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NAHOST/744: Ramallah - Der Weihnachtsmann bringt Gummigeschosse, Tränengas und Verhaftungen (ISM)


International Solidarity Movement (ISM) - Meldung vom 25. Dezember 2010

Der Weihnachtsmann bringt Gummigeschosse, Tränengas und Verhaftungen


Während sich die Aufmerksamkeit der Medien auf das Weihnachtsspektakel in Bethlehem richtete und die Menschen Heiligabend feierten, wurde die in der Region Ramallah und in direkter Nachbarschaft der illegalen Siedlung Halamish gelegene Ortschaft An Nabi Saleh mit einer anderen Realität konfrontiert. Das israelische Militär begegnete der gestrigen Demonstration mit ausufernder Gewalt. Mehrere Menschen wurden verletzt; drei israelische Aktivisten und ein palästinensisches Mitglied der Gemeinde wurden verhaftet.

Schon vor Beginn der Demonstration, um etwa 9.00 Uhr, fuhren mehrere israelische Jeeps in die Ortschaft ein. Ein 16jähriger Palästinenser, den sie alleine antrafen, wurde von 12 gummiummantelten Stahlgeschossen, die aus kurzer Distanz direkt auf seine Brust abgegeben wurden, getroffen. Er wurde ins Krankenhaus von Ramallah gebracht, war aber nicht schwer verletzt.

Die Demonstration begann nach dem Gebet. Die Demonstranten - die Menschen aus An Nabi Saleh und eine Gruppe israelischer und internationaler Aktivisten - wurden vom Weihnachtsmann begleitet, als auf der Hauptstraße des Ortes bis zur Kreuzung zogen und Slogans riefen. An der Kreuzung wurden sie von israelischem Militär und von der Grenzpolizei abgefangen, die mit Gewalt versuchten, die Demonstration aufzulösen, indem sie auf die Demonstranten einschlugen und Schallbomben abfeuerten.

Der Weihnachtsmann mitten unter den den Demonstranten - links ein israelischer Soldat von hinten - Foto: ISM

Dem Weihnachtsmann ist nicht nach Feiern
Foto: ISM

Die Demonstranten zogen sich in die Ortschaft zurück, während sich die Shebab eine Ausenandersetzung mit der Armee lieferte, die den ganzen Tag anhielt. Das Militär setzte Schallbomben und extreme Mengen von Tränengas ein und feuerte Gummigeschosse - viele davon gezielt auf Menschen - ab.

Zwei Menschen - ein 60 Jahre alter Dorfbewohner und seine 50 Jahre alte Frau - trafen Gummigeschosse am Kopf, die durchs Fenster gefeuert wurden, während sie sich im Haus befanden. Man brachte sie ins Krankenhaus. Viele weitere Demonstranten litten an den Auswirkungen der Unmengen von Tränenas, die sie eingeatmet hatten. Ein älterer Mann mußte von der Notfallambulanz behandelt werden, nachdem Tränengasbehälter in seinem Haus gelandet waren.

16jähriger Palästinenser, von 12 gummiummantelten Stahlgeschossen aus nächster Nähe getroffen - Foto: ISM

16jähriger Palästinenser, von 12 gummiummantelten Stahlgeschossen aus nächster Nähe getroffen
Foto: ISM

Im vom Militär verursachten Chaos wurden drei israelische Aktivisten und ein Palästinenser verhaftet. Einen Israeli entließ man wenige Stunden nach seiner Festnahme; die zwei anderen hingegen wurden zunächst in Hamamish und später im russischen Gefängnishof in Jerusalem interniert. Man wirft ihnen vor, mit Steinen geworfen zu haben, und es könnte sie eine Anklage auf sie zukommen.

Der 20jährige Palästinenser Allae Tamimi wurde ins Militärgefängnis von Ofer gebracht, wo man ihn verhören wird. Er war vor kurzen erst mit der Auflage aus dem Gefängnis entlassen worden, sich unter Androhung einer Haftstrafe von 6 Monaten an keiner Demonstration zu beteiligen. Diese Festnahme fand drei Tage nach der Inhaftierung von Bahaa Tamimi, einem weiteren Anwohner der Gemeinde An Nabi Saleh, statt.

Als sich der Tag dem Ende zuneigte, hatte der Weihnachtsmann den Bewohnern von An Nabi Saleh nur noch mehr Tränengas und Gummigeschosse gebracht. Fröhliche Weihnachten!


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Quelle:
ISM - International Solidarity Movement
Pressemitteilung, 25.12.2010
ISM Media Office
Telefon: +972-2/297 18 24
E-Mail: info@palsolidarity.org
Internet: www.palsolidarity.org
In einer Übersetzung des Schattenblick aus dem Englischen


veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Dezember 2010