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LATEINAMERIKA/1225: Brasilien - Als Geber auf dem Vormarsch, Entwicklungshilfe stark angestiegen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 3. Februar 2011

Brasilien: Als Geber auf dem Vormarsch - Entwicklungshilfe stark angestiegen

Von Mario Osava


Rio de Janeiro, 3. Februar. Januar (IPS) - Mit seinem Modell einer Muttermilch-Bank hilft Brasilien auch Guatemala und Ländern in Afrika, die Säuglingssterblichkeit zu senken. Dank erfolgreicher Sozialprogramme spielt der größte Staat Lateinamerikas in der internationalen Entwicklungszusammenarbeit eine zunehmend wichtige Rolle.

In Guatemala ist inzwischen ein Netzwerk von Muttermilch-Banken entstanden, das auch Mediziner weiterbildet. Das kostengünstige und als äußerst effizient beurteilte Projekt wird zurzeit auch in Angola, auf den Kapverden und in Mosambik eingeführt.

Wie ein neuer Bericht der brasilianischen Regierung belegt, hat das entwicklungspolitische Engagement Brasiliens zwischen 2005 und 2009 deutlich zugenommen. In dem Zeitraum seien die Zuschüsse für internationale Organisationen, technische und humanitäre Hilfen sowie Stipendien für Ausländer um 129 Prozent auf 362 Millionen US-Dollar gestiegen, heißt es.

Dieser Betrag entspreche zwar nur 0,02 Prozent des brasilianischen Bruttoinlandsprodukts (BIP). Allerdings rücke das Land auch erst jetzt in den Kreis der großen Geber auf, sagte Guilherme Schmitz vom Institut für angewandte Ökonomie (IPEA), die an der Studie mitgewirkt hat. Der Schuldenerlass, den Brasilien ärmeren Staaten gewährt, werde in der Statistik nicht berücksichtigt. Andernfalls wäre der Beitrag des Landes zur Entwicklungszusammenarbeit noch höher. 2010 wird zudem die humanitäre Hilfe Brasiliens an Haiti nach dem schweren Erdbeben die Zahlen weiter in die Höhe treiben.


Unterstützung für UN- und regionale Organisationen

Die größten Beiträge entrichtet das südamerikanische Land an UN-Organisationen wie den Hohen Flüchtlingskommissar sowie auf regionaler Ebene an unterschiedliche Entwicklungsbanken. Dorthin fließen dem Bericht zufolge etwa 76 Prozent der offiziellen brasilianischen Entwicklungshilfe.

Den Löwenanteil erhält der Fonds für Strukturanpassungen (Focem) innerhalb des Gemeinsamen Markts des Südens (Mercosur), dem neben Brasilien auch Argentinien, Paraguay und Uruguay angehören. Venezuela soll in Kürze als Vollmitglied aufgenommen werden. Der 2004 gegründete Fonds soll die Entwicklung in den schwächeren Ländern Paraguay und Uruguay sowie in armen Gebieten der übrigen Mitgliedsstaaten vorantreiben.

Die brasilianischen Beiträge zur internationalen humanitären Hilfe haben sich laut der Studie zwischen 2005 und 2009 auf 43,5 Millionen Dollar verneunzigfacht. Gleichwohl steuert Brasilien im globalen Vergleich in diesem Bereich lediglich 5,5 Prozent bei. In letzter Zeit leitete die Regierung diese Hilfen zumeist direkt an die betroffenen Länder weiter. Offiziell wird es in Brasilia vermieden, von "Zuschüssen" oder "Hilfen" zu sprechen. Damit soll die Süd-Süd-Zusammenarbeit von der traditionellen Entwicklungshilfe aus dem Norden abgegrenzt werden.

"Auch der Ausdruck 'Geber' setzt eine bestimmte Hierarchie voraus, während wir unsere Zusammenarbeit als horizontal verstehen", erklärte Marco Farani, der die brasilianische Entwicklungshilfebehörde ABC leitet. Brasilien habe Lösungen anzubieten, die der Situation in anderen Entwicklungsländern angepasst werden könnten. Schwierigkeiten, die im Dialog zwischen reichen und ärmeren Staaten aufträten, würden vermieden, sagte er. Anders als in den Industrieländern arbeite die brasilianische Regierung in dem Bereich nicht mit Nichtregierungsorganisationen oder anderen Beratern zusammen.

Die Chefin des UN-Entwicklungsprogramms UNDP, Helen Clark, hält einen internationalen Erfahrungsaustausch für dringend notwendig, um die Millenniums-Entwicklungsziele zu erreichen. Bis zum Jahr 2015 soll etwa die Zahl der in extremer Armut lebenden Menschen um die Hälfte reduziert werden. Clark versprach angesichts des zunehmenden Engagements Brasiliens, neue Wege zur Unterstützung der Süd-Süd-Kooperation zu suchen.


Präsident Lula da Silva wertete Entwicklungshilfe auf

Rathin Roy vom Internationalen Zentrum für inklusive Wachstumsstrategien (IPC-IG) erklärte, die Südländer hatten im vergangenen Jahrhundert bedeutsame Wachstumsfortschritte gemacht und ihrer Bevölkerung dadurch bessere Lebensqualität gesichert. Das Zentrum mit Sitz in Brasilia wurde von UNDP und der brasilianischen Regierung gegründet, um neue entwicklungspolitische Strategien zu entwerfen.

Während der zwei Amtszeiten des linken Präsidenten Luiz Inácio Lula da Silva hat die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit Brasiliens mit anderen Ländern stark zugenommen. Lula da Silva habe darin ein "Instrument der Außenpolitik" erkannt, das seiner Nation größeres Prestige verschaffen konnte, sagte Farani. (Ende/IPS/ck/2011)


Links:
http://www.ipea.gov.br/portal/index.php?option=com_content&view=article&id=6747:ipea-e-abc-divulgam-estudo-sobre-cooperacao-internacional&catid=6:dinte&Itemid=4
http://www.abc.gov.br/
http://www.mercosur.int/focem/
http://www.undp.org/
http://www.ipc-undp.org/
http://www.ipsnoticias.net/nota.asp?idnews=97393

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veröffentlicht im Schattenblick zum 5. Februar 2011