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FRAGEN/021: Papua-Neuguinea - Stolzes Wirtschaftswachstum, doch Millenniumsziele unerreicht (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Mai 2015

Papua-Neuguinea: Stolzes Wirtschaftswachstum, doch Millenniumsziele unerreicht

von Neena Bhandari


Bild: © Catherine Wilson/IPS

Schätzungsweise 36 Prozent der acht Millionen Einwohner von Papua-Neuguinea leben in Armut
Bild: © Catherine Wilson/IPS

SYDNEY (IPS) - Papua-Neuguinea, seit 1975 unabhängig, steuert in diesem Jahr auf ein Rekord-Wirtschaftswachstum von 15 Prozent zu. Die von den Vereinten Nationen festgelegten Millenniumsentwicklungsziele (MDGs) wird der größte pazifische Inselstaat jedoch aller Voraussicht nach nicht erreichen.

"Auch nach 14 Jahren mit zweistelligen Wachstumsraten hat das Land das Problem, dass nicht alle Menschen davon profitieren", meint der ortsansässige UN-Koordinator für Papua-Neuguinea, Roy Trivedy. "Nach jüngsten Schätzungen hat die Einwohnerzahl die Grenze von acht Millionen überschritten. Und etwa 36 Prozent der Menschen leben von weniger als 1,25 US-Dollar pro Tag."

Bodenschätze wie Kupfer, Gold, Erdöl, Nickel, Kobalt und Flüssiggas machen 70 Prozent der Exporte aus. Seit der Unabhängigkeit haben sich die Erträge aus dem Bergbau und aus der Ölproduktion auf insgesamt 60 Milliarden Dollar erhöht, wie aus dem UN-Bericht der menschlichen Entwicklung von 2013 hervorgeht. Dennoch kommt Papua-Neuguinea auf dem Index der menschlichen Entwicklung unter den insgesamt 187 gelisteten Staaten nur auf Platz 156.

Mehrere Reformen, die die derzeitige Regierung in den vergangenen drei Jahren auf den Weg gebracht hat, erweisen sich inzwischen als erfolgreich. So gewinnt ein Programm für kostenfreie Bildung an Grund- und weiterführenden Schulen im ganzen Land an Akzeptanz. Etwa zwei Millionen Kinder sind an Schulen angemeldet. Doch es mangelt an Lehrern, etliche Schulgebäude sind sanierungsbedürftig, und die Qualität des Bildungswesens muss verbessert werden.


Hohe Säuglings- und Müttersterblichkeit

Die Regierung hat außerdem allen Bürgern eine kostenlose Gesundheitsversorgung zugesichert. UN-Mitarbeiter in Papua-Neuguinea drängen auf eine rasche Reduzierung der hohen Säuglingssterblichkeitsrate von derzeit 75 Todesfällen pro 1.000 Lebendgeburten. Auch die Müttersterblichkeit ist mit 733 Todesfällen pro 100.000 Lebendgeburten während der vergangenen zehn Jahre erschreckend hoch geblieben. 48 Prozent der Kinder unter fünf Jahren sind zudem mangelernährt.

Von dem Ausbau der Infrastruktur wird abhängen, ob das Land aus seinen Bodenschätzen, der Landwirtschaft und dem Tourismus einen höheren Mehrwert schöpfen kann. Die Regierung investiert zudem kräftig in die Modernisierung und Ausstattung der Polizei sowie in Reformen in Justiz und Strafvollzug. Von diesen Investitionen sollen insbesondere die Frauen profitieren, um sie vor Gewalt und Diskriminierung zu schützen.

Den Willen zur Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung kann Papua-Neuguinea auf dem nächsten globalen Gipfel über die Post-2015-Nachhaltigkeitsagenda unter Beweis stellen. Das Land und Dänemark sind die Faszilatoren der noch in diesem Jahr vorgesehenen Konferenz. Die künftigen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) sind ein Mix aus den altbekannten MDGs und Zielen, die sich auf die Bekämpfung des Klimawandels und auf Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, der Artenvielfalt und der Meere konzentrieren.


Inselstaaten tragen Hauptlast des Klimawandels

Die 22 pazifischen Inselstaaten tragen nur 0,03 Prozent zu den globalen Treibhausgasemissionen bei. Ihre insgesamt etwa zehn Millionen Einwohner werden aber aller Voraussicht nach am schwersten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sein. Zahlreiche Menschen könnten bei Naturkatastrophen ihr Leben verlieren. Darüber hinaus rechnet die Asiatische Entwicklungsbank (AsDB) damit, dass der Klimawandel die Region am Ende dieses Jahrhunderts mehr als zwölf Prozent ihres jährlichen Bruttoinlandsproduktes kosten könnte.

Im IPS-Interview sprach Premierminister O'Neill über die Strategien seines Landes, mit den kommenden Herausforderungen fertigzuwerden.


IPS: Haben die Vereinten Nationen zur Wirtschaftsentwicklung von Papua-Neuguinea beigetragen?

Peter O'Neill: Viele UN-Organisationen sind in Papua-Neuguinea tätig, und wir schätzen ihren Beitrag zu unserer Entwicklung. Wir sind vor allem dem UN-Entwicklungsprogramm UNDP dankbar, das gemeinsam mit unserer Planungsbehörde Programme in verschiedenen Landesteilen auf den Weg bringt.

IPS: Papua-Neuguinea wird wahrscheinlich keines der UN-Millenniumsziele innerhalb des festgelegten Zeitrahmens erreichen. Was wird getan, um die Probleme zu beheben?

O'Neill: Wir können durchaus einige Fortschritte bei den MDGs vorweisen. Vor zwei oder drei Jahren sahen die Chancen, sie zu erreichen, viel schlechter aus. Momentan kommen wir bei der Senkung der Säuglingssterblichkeit und bei der Alphabetisierung dank unserer Programme im Gesundheits- und Bildungsbereich gut voran. Sie tragen erheblich dazu bei, dass wir uns den Zielen annähern.

IPS: Was erhoffen Sie sich von den SDGs? Und mit welchen Strategien wollen Sie sich ihnen nähern?

O'Neill: Unsere Strategien zahlen sich langsam aus und wir wollen sicherstellen, dass wir Alphabetisierungsraten von 80 bis 90 Prozent garantieren können. Die Säuglingssterblichkeit soll auf ein Niveau sinken, das mit dem unserer Nachbarländer vergleichbar ist. Die Lebenserwartung der Bevölkerung soll steigen. Wir sind überzeugt, dass wir die international festgelegten Ziele erreichen können, wenn wir in die Programme investieren, die wir heute schon haben.

IPS: Der Inselstaat steht im Blickpunkt chinesischer Investoren und erhält Entwicklungshilfe von Australien. Im laufenden Finanzjahr hat das zwischen Australien und Papua-Neuguinea vereinbarte bilaterale Hilfsprogramm ein Gesamtvolumen von etwa 577 Millionen Dollar. Was von beiden hat sich als besonders hilfreich herausgestellt?

O'Neill: Beides ist wichtig. Die Investitionsstrategie Chinas ähnelt der, die auch in anderen Teilen der Region umgesetzt wird, etwa in Australien und Indonesien. Unsere Sozialprogramme profitieren aber vor allem von den australischen Hilfsgeldern. Damit wollen wir die Probleme im Bildungs- und Gesundheitsbereich angehen, aber auch auf Fortschritte in guter Regierungsführung und im Justizwesen hinarbeiten.

IPS: Papua-Neuguinea hat einige vielversprechende Schritte zur Integration westpapuanischer Klimaflüchtlinge unternommen. Was kann getan werden, um die Rehabilitierung dieser Menschen, etwa der Bewohner der Carteret-Inseln, zu ermöglichen, die aufgrund des klimabedingten Meeresanstiegs vom Untergang bedroht sind?

O'Neill: Wir versuchen viele dieser Flüchtlinge auf dem Festland anzusiedeln. Die meisten haben dort Familien, und wir versuchen sie in ein Umfeld zu integrieren, in dem sie sich wohlfühlen.

Im Fall der westpapuanischen Flüchtlinge in der Western Province leben bereits viele von ihnen seit etlichen Jahren in Papua-Neuguinea und haben Zugang zu den staatlichen Dienstleistungen, wie sie die Regierung allen Bürgern bereitstellt.

Für reiche Länder wie Australien und die USA sollte der erste Schritt darin bestehen, dass Kyoto-Protokoll zu unterzeichnen und sich dann der Staatengemeinschaft anzuschließen. Der Klimawandel ist eine globale Angelegenheit, die von uns verlangt, dass wir alle zusammenarbeiten, um die CO2-Emissionen zu senken und die Gefahr einer weiteren Erwärmung zu begrenzen. (Ende/IPS/ck/28.05.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/05/qa-papua-new-guinea-reckons-with-unmet-development-goals/

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IPS-Tagesdienst vom 28. Mai 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Mai 2015

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