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NAHOST/779: Volksaufstände in arabischer Welt - G-20 soll auf Weckruf reagieren (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 24. Februar 2011

Korruption: Volksaufstände in arabischer Welt - G-20 soll auf Weckruf reagieren

Von Jutta Wolf


Berlin, 24. Februar (IPS/IDN*) - Die Volksaufstände in Tunesien und Ägypten, die zum Sturz der dortigen Präsidenten führten, sollte den G20-Industrie- und Schwellenländern zur Warnung gereichen. Es sei höchste Zeit, Korruption aus dem öffentlichen Leben zu bannen, fordert eine Allianz aus 78 Organisationen.

"Wir müssen jetzt handeln", meint Huguette Labelle, Vorsitzende von 'Transparency International' mit Sitz in Berlin. In Tunis und Kairo seien die Menschen auf die Straßen gegangen, um ein Ende der Korruption zu fordern. Sie seien zu Recht empört über den Reichtum ihrer ehemaligen Staatschefs. An die G20-Länder richtete Labelle den Appell, alles zu tun, um die illegalen Finanzströme zu unterbinden.

Einem Bericht zufolge, den die Anti-Korruptionsorganisation 'Global Financial Integrity' im Januar veröffentlicht hatte, gehen allein Ägypten jedes Jahr aufgrund illegaler Finanzaktivitäten und staatlicher Korruption mehr als sechs Milliarden US-Dollar verloren. Gleichzeitig sehen sich 40 Prozent der Bevölkerung gezwungen, mit weniger als zwei Dollar am Tag auszukommen.


Als Helfershelfer korrupter Regierungen ausscheiden

Nach Ansicht von Gavin Hayman, dem Kampagnenchef der Pro-Transparenz-Initiative 'Global Witness' sollten die G20-Staaten mehr tun, um sicherzustellen, dass sie korrupten Politikern nicht dabei helfen, ihre schmutzigen Gelder in Sicherheit zu bringen. In diesem Zusammenhang kritisierte er das Fehlen eines konkreten Zeitplans für die Umsetzung des viel gepriesenen G20-Anti-Korruptionsplans, der im vergangenen November auf dem Gipfel im südkoreanischen Seoul beschlossen worden war.

Die G20 setzt sich aus den Ländern Argentinien, Australien, Brasilien, China, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Indien, Indonesien, Italien, Japan, Kanada, Mexiko, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika, Südkorea, Türkei, USA und dem EU-Länderblock zusammen. An den Treffen der G20 nehmen zudem der Direktor des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Präsident der Weltbank sowie die Vorsitzenden der Internationen Währungs- und Finanzkomitees beider Finanzorganisationen [teil].

Korruption halte die Armut am Leben, behindere wirtschaftliches Wachstum und säe Instabilität, warnten Transparency, Global Witness und 76 weitere Organisationen in einem Schreiben an die G20. Eine nachhaltige Entwicklung könne nur auf der Basis der Rechtstaatlichkeit und einem gesunden, gut regulierten, verantwortlichen Finanzsystem stattfinden. "Das ist ohne eine Bekämpfung der Korruption nicht möglich."

In dem Schreiben fordern die Gruppen zudem die zügige Umsetzung des G20-Aktionsplans gegen Korruption, den die Staatengruppe im November auf ihrem Gipfeltreffen in Seoul angekündigt hatten. Bisher fehlt ein genauer Zeitrahmen für die Umsetzung der Initiative, die nach Ansicht der Pro-Transparenz-Organisationen um einige Details erweitert werden muss.

Der G20-Aktionsplan sieht unter anderem die Einführung internationaler Gesetze gegen korrupte Beamte und Maßnahmen zum Schutz von Informanten vor, die kriminelle Machenschaften ihrer Vorgesetzten und Kollegen melden (Whistleblower). Auch sollen die G20-Länder bei der Korruptionsbekämpfung stärker kooperieren, illegal ins Ausland verschobene Gelder aufspüren, einfrieren und konfiszieren, um sie zu einem geeigneten Zeitpunkt den geprellten Herkunftsländern zurückzugeben.

In ihrem Schreiben unterbreiten die 78 Organisationen zu jedem einzelnen Punkt des G20-Aktionsplans konkrete Umsetzungsvorschläge, wie etwa Banken von vornherein daran gehindert werden können, illegitime Gelder anzunehmen, die UN-Konvention gegen Korruption (UNCAC) umgesetzt und Whistleblower besser geschützt werden können.

Deutschland, Japan, Indien und Saudi-Arabien haben als einzige G20-Staaten die UNCAC noch nicht ratifiziert. Der Schlüssel einer nachhaltigen und wirksamen Anti-Korruptions-Politik liegt nach Ansicht der Organisationen in einer größeren Transparenz etwa durch die Einbeziehung der Zivilgesellschaft in den G20-Prozess. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.g20.org/start.asp
http://www.globalwitness.org/library/it%E2%80%99s-time-put-g20-anti-corruption-commitments-practice-say-campaigners
http://www.indepthnews.net/news/news.php?key1=2011-02-15%2022:38:52&key2=1

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veröffentlicht im Schattenblick zum 26. Februar 2011