Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → ERNÄHRUNG

FISCHEREI/242: Israel - Erfolgreiche Fischzucht in der Wüste, unterirdische Warmwasserader genutzt (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 11. August 2011

Israel: Erfolgreiche Fischzucht in der Wüste - Unterirdische Warmwasserader genutzt

Von Pierre Klochendler


Kibbuz Mashabei Sadeh, Negev-Wüste, 11. August (IPS) - Der israelische Meeresbiologe Samuel Applebaum erntete zunächst verständnisloses Kopfschütteln, als er vorschlug, ausgerechnet in der Negev-Wüste Fische zu züchten. Mit seiner Idee hatte er jedoch bald Erfolg: In den Bassins des 'Deli-Dag'-Fischzuchtbetriebs im Kibbuz Mashabei Sadeh tummeln sich inzwischen Tausende Barramundi-Barsche.

Inmitten der verdorrten Landschaft wirken die in der Sonne glitzernden Becken zunächst wie eine Fata Morgana. Auch die tropischen Fische sollten sich eigentlich eher im südostpazifischen Meer als in der Wüste heimisch fühlen. Züchter Amit Ziv kann allerdings nicht klagen. Seit 14 Jahren führt er seinen Betrieb unter Anleitung von Applebaum und hat seinen Entschluss bisher noch nicht bereut.

Zweimal in der Woche holen Fischer in Taucheranzügen Netze mit etwa anderthalb Tonnen Barschen ein. Die Prozedur dauert nicht länger als 20 Minuten. Die Fische werden getötet, indem sie in eiskaltes Wasser gelegt werden. "Barramundi sterben an Herzattacken, wenn die Temperaturen unter 15 Grad Celsius sinken", erklärt der Verwalter der Fischfarm. Sie werden dann nach ihrer Größe sortiert und zu Kunden im ganzen Land transportiert.

Einst war die Negev-Wüste eine Region biblischer Wildnis, in der Stammvater Abraham mit seiner Herde umherzog. Inzwischen haben aber viele Leute entdeckt, wie man aus einem öden Landstrich Kapital schlägt. Farmer wie Applebaum und Ziv haben gemeinsam eine innovative Methode zur Aufzucht tropischer Meeresfische in warmem, leicht salzigen Wasser entwickelt. Das Geschäft ist lukrativ: Auf den lokalen Märkten werden Barramundi mit umgerechnet 18 US-Dollar pro Kilo gehandelt.


Sonne und trockene Luft halten Wasser sauber

Ziv versichert den Abnehmern, dass sein Fisch in einer sauberen Umgebung gezüchtet wird. Das Wasser wird unter anderem durch die Sonne und die trockene Luft gereinigt. In den Becken gebe es außer den Barramundi keine weiteren Meerestiere. Somit könnten sie sich keine Krankheiten einfangen, berichtet er. Da der Fischkonsum in den Industrieländern stark gestiegen ist, will Ziv seine Ware bald auch ins Ausland exportieren.

Bis in der Wüste Fische schwimmen konnten, hatten Wissenschaftler jahrzehntelang geforscht. Vor etwa 60 Jahren fanden sie heraus, dass in der Negev-Wüste in 700 Metern Tiefe eine große Warmwasserader verläuft. Damals fehlte es aber am Geld, um Bohrungen in dem steinigen Boden vornehmen zu können.

Erst nach Einführung kostengünstigerer Technologien in den sechziger Jahren wurde die Nutzung geothermischen Wassers wirtschaftlich sinnvoll. Heute kostet es das staatliche Unternehmen Mekorot etwa eine Million Dollar, einen ein Kilometer tiefen Brunnen in der Wüste zu bohren. Das 40 Grad Celsius warme Wasser wird dann zu dem in 200 Meter Höhe gelegenen Plateau gepumpt, heruntergekühlt und anschließend in die Fischbassins geleitet, wo die Temperatur konstant bei 28 Grad liegt.

"Hier gibt es Milliarden Kubikmeter unbelastetes Wasser. Diese ökologische Fundgrube reicht noch mindestens 100 Jahre", freut sich Applebaum. Der Wissenschaftler, der am 'Bengis Centre for Desert Aquaculture' arbeitet, kam nach genauen Überprüfungen zu dem Schluss, dass das Wasser nicht nur für die Bewässerung von Bäumen und Gemüse, sondern auch für die Fischzucht bestens geeignet ist.

Das Wasser aus dem Aquifer enthalte die für die Fische wichtigen Nitrate und Ammoniak, sagte er. Außerdem könne sich in einer trockenen Umgebung Sauerstoff besser in Wasser lösen. Wie Ziv hinzufügte, läuft der Zuchtbetrieb das ganze Jahr über. Insgesamt würden jährlich 200 Tonnen Barramundi hervorgebracht.


Wasser auch in der Landwirtschaft verwendet

Um die Verdunstung gering zu halten, werden die Fischbassins wie Gewächshäuser abgedeckt. Das verdunstete Wasser wird aufgefangen und bis zu sechs Mal wiederverwendet, bis es zur Bewässerung der Kibbuz-Gärten eingesetzt wird. Die Jojoba-Sträucher und Ölbäume werden mit Fischkot gedüngt, der gute Nährstoffe für Pflanzen enthält.

Das warme Wasser aus der Tiefe des Wüstenbodens wird nicht nur von den Haushalten im Kibbuz, sondern auch von Wellness-Hotels in der Umgebung genutzt. "Wir haben es geschafft, Aquakultur und Landwirtschaft in der Wüste miteinander zu verbinden", sagt Applebaum. Das passende Ökosystem habe man nicht erst erfinden müssen.

Da mehr als 60 Prozent des israelischen Staatsgebiets aus Wüste bestehen, mussten die Menschen schon immer über den Tellerrand schauen, um die chronische Wasserknappheit zu überwinden. "Wenn man in einer an natürlichen Ressourcen reichen Gegend lebt, muss man sich weniger Sorgen machen", meint Applebaum. Das Ziel sei, das Leben in der Wüste lebenswert zu machen, ohne die Schönheit der ursprünglichen Landschaft zu zerstören.

Sollten sich die israelischen Siedler im Zuge der Friedensverhandlungen mit den Palästinensern und mit Syrien aus dem Westjordanland und den fruchtbaren Golanhöhen zurückziehen müssen, würde die Wassergewinnung in der Negev-Wüste noch wichtiger als bisher. (Ende/IPS/ck/2011)


Links: http://profiler.bgu.ac.il/frontoffice/showUnit.aspx?id=190 http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=56691

© IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH


*


Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 11. August 2011
IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
vormals IPS-Inter Press Service Europa gGmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 28 482 361, Fax: 030 28 482 369
E-Mail: redaktion@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 12. August 2011