Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → BRENNPUNKT

WESTSAHARA/072: Offener Brief (Projektgruppe Westsahara)


Projektgruppe Westsahara
beim Kreisjugendring Köpenick e.V. - 12.07.2011

Dringender Appell zum Minursomandat

Offener Brief an Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle


PROJEKTGRUPPE WESTSAHARA
beim Kreisjugendring Köpenick e.V.

OFFENER BRIEF

Bundesaußenminister
Guido Westerwelle


Menschenrechtsbeobachtung als Bestandteil des MINURSO-Mandats

Sehr geehrter Herr Westerwelle,

Deutschland hat in diesem Monat den Vorsitz des Weltsicherheitsrats und die Chance, Initiativen zur Menschenrechts- und Völkerrechtsstärkung auf den Weg zu bringen. Die Ausdehnung des Mandats der MINURSO auf die Beobachtung und Meldung von Menschenrechtsverletzungen in der Westsahara ist aus unserer Sicht dringend geboten!

Wir möchten sie noch einmal erinnern: In den saharauischen Flüchtlingslagern leben ca. 200.000 Menschen und warten seit 1991 (!) auf das Referendum, das ihnen die UNO versprochen hat. Sie sind zu einem Leben im Hitzeofen der Sahara verdammt, leben ausschließlich von Hilfslieferungen, die immer weniger werden. Viele junge Leute verlieren die Hoffnung, dass sich an ihrer Situation jemals etwas ändern wird und ziehen eine Wiederaufnahme der kriegerischen Auseinandersetzung der erfolglosen Verhandlung über Jahrzehnte vor.

Der Teil der Saharauis, der in den von Marokko besetzen Gebieten lebt, ist einer Zwangsmarokkanisierung und politischer Verfolgung im Falle des Engagements für das Referendum ausgesetzt. Human Rights Watch und Amnesty International berichten übereinstimmend von einer Zunahme der Menschenrechtsverletzungen in den besetzten Gebieten. So kam es im März 2010 in Al-Aiun zu brutalen Übergriffen marokkanischer Soldaten auf Teilnehmer_innen friedlicher Demonstrationen. Der Fall der im November 2009 nach Spanien ausgewiesenen Menschenrechtsaktivistin und als ,,Ghandi der Wüste" bekannt gewordenen Aminatou Haidar stellt nur die Spitze des Eisberges dar. Bezüglich der Niederschlagung des ,,Camps der Würde" von Tausenden Saharauis durch die marokkanische Kolonialverwaltung am 08.11.2010 wurde keine unabhängige Untersuchung zugelassen.

Am 01.07.2011 berichtete eine Delegation des Menschenrechtsausschusses des Bundestags, die die Westsahara Marokko bereiste, auf einer Pressekonferenz ,,von Repressionen gegen Personen, die das Referendum einforderten. Diese reichten von Folter bis hin zu plötzlichem Verschwinden. Auf harsche Kritik stieß die Reaktion Marokkos auf Menschenrechtsverletzungen gegenüber den Sahrauis durch die marokkanische Polizei oder Sicherheitskräfte. So sei der marokkanische Menschenrechtsrat bislang keiner Beschwerde nachgegangen. Heinrich [der Leiter der Delegation, CDU] berichtete über seinen Eindruck, dass im Gegenteil offizielle marokkanische Seiten ein Zusammentreffen mit Menschenrechtorganisationen vor Ort zu verhindern versuchten."
(http://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2011/34973489_kw26_westsahara/)

Wir fordern den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen weiterhin auf, seiner Verpflichtung nachzukommen, in den besetzten Gebieten die Einhaltung des internationalen Völkerrechts sowie der UNO-Menschenrechtscharta durchzusetzen. Dazu gehört in erster Linie, die MINURSO mit einem erweiterten Mandat zur Beobachtung der Menschenrechtslage auszustatten. Gegenwärtig ist die MINURSO die einzige friedenserhaltende Mission der UNO, die nicht über ein solches Mandat verfügt. Darüber hinaus fordern wir die Vereinten Nationen auf, das eigentliche Ziel, die von Marokko verhinderte Durchführung des Referendums in der Westsahara, endlich umzusetzen.

Wir interpellieren an Sie, Herr Westerwelle, sich für die Achtung der Menschenrechte weltweit und im Besonderen in den von Marokko völkerrechtswidrig besetzten Gebieten der Westsahara einzusetzen und eine entsprechende Resolution auf den Weg zu bringen. Nicht zuletzt fordern wir die Bundesregierung, die Europäische Union sowie alle in den Vereinten Nationen vertretenen Staaten auf, sich mit Nachdruck für die Lösung des seit 35 Jahren andauernden Westsaharakonflikts einzusetzen, und die Rückkehr der 350.000 saharauischen Flüchtlinge in ihre Heimat zu ermöglichen.

Projektgruppe Westsahara


*


Quelle:
Offener Brief vom 12. Juli 2011
Projektgruppe Westsahara beim Kreisjugendring Köpenick e.V.
Seelenbinderstr. 54, 12555 Berlin
Telefon: +49 30 65 01 51 45, Telefax: +49 30 65 20 483
E-Mail: westsahara[at]hdjk.de
Internet: projektgruppe-westsahara.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 14. Juli 2011