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INTERNATIONAL/051: Im Osten viel Neues (Sieghard Scheffczyk)


Im Osten viel Neues

Entwicklungen und Trends der schulischen und Berufsbildung in Russland

von Sieghard Scheffczyk, Februar 2015


Man mag zu Russland stehen, wie man will. Eines aber sollte auf keinen Fall getan werden: Dieses Riesenland, das sich über zwei Kontinente erstreckt, zu unterschätzen oder gar zu "isolieren"! Schon der weitblickende Reichskanzler Bismarck berücksichtigte diesen Sachverhalt in seiner Außenpolitik - und sicherte Deutschland damit eine längere Periode in Frieden und bescheidener Prosperität. Die Politiker der Gegenwart wären gut beraten, würden sie sich zuweilen etwas mehr auf ihre großen Vorgänger besinnen...

Die KON TE XIS-Redaktion[*] ist bestrebt, ihren Leserinnen und Lesern eine Fülle von interessanten Informationen zu bieten, darunter auch solchen, die sich in keiner anderen deutschen Publikation finden lassen. Hierzu gehört zweifellos die nachfolgende Analyse von Trends und Entwicklungen des russischen Bildungssystems, die der Minister für Bildung und Wissenschaft der Russischen Föderation Dmitri Liwanow auf der turnusmäßigen Kabinettssitzung am 15. Januar 2015 vortrug. Nachfolgend deren interessanteste Fakten:

Gegenwärtig besuchen knapp 45 % der russischen Schülerinnen und Schüler nach dem Abschluss der 9-klassigen allgemeinbildenden Schule eine Berufsschule bzw. ein Technikum, was bezogen auf den Zehnjahreszeitraum einer Steigerung um 11 % entspricht. Etwas mehr als die Hälfte (knapp 55 %) der Schüler legen das Abitur ab und nehmen danach ein Hochschul- bzw. Universitätsstudium auf. Wie viele Jugendliche die Schule ohne Abschluss verlassen, dazu äußerte sich der Minister nicht. Es darf allerdings bezweifelt werden, ob wirklich alle Schüler den Abschluss der 9. Klasse schaffen...

Aufschlussreich ist eine Tendenz, die über viele Jahre in ähnlicher Form auch in Deutschland zu beobachten war: Etwa 60 % der russischen Arbeitgeber bevorzugen Bewerberinnen und Bewerber mit Hochschulabschluss - und das selbst bei der Besetzung von Positionen, für die ein Facharbeiter- oder Technikerabschluss eigentlich ausreichend wäre.

(Auch) Russland hat ein gravierendes demografisches Problem, das sich u. a. in einem dramatischen Rückgang der Abiturientenzahl widerspiegelt. Diese sank binnen eines Jahrzehnts um 800.00, von 1,4 Millionen im Jahre 2004 auf 600.000 2014.

Als "positives Erbe aus Sowjetzeiten" führte der Minister an, dass über 70 % der Schülerinnen und Schüler außerschulische Arbeitsgemeinschaften besuchen, in denen sie zusätzliche Kenntnisse und vor allem praktische Fertigkeiten und Fähigkeiten erhalten. Diese aus Sicht der russischen Regierung erfreuliche Entwicklung soll durch gezielte staatliche Förderung außerschulischer Bildungsträger aufrechterhalten und trotz der wegen der gegen Russland verhängten Sanktionen und des anhaltend niedrigen Ölpreises angespannten Finanzlage ausgebaut werden.

Quelle: ITAR TASS, 15. Januar 2015, (russ.) Übersetzung vom Autor

Sieghard Scheffczyk ist Projektleiter sowie Redakteur der KON TE XIS-Informationsschrift und des Magazins "Begeistern und Bilden".

Anmerkung:
[*] KON TE XIS-Informationsschrift
www.kontexis.de

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Februar 2015

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