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BERICHT/086: 23. deutscher Lebensmittelrechtstag zum Thema Informationsrechte des Verbrauchers (aid)


aid-PresseInfo Nr. 17/10 vom 28. April 2010

Vom Recht des Verbrauchers auf wesentliche Information

Zu wenig informieren kann irreführend sein


(aid) - Folgt man den Ausführungen von Prof. Dr. Karl-Heinz Fezer, Universität Konstanz, dann stellt die Lebensmittelindustrie den Verbrauchern noch zu wenige Informationen zur Verfügung. "Die Informationsrechte des Verbrauchers sind bei der Lebensmittelvermarktung noch nicht ausreichend umgesetzt", so seine These, die er auf dem 23. deutschen Lebensmittelrechtstag in Wiesbaden präsentierte. Er begründete dies mit dem Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG 2008). Traditionell verbietet dieses Gesetz unlautere Geschäftspraktiken. Es dient sowohl dem Schutz der Verbraucher vor falscher Information als auch dem Schutz rechtmäßig handelnder Wettbewerber.

In der neuen Ausgestaltung des Gesetzes von 2008 haben Unternehmen nun die Pflicht, den Verbrauchern alle Informationen zur Verfügung zu stellen, die sie benötigen, um eine informierte geschäftliche Entscheidung zu treffen. Dies sei ein Paradigmenwechsel vom Wettbewerbsrecht zum Verbraucherschutzrecht, so Fezer. Es sei nun nicht mehr allein ausreichend, dass die Information wahr ist. Entscheidend sei die Relevanz für den Verbraucher. Unter die lauterkeitsrechtlichen Informationspflichten fallen nach Fezer beispielsweise Informationen über Lebensmittelimitate. Sie könnten z. B. eine Angabe "enthält Imitatstoffe" tragen. Auch Informationen über gentechnisch veränderte Produktbestandteile oder CSR-Kritierien (CSR = Corporate Social Responsibility) seien Gegenstand des Informationsgebotes.

"Die Wahlfreiheit ist nur gewährleistet, wenn die Informationen, die für den Verbraucher entscheidungsrelevant sind, offen gelegt werden", sagte Fezer, "und das muss nicht nur auf der Verpackung stehen". Die Zutatenkennzeichnung beispielsweise könne ergänzt werden durch die umfassende Erläuterung auf der Homepage des Herstellers, um eine Irreführung zu vermeiden. Den Medien und Verbraucherorganisationen käme in diesem Zusammenhang eine wichtige Bedeutung zu. Sie hätten die Aufgabe, die Informationen für den Verbraucher zu sammeln und verständlich aufzubereiten. Dies sähe die "Medienklausel" der europäischen Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken vor. Fezer schlug die Ausarbeitung eines Verhaltenscodex unter Beteiligung der Verbraucherverbände vor. Dieser Codex könnte die Verhaltensregeln und damit auch die Informationspflichten konkretisieren, die nötig sind um die berufliche Sorgfaltspflicht vor allem bei der Lebensmittelvermarktung sicher zu stellen.

Sollte sich diese Auslegung durchsetzen, dann kommt noch viel Arbeit auf Industrie und Wissenschaft zu. Denn noch ungeklärt sind Fragen wie: "Welche Informationen sind wirklich entscheidungsrelevant?". Aber auch: "Wie müssen besonders schutzbedürftige Verbraucher informiert werden?"

aid, Gesa Maschkowski


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Quelle:
aid-PresseInfo Nr. 17/10 vom 28. April 2010
Herausgeber: aid infodienst
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veröffentlicht im Schattenblick zum 4. Mai 2010