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USA/372: Kritik an fortgesetzter Einstufung Kubas als Terrorhelfer durch die USA (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 17. Juni 2013

Kuba: Kritik an fortgesetzter Einstufung als Terrorhelfer durch USA

von Jared Metzker



Washington, 17. Juni (IPS) - Einflussreiche US-amerikanische Denkfabriken haben ihre Appelle an Washington verstärkt, Kuba von der offiziellen Liste der Länder zu streichen, die angeblich den Terrorismus unterstützen. Den karibischen Inselstaat immer noch zu diesem Kreis zu rechnen, sei anachronistisch, illegal und politisch unsinnig.

Erst kürzlich hat das Außenministerium in Washington in seinem Jahresbericht über Terrorismus die Liste veröffentlicht. Die Einstufung Kubas unterscheidet sich nur unwesentlich von der des Vorjahres. Politische Beobachter, die auf eine Normalisierung der Beziehungen zwischen den beiden Staaten gehofft hatten, reagierten enttäuscht.

"In einer Zeit, in der die USA optimal in der Lage wären, einen Wandel auf der Insel zu erleichtern und daraus Nutzen zu ziehen, ist die Präsenz Kubas auf der Liste ein Hindernis", sagte Tomas Bilbao, Exekutivdirektor der 'Cuba Study Group', am 11. Juni bei einer Podiumsdiskussion im 'Centre for Strategic and International Studies' (CSIS) in Washington.

Bilbao wies auf den kontinuierlichen Einfluss einer "schwindenden Minderheit" von Kuba-feindlichen Hardlinern in den USA hin, die sich vehement für einen Verbleib des Landes auf der Liste aussprechen. Zugleich warf er US-Politikern einen Mangel an politischem Willen vor, sich mit dieser Minderheit anzulegen. Bilbao zufolge ist es jedoch an der Zeit, Kuba von der Liste zu tilgen und die Hilfe für das kubanische Volk an erste Stelle zu rücken.


Politischer Wandel in Kuba

Die Regierung von Präsident Barack Obama hat den Beobachtern zufolge deutliche politische Veränderungen in Kuba übersehen, etwa die Lockerung der Gesetze, die Reisemöglichkeiten für US-Bürger mit Familienmitgliedern in Kuba eingeschränkt hatten. Zudem sei nach dem Rückzug Fidel Castros aus der Staatsführung eine freundlichere Kuba-Politik der USA leichter umsetzbar.

Nach Ansicht von Sarah Stephens, Exekutivdirektorin des 'Centre for Democracy in the Americas', das sich für eine Aussöhnung mit Kuba engagiert, würde eine Entfernung des Staates von der Liste "die USA in die Lage versetzen, Kubas Bemühungen um eine Modernisierung seines Wirtschaftsmodells zu unterstützen". Dadurch würde es einfacher, Handel zu treiben, und Kuba könnte Zugang zu höher entwickelten Technologien erlangen. Wenn die USA so handelten, "würde dies den Kubanern zu mehr Wohlstand und größerer Unabhängigkeit verhelfen."

Kuba steht seit 1982 auf der offiziellen US-Liste der Terrorunterstützer. Einige Analysten sind der Meinung, dass das Land schon damals nicht die Kriterien dafür erfüllte. Um dieser juristischen Definition zu entsprechen, hätte der Staat wiederholt den internationalen Terrorismus unterstützt haben müssen.

Laut Robert L. Muse, der die Rechtmäßigkeit der Kuba-Politik der USA untersucht hat, gibt es derzeit drei augenfällige Gründe, weswegen der Inselstaat auch in die jüngste Liste aufgenommen worden ist. Kuba hat baskische Separatisten aufgenommen, kooperiert mit der kolumbianischen Rebellenorganisation FARC und gewährt politischen Flüchtlingen aus den USA ein Bleiberecht.

In einem Vortrag bei CSIS erklärte Muse, dass die ersten beiden Gründe hinfällig seien, weil sowohl Spanien als auch Kolumbien in den Beziehungen Havannas zu den beiden Gruppen kein Problem mehr sähen. Auf Kuba wird über einen Frieden zwischen der FARC und der kolumbianischen Regierung verhandelt. Madrid zieht es wiederum vor, dass sich baskische Kämpfer in Kuba statt in Spanien aufhalten.

Die Beziehungen zu Rebellengruppen sind Muse zufolge nicht der Rede wert. Nur das dritte Argument, Kuba nehme Personen auf, die vor der US-Justiz geflohen seien, könnte - wenngleich bestenfalls als äußerst schwache - Begründung dienen, Kuba auf der Liste zu halten.


Mordverdächtige Schwarzen-Aktivistin fand Asyl in Kuba

Der Karibikstaat hat viele Menschen aufgenommen, die sich dem Zugriff der Justiz in den USA entziehen wollten. Prominentestes Beispiel ist Assata Shakur, eine afro-amerikanische Lyrikerin und Aktivistin der Schwarzen-Befreiungsbewegung der siebziger Jahre. Ihr wird die Beteiligung an einem Mord an einem Polizisten vorgeworfen. Sie wurde verurteilt, konnte aber fliehen und erhielt 1984 politisches Asyl in Kuba, wo sie seitdem lebt.

Anfang Mai wurde Shakur als erste Frau auf die FBI-Liste der meistgesuchten Terroristen gesetzt. Muse kritisierte den Schritt als "willkürlich und kapriziös". Denn weder Shakur noch irgendein anderer Flüchtling in Kuba ist jemals internationaler Terroraktivitäten beschuldigt worden.

Muse und Bilbao sind überzeugt, dass Kuba nur deshalb so lange auf der Terrorliste des US-Außenministeriums geblieben ist, weil politisches Kalkül dahinter steckt. Bereits im Jahr 2002 hatte ein früherer Berater von Präsident Bill Clinton die Vermutung geäußert, dass die Tatsache, dass Kuba auf der Liste stehe, gewisse Wähler in Florida glücklich stimme. Denn dort leben besonders viele Exil-Kubaner. (Ende/IPS/ck/2013)


Links:

http://www.cubastudygroup.org/
http://csis.org
http://www.democracyinamericas.org/
http://www.ipsnews.net/2013/06/pressure-building-for-u-s-to-remove-cuba-from-terror-sponsor-list/

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Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 17. Juni 2013
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juni 2013