen des rechten Parteienspektrums entgegenzuwirken. Dem Beispiel des früheren Führers der AN-Faschisten, Gianfranco Fini, der aus seinen Anhängern eine neue Rechtspartei Futuro e Liberta bildete, will jetzt auch die faschistoide PdL Berlusconis folgen und ihren Namen wechseln. Italiafuturo ist bereits im Gespräch. Das wird mit einem geschickten Schachzug verbunden. Die umgetaufte Partei will sich selbst - vor allem aus den Kassen Berlusconis, dessen persönlicher Reichtum in seiner Regierungszeit auf sieben Mrd. Euro anwuchs, finanzieren. Gleichzeitig sollen die staatlichen Zuschüsse für die Parteien abgeschafft werden, was die kleinen Parteien der Linken in den Ruin treiben soll.

Den Elan der Linken Mitte aus den Kommunalwahlen nach Rom zu übertragen erforderte als erstes, dass die DP als stärkste Oppositionspartei, die bisher zusammen mit der PdL für das Sparprogramm stimmte, mit dieser Unterstützung Montis bricht. Des weiteren, dass sie ihre Politik, dem Kapital einen "demokratischen Pakt zwischen Arbeitern und Bourgeoisie" vorzuschlagen, beendet. Auch hier sollte Athen als Beispiel gesehen werden, wo die Opposition gegen EU- und IWF-Diktat von den Wählern honoriert wurde.

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Quelle:
© 2012 by Gerhard Feldbauer
Mit freundlicher Genehmigung des Autors


veröffentlicht im Schattenblick zum 9. Mai 2012