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NAHOST/791: Proteste und Hungerstreik in Palästinensergebieten gegen politische Teilung (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 18. März 2011

Nahost: Proteste und Hungerstreik in Palästinensergebieten gegen politische Teilung

Von Mel Frykberg


Ramallah, 18. März (IPS) - Nach den Massendemonstrationen im Gazastreifen und Westjordanland gegen die politische Teilung der beiden Palästinensergebiete hat der Präsident der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA), Mahmud Abbas, angekündigt, die Einladung der Hamas zu Gesprächen über die Bildung einer nationalen Einheitsregierung anzunehmen.

Nach Ansicht von Samir Awad, Wissenschaftler an der Birseit-Universität nahe Ramallah, ist die Verhandlungsbereitschaft das unmittelbare Ergebnis der Massenkundgebungen am 'Tag des Zorns' vom 15. März und des Hungerstreiks, den Studenten derzeit im Westjordanland durchführen.

Awad bescheinigt den Mitgliedern der Protestbewegung reelle Chancen, die Kluft zwischen der radikal-islamischen Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert, und Abbas' Fatah, die im größeren Westjordanland das Sagen hat, zu schließen. "Sie sind jung und lassen sich von keiner Ideologie und Partei vereinnahmen. Das befähigt sie dazu, sich mit noch mehr gleich gesinnten jungen Leuten zusammenzuschließen und sich als ernstzunehmende politische Kraft zu positionieren.

Bei den Massenprotesten vom 15. März ließen die Zehntausende Demonstranten keinen Zweifel daran, dass sie die Querelen und Machtkämpfe der beiden politischen Kräfte leid sind. Drei Tage zuvor waren Dutzende Studenten in Ramallah in den Hungerstreik getreten, um Versöhnungsgespräche zwischen Hamas-Premierminister Ismail Hanije und PA-Präsident Abbas zu fordern.


Übergriffe auf Demonstranten

"Egal, wie lange es dauern wird, wir können warten", sagte der 18-jährige Hungerstreikende Faris Schomali "Wir werden der Kälte und der Angriffe der Fatah-Schläger widerstehen", versicherte er in Anspielung auf Übergriffe von Fatah-Anhängern und PA-Sicherheitskräften auf Mitglieder der Protestbewegung vom 15. März. Augenzeugen hatten von Misshandlungen und willkürlichen Festnahmen berichtet. Ähnliche Übergriffe waren aus dem Gazastreifen gemeldet worden, wo die Sicherheitskräfte der Hamas gegen die Demonstration vorging.

Die Botschaft der Proteste ist offenbar angekommen. "Ich bin bereit, die Bildung einer neuen Regierung zu verschieben, um der Hamas die Chance auf eine Beteiligung zu geben", sagte der 75-jährige Abbas am 16. März zu Beginn eines zweitägigen Treffens des Zentralkomitees der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), in dem die Hamas die Mehrheit hält.

Das Zerwürfnis zwischen den beiden stärksten palästinensischen Fraktionen begann nach den Wahlen 2006, als die Hamas in beiden Palästinensergebieten den Sieg über die Fatah errang. Wahlbeobachtern unter Leitung des ehemaligen US-Staatspräsidenten Jimmy Carter zufolge war der Urnengang fair und transparent verlaufen. Doch Machtkämpfe zwischen den politischen Rivalen Kräften mündeten in einen Bruderkrieg, der durch die Übernahme des Gazastreifens durch die Hamas 2007 beendet wurde. Seither sind alle Einigungsversuche gescheitert. (Ende/IPS/kb/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. März 2011