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BERICHT/140: Gelungene Gemeinschaftsaktion der Milcherzeuger im Dreiländereck (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 351 - Januar 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

"Butterberge vermeiden, statt sie zu verramschen
Gelungene Gemeinschaftsaktion der Milcherzeuger im Dreiländereck

von Sonja Korspeten EMB


Über 60 Bäuerinnen und Bauern sind am 29. November an die deutsch-schweizerische Grenze in Basel gekommen, um zu zeigen, dass man beiderseits der Grenze gegen das Exportdumping von Butter ist. Anlass war ganz konkret die Verschiebung von fettreduzierten Butterprodukten aus der Schweiz nach Deutschland und Frankreich.


Dreifache Subventionierung

Bei dieser Entsorgung von Überschüssen über die Landesgrenze bezahlen die Bauern gleich zweimal und auch die Gesellschaft zahlt mit. Werner Locher von BIG-M erläutert: "Die Milcherzeuger bekommen für die Milch, die zu diesen Exportprodukten verarbeitet wird (so genannte C-Milch) einen niedrigeren Preis. Dieser liegt je nach Molkerei zwischen 30 und 45 Rappen (100 Rappen: 81 Cent). Es gibt aber auch Milchkäufer, die den Bauern einfach einen etwas tieferen Mischpreis ausbezahlen, da sie sich nicht in die Karten blicken lassen wollen." Zusätzlich wird allen Erzeugern auf ihre gesamte Milchmenge ein Rappen je Liter für diese so genannte "Marktentlastung" abgezogen.

Neben Butterprodukten wird aus dem anderen Teil der überschüssigen Milch Magerkäse hergestellt. Dieser ist pur ungenießbar und nur für die industrielle Weiterverarbeitung bestimmt (zum Beispiel Pizzakäse). Werner Locher: "Hier beteiligt sich der Staat, indem er der Molkerei für jeden Liter verkäste Milch 15 Rappen Verkäsungszulage rückerstattet. Schweizer Magerkäse ist so sehr billig in Europa zu haben." Bei dieser Art der Verwertung und Entsorgung von Überschussmilch hat die Molkerei Rohstoffkosten von weniger als 32 Rappen pro Liter. Zu diesem Preis würde kein Milcherzeuger mehr Milch abliefern. Doch die doppelte Subventionierung durch Erzeuger und den Staat stellt diese Lieferungen sicher.


Druck auf die Märkte in Schweiz und EU

In den EU-Ländern, aber auch weltweit, können diese zusätzlichen Mengen für Verzerrungen auf schon überlasteten Märkten sorgen und so den Druck auf die Erzeugerpreise erhöhen. Ursache dieser Missstände sind in der Schweiz und in der EU vor allem die Überproduktion d.h. das Fehlen einer effektiven Steuerung der Milchmenge in Erzeugerhand.

Samuel Spahn von Uniterre, EMB-Mitglied, das die Aktion von Schweizer Seite aus angestoßen hatte: "Der Handel mit Billigbutter schadet den Produzenten beiderseits der Grenze, deshalb müssen wir gemeinsam handeln. Die symbolische Aktion in Basel verdeutlicht das Problem sehr gut."

In der Schweiz funktioniert die Organisation des Milchsektors durch die Branchenorganisation Milch (BOM) heute überhaupt nicht, erläutert er weiter und ist sich an diesem Punkt einig mit seinem Kollegen Martin Haab von BIG-M. Aufgrund einer Entscheidung des Bundesrates ist es jetzt nicht - wie von beiden Verbänden gefordert - möglich, die Milchmenge auf der Erzeugungsebene zu steuern, sondern nur die Übermengen mit Pflichtabgaben der Erzeuger zu exportieren. Der Preisdruck ist angesichts der weiter bestehenden Überproduktion unvermindert hoch und über eine Segmentierung des Milchpreises ist es den Verarbeitern gelungen, den Preis ganz regelgerecht weiter zu drücken. So will die Molkerei Emmi ab 2012 nur noch für 65 Prozent der Milch den normalen A-Preis bezahlen, für 25 Prozent den niedrigeren B-Preis und den Rest als C-Milch behandeln. Doch wie kann die Molkerei schon heute wissen, wie die Vermarktungssituation, die die Segmentierung bedingt, in 2012 aussieht?!!


Export-Import-Geschäft läuft gut

"Gute holländische Butter! Kaufen Sie! Billiger und besser als die Schweizer Butter", so rief der Pseudo-Milchhändler aus den Niederlanden immer wieder. Und der Emmi-Geschäftsführer führte neben vielen Banknoten auch ein Schild mit der Aufschrift "Schweizer Produkte lassen sich gut auf den EU- und Weltmärkten verkaufen" spazieren. Natürlich war auch der Milchhändler mit Deutscher Markenbutter mit von der Partie. Man verstand sich gut unter Geschäftsleuten und schacherte vergnügt mit dem falschen Zollbeamten.

Die Schweizer Butter wurde auf die deutsche Seite der Grenze gebracht, dort standen dann die deutschen Bäuerinnen und Bauern mit großen Schildern, nahmen die Butter und brachten sie zurück in die Schweiz. Ulrike Minkner von Uniterre: "Wir brauchen eine Mengensteuerung in Erzeugerhand, welche eine nachfrageorientierte und kostendeckende Milcherzeugung ermöglicht. In der Schweiz und in der EU. Und wir zeigen heute mit dieser Aktion, dass wir uns nicht gegenseitig in Konkurrenz stellen lassen." Die Schilder sprachen deshalb: "Für marktgerechte Mengensteuerung in Produzentenhand" - "Gegen Exportdumping und organisierte Überproduktion" - "Gegen die Milchpreissenkungen - für faire Preise". Franz Schweizer vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM) kommentierte: "Das war eine sehr gute Aktion mit viel Medieninteresse, ich freue mich über diese tolle solidarische Gemeinschaftsleistung." Auch in Genf machten Erzeuger von den Schweizer Verbänden Uniterre und BIG-M und der französischen APLI eine erfolgreiche Aktion an der Grenze. Sie stoppten für kurze Zeit den Autoverkehr und hielten eine Pressekonferenz mitten auf der Fahrbahn ab. Das Interesse der Medien war ebenfalls groß. Ulrike Minkner von Uniterre fasste den Tag zusammen: "Ich freue mich schon auf die nächste gemeinsame Aktion mit den deutschen und französischen Bäuerinnen und Bauern von AbL, BDM, APLI und Confédération Paysanne. Denn die heutige war rundum gelungen."


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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 351 - Januar 2012, S. 7
Herausgeber: Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft - Bauernblatt e.V.
Bahnhofstr. 31, 59065 Hamm
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veröffentlicht im Schattenblick zum 10. März 2012