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HOCHSCHULE/1311: Studie belegt Halbzeiterfolg des Hochschulpakt I (idw)


CHE Centrum für Hochschulentwicklung - 28.04.2009

Positive Bilanz mit Entwicklungspotential - CHE-Studie belegt Halbzeiterfolg des Hochschulpakt I, zeigt aber auch die Schwächen


Zur Halbzeitbilanz der ersten Phase des Hochschulpaktes 2020 hat das CHE Centrum für Hochschulentwicklung eine Studie vorgelegt, die deutlich macht, wie wirksam die daraus stammenden Finanzmittel eingesetzt werden konnten.

Die CHE-Studie belegt nicht nur den Erfolg der Bund-Länder-Vereinbarung zur Steigerung der Studienanfängerzahlen in den Jahren 2007 und 2008 mit konkreten Zahlen, sondern macht zugleich deutlich, wie die einzelnen Länder bei der Rekrutierung zusätzlicher Studienanfänger/-innen abgeschnitten haben.

Mit 38.254 zusätzlichen Studienanfänger/-innen wurde das im Hochschulpakt I vorgesehene Soll in den Jahren 2007/08 leicht übererfüllt. Dieser Erfolg geht insbesondere auf den in den Stadtstaaten und den ostdeutschen Ländern erzielten Zuwachs von etwa 20.700 Studienanfänger/-innen zurück. Demgegenüber konnten im Betrachtungszeitraum nur einige westdeutsche Länder die Studienanfängerzahlen näherungsweise im geplanten Umfang steigern. Die erste Phase des Hochschulpakts 2020 zeigt darüber hinaus eine erfreuliche Erhöhung der Studierendenmobilität von den alten in die neuen Bundesländer. Trotz der besseren Ausstattung und Betreuungsrelationen war die Mobilität von West nach Ost bislang sehr niedrig. Weiterhin erfreulich ist der schwerpunktmäßige Kapazitätsaufbau in den MINT-Fächern, denen bei der Bekämpfung des Fachkräftemangels eine besondere Bedeutung zukommt.

Damit zeigt sich, dass konzertierte Anstrengungen von Bund und Ländern wie der Hochschulpakt 2020 einen entscheidenden Beitrag leisten können, bildungspolitische Ziele zu realisieren. Gerade mit Blick auf die neuen Länder und die Stadtstaaten wird auch deutlich, dass die zur Verfügung gestellten Bundesmittel dazu beitragen konnten, den aus Sicht einzelner Länder durchaus rationalen Abbau von Kapazitäten zu stoppen und zugunsten einer gesamtstaatlichen Perspektive der Stärkung der Hochschulbildung zumindest zu verzögern.

Die Studie differenziert dabei deutlich nach Bundesländern und kommt zu folgenden Ergebnissen:

1. Die westdeutschen Flächenländer Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein werden in den kommenden Jahren mit einer wachsenden Studierendennachfrage konfrontiert - ein Trend, der durch die doppelten Abiturjahrgänge (Ausnahme bildet hier nur Rheinland-Pfalz) noch verstärkt werden wird.

Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der Hochschulzugangsberechtigten, von denen in diesen Ländern aktuell 78% ein Studium aufnehmen, mittelfristig auf einem gegenüber dem Jahr 2006 hohen Niveau bleiben wird. Die langfristige Herausforderung wird für die westlichen Länder darin bestehen, die nach dem doppelten Abiturjahrgang zu erwartenden hohen Studienanfängerzahlen zu verstetigen, um die vom Ausscheiden der geburtenstarken Jahrgänge betroffenen Arbeitsmärkte mit jungen und gut ausgebildeten Akademiker/-innen zu versorgen.

Diese Bundeländer verzeichnen ebenfalls eine hohe Zahl von Landeskindern an ihren Hochschulen (im Durchschnitt 67%); Ausnahmen bilden hier lediglich das Saarland, Niedersachsen und Schleswig-Holstein, bei den zwei Letztgenannten spielt sicherlich auch die Attraktivität der Hochschulstandorte Hamburg und Bremen für die Abwanderung der potentiellen Studierenden eine zentrale Rolle.

2. Die Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg können ebenfalls bis 2020 mit einer erhöhten Studierendennachfrage rechnen. Dies liegt zum einen an den auch dort geplanten doppelten Abiturjahrgängen, zum anderen an der hohen Attraktivität der Städte für Studienberechtigte aus den Flächenländern. An den Hochschulen der Stadtstaaten nehmen noch immer deutlich mehr Studienanfänger/-innen ein Studium auf, als die Stadtstaaten selbst Studienberechtigte hervorbringen. Allerdings profitieren die Stadtstaaten auch von der großen Zahl an Nicht-Landeskindern, die dort ausgebildet werden. Sie tragen dazu bei, den überproportionalen Bedarf an Akademiker/-innen in den Stadtstaaten zu befriedigen.

3. In den neuen Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen konnte der demographisch bedingte dramatische Einbruch der Studiennachfrage in der ersten Phase des Hochschulpakts 2020 etwas verlangsamt werden; gleichwohl wird erwartet, dass die Zahl der Studienanfänger/-innen bis 2016 jedoch deutlich sinken wird; ein Trend, der durch die doppelten Abiturjahrgänge in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt nicht nachhaltig umgekehrt werden wird.

Der Wettbewerb um die im Hochschulpakt vereinbarten Mittel führte in einigen Ländern dazu, dass sogar mittelfristige Ausbauplanungen aufgesetzt wurden. Dies ist ein Beleg für die Wirksamkeit einer "aktivierender Hochschulfinanzierung", bei der die Hochschulfinanzierung sich an der erbrachten Lehrleistung orientiert. Es ist daher höchst bedauerlich, dass dieses Konzept nicht Bestandteil des Hochschulpakts II geworden ist.

Um der weiter wachsenden Studienplatznachfrage im Rahmen des Hochschulpakt II gerecht zu werden, muss der Studienplatzausbau ab 2011 überdies angemessen dimensioniert werden. Kern der in der vergangenen Woche in der GWK erzielten Einigung ist die Schaffung von 275.000 zusätzlichen Studienanfänger/-innen im Zeitraum 2011-2015. Dieser Wert liegt deutlich unter dem vom CHE prognostizierten Bedarf von 346.000 zusätzlichen Studienanfängerplätzen im Vergleich zur Basis des Jahres 2005. Wird das Finanzvolumen des Hochschulpakts II durch Bund und Länder nicht aufgestockt, könnten bis zu 71.000 Studienbewerber/-innen im Zeitraum von 2011 bis 2015 von einem Hochschulstudium ausgeschlossen werden.

Die kurze Laufzeit des Hochschulpakts II von nur 5 Jahren (2011-2015) eröffnet den Hochschulen nicht hinreichend Planungssicherheit für eine nachhaltige und profilorientierte Personalpolitik. Auch wenn die mittelfristige Finanzplanung längere Zusagen erschwert, so brauchen die Hochschulen ein klares Signal, dass das Studierendenhoch über die Nachfragespitze im Jahr 2013 hinaus verstetigt werden soll. Ein solches Signal zum nachhaltigen Kapazitätsausbau im deutschen Hochschulsystem ist mit dem Hochschulpakt II jedoch nicht ergangen. Der in der vorgelegten Studie untersuchte Zwischenstand der ersten Phase des Hochschulpakts zeigte gerade, dass Bund und Länder gemeinsam bildungspolitische Ziele erfolgreich verfolgen können. Ein nachhaltiger Ausbau von Studienkapazitäten erfordert jedoch über politische Bekenntnisse zur 'Bildungsrepublik' hinaus den politischen Willen und Mut, langfristig deutlich mehr Mittel in die Beteiligung junger Menschen an akademischer Bildung zu investieren. Noch besteht die Chance, den Hochschulpakt II längerfristig, mit mehr Mitteln und wettbewerbsorientierter zu gestalten. Diese Chance sollte angesichts der langfristigen Hebelwirkung eines systematischen Ausbaus des Hochschulsystems genutzt werden.

Weitere Informationen unter:
http://www.che.de
http://www.che.de/downloads/CHE_AP118_Laenderberichte_Hochschulpakt.pdf
- detaillierte Ergebnisse

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution409


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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
CHE Centrum für Hochschulentwicklung, Britta Hoffmann-Kobert,
28.04.2009
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 30. April 2009