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USA/323: Entwicklungshilfekürzungen moderater als erwartet ausgefallen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 15. April 2011

USA: Entwicklungshilfekürzungen moderater als erwartet ausgefallen

Von Jim Lobe


Washington, 15. April (IPS) - In den USA sind die Entwicklungshilfegelder weniger stark zusammengestrichen wurden, wie die drastischen Kürzungen des übergeordneten Außenamtsbudgets vermuten ließen.

Nach Verabschiedung des unter schwierigen Verhandlungen zustande gekommenen Vorläufigen Beschlusses (Continuing Resolution - CR) stehen dem US-Außenminister für das Ende September ablaufende Haushaltsjahr 2011 nur noch 48,3 Milliarden US-Dollar zur Verfügung. Die Regierung von Präsident Barack Obama hatte 56 Milliarden Dollar beantragt.

Der Entwicklungsposten kommt mit einer Kürzung in Höhe von einer halben Milliarde Dollar gegenüber 2010 somit verhältnismäßig glimpflich davon. Außerdem übersteigt der Entwicklungsetat den Betrag, den das von den Republikanern geführte Repräsentantenhaus im Februar zugesagt hatte, um 3,3 Milliarden Dollar.

Zu den ganz schlimmen und verheerenden Einsparungen sei es glücklicherweise nicht gekommen, bestätigte Samuel Worthington Vorsitzender von InterAction, einer Koalition aus 180 Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen (NGOs). "Gleichzeitig sind wir uns der Tatsache bewusst, dass unsere amerikanischen Interessen und Werte mehr von uns verlangen", sagte er. "Politische Unruhen und wirtschaftliche und strategische US-Interessen unterstreichen die Notwendigkeit, dass wir uns international stärker engagieren."

Was die öffentliche Entwicklungshilfe (ODA ) und die Finanzierung einiger multilateraler Agenturen angeht, waren die Einschnitte ebenfalls nicht so groß wie befürchtet. Vielmehr wurden die Beiträge für den Favoriten beider politischen Parteien, den internationalen Gesundheitsdienst, auf acht Milliarden Dollar leicht erhöht. Der Gesundheitsdienst beinhaltet Kinderschutz-, Familienplanungs-, HIV/Aids-, Malaria- und Tuberkuloseprogramme.

Die bilaterale Entwicklungshilfe (DA), die Agrar- und Mikrofinanzprogramme finanziert und in Bereiche wie die sanitäre Grundversorgung, den Klimaschutz und die Ernährungssicherheit investiert, erhielt mit 2,5 Milliarden Dollar den gleichen Betrag wie 2010. Für internationalen Katastrophenschutz stehen 865 Millionen Dollar bereit. Das entspricht einem Anstieg von zwei Prozent.


Bei der Flüchtlingshilfe wird gehobelt

Demgegenüber wurde die bilaterale Hilfe für Migranten und Flüchtlinge im Vergleich zu 2010 um fast zehn Prozent auf 1,7 Milliarden gestutzt. Der Gesamtbetrag fiel allerdings um 600 Millionen Dollar höher aus als derjenige, den das von Republikanern dominierte Repräsentantenhaus im Februar billigte. Auch die Gelder für die internationale Nahrungsmittelhilfe fielen mit 1,7 Milliarden Dollar um elf Prozent geringer aus als von Obama gefordert und lagen 17 Prozent unterhalb des Betrags des letzten Jahres.

Die 'Millennium Challenge Corporation' (MCC), ein von Ex-Präsident George W. Bush lanciertes Hilfsprogramm zur Förderung von Demokratie und Wirtschaftsreformen, wurden 900 Millionen Dollar zugestanden, 380 Millionen Dollar weniger als von Obama gefordert und mit 204 Millionen Dollar unter dem MCC-Etat 2010.

"Die Kürzung wird der MCC kritische Entscheidungen abverlangen", meinte dazu Sarah Jane Staats vom 'Center for Global Development' in Washington. Sie befürchtet, dass die kürzlich vereinbarten Hilfsprogramme für Indonesien und die Kapverden am härtesten betroffen sein werden. Auch Sambia und Malawi würden nicht verschont.

Auch für den 'Economic Support Fund' (ESF), der Zahlungsbilanz- und andere Wirtschaftshilfen etwa an Pakistan und den Jemen leistet, wird es eng. ESF wird nur noch sechs Milliarden Dollar erhalten, 1,9 Milliarden Dollar weniger als von Obama gefordert und 400 Millionen weniger als 2010.


Auch UN müssen Abstriche machen

Auch die Vereinten Nationen und andere internationale Organisationen werden den Spardruck Washingtons deutlich zu spüren bekommen. Die Beträge werden auf 1,7 Milliarden Dollar abgesenkt. Das ist eine Rückgang um 377 Millionen Dollar oder 23 Prozent gegenüber dem Etat 2010 und. Der Betrag liegt zudem um 304 Millionen Dollar unter der Forderung des US-Präsidenten. Wo genau das Messer angesetzt wird, ist noch unklar.

Den internationalen Friedenseinsätzen stehen ebenfalls Kürzungen um elf Prozent gegenüber 2010 bevor. Obama hatte einen um 300 Millionen Dollar höheren Betrag beantragt. Auch die internationalen Finanzinstitutionen müssen zurückstecken. Allerdings sehen sich die Weltbanktochter 'International Development Association', die zinsgünstige Darlehen an die ärmsten Länder der Welt vergibt, und der internationale Agrarentwicklungsfonds IFAD nur mit nominellen Kürzungen konfrontiert.

Demgegenüber wurden dem Afrikanische Entwicklungsfonds, für den Obama 156 Millionen beantragt hatte, nur 30 Prozent zugestanden, während die Globale Umweltfazilität mit einer 50-prozentigen Kürzung um 50 Prozent auf 90 Millionen Dollar zurechtkommen muss. 175 Milliarden hatte Obama beantragt.

Der Internationale Fonds für saubere Technologie, ein Hätschelkind der Obama-Administration, wird nur 185 Millionen der 400 Millionen Dollar beantragten Gelder erhalten.

Auch die US-Entwicklungsbehörde USAID muss Federn lassen. Sie erhält drei Prozent weniger als 2010 und neun Prozent weniger, als sich Obama gewünscht hatte. Ein Fehler, wie Todd Shelton von InterAction findet, zumal sich die Agentur in einem Reformprozess für mehr Transparenz und Verantwortlichkeit befindet. "Die NGO-Community ruft seit Jahren nach solchen Reformen", meinte er. "Es ist wirklich wichtig, dass sie die Kapazitäten erhält, die ihre Nachhaltigkeit garantieren." (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.interaction.org/
http://www.cgdev.org/
http://www.usaid.gov/policy/budget/cbj2007/an/esf.html
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=55264

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veröffentlicht im Schattenblick zum 19. April 2011