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INTERNATIONAL/020: Südsudan - Impfkampagne für Rinder als Waffe gegen Hunger und Gewaltausbrüche (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 26. Oktober 2011

Südsudan: Rinder immunisieren, Leben retten - Impfkampagne geplant

Von Jared Ferrie

Ethnischer Mundari mit seiner Herde in Terekeka im Südsudan - Bild: © Jared Ferrie/IPS

Ethnischer Mundari mit seiner Herde in Terekeka im Südsudan
Bild: © Jared Ferrie/IPS

Terekeka, Südsudan, 26. Oktober (IPS) - Mit seinem roten Schopf ist Angelo Waranyang schon von weitem zu erkennen. Das Haarfärbemittel ist eine Mischung aus Rinderurin und verbranntem Viehdung. Es zeigt die tiefe Verbundenheit der südsudanesischen Hirten mit ihren Herden.

In dem jüngsten Land der Welt gibt es mehr Rinder als Menschen. Die UN-Landwirtschaftsorganisation (FAO) schätzt die Stückzahl auf elf Millionen. Die Bevölkerung besteht hingegen aus rund acht Millionen Menschen. Ihr Überleben hängt von der Gesundheit ihrer Nutztiere ab.

Die FAO fürchtet, dass die Nahrungsmittel des Südsudans im nächsten Jahr nur noch für die Hälfte der Bevölkerung reichen werden. Umso wichtiger sei es, die Viehbestände gegen tödliche Krankheiten zu impfen. Eine effektive Seuchenprävention stellt nicht nur eine wirksame Waffe gegen den Hunger dar, sondern auch gegen den Ausbruch von Gewalt im Zusammenhang mit Viehdiebstählen.

Waranyang, ein Mitglied der ethnischen Mundari, hält die Impfkampagne für eine gute Idee, um der latent vorhandenen Seuchengefahr zu begegnen. Der Hirte selbst hat in diesem Jahr bereits 25 Kühe verloren.


Impfkampagne mit Hindernissen

Die FAO und das südsudanesische Ministerium für Landwirtschaft und Fischerei haben sich das ehrgeizige Ziel gesetzt, 70 Prozent des gesamten Viehbestands einschließlich Schafe und Ziegen zu immunisieren. Das könne jedoch nur unter den günstigsten Bedingungen gelingen, räumt der FAO-Pressesprecher Edward Ogolla ein. Tatsächlich hat die Unabhängigkeit vom Sudan den erdölreichen Süden zu einem der ärmsten Länder der Welt gemacht. Hinzu kommt ein Mangel an finanziellen Ressourcen, ausgebildetem Personal, Sicherheit und eine schlechte Infrastruktur. Die jüngste Impfaktion in Terekeka hat dies verdeutlicht.

Terekeka ist eine kleine Gemeinschaft nur 80 Kilometer von der Hauptstadt Juba entfernt. Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse war das Impfteam ganze drei Stunden unterwegs, um das Dorf zu erreichen.

Die FAO hat vor, mindestens fünf der insgesamt 21 Millionen südsudanesischen Nutztiere in diesem Jahr zu immunisieren. Die Impfaktion ist angesichts der unsicheren Wetterverhältnisse, der verbreiteten Unsicherheit und dem Bevölkerungsdruck durch die vielen Heimkehrer aus dem Norden wichtiger denn je.


Kriegsgefahr durch Rindersterben

"Infektionen wie das Küstenfieber können zur Ansteckung aller Tiere führen", warnt George Okech, Chef des südsudanesischen FAO-Büros. "Angesichts einer Sterberate von 90 bis 100 Prozent wäre somit die ganze Herde bedroht." Geimpft wird auch gegen Leishmaniose und Wild- und Rinderseuche (Hämorrhagische Septikämie).

"Sollte eine Krankheit eine ganze Viehherde ausmerzen, könnten die Hirten auf die Idee verfallen, Tiere von anderen Volksgruppen zu rauben", meint Okech. "Und das dürfte definitiv zu Konflikten führen."

In Südsudan ist Viehdiebstahl verbreitet und war in der ersten Jahreshälfte, den gewalttätigsten sechs Monaten seit dem Ende des Bürgerkriegs 2005, die Haupttodesursache. Nach UN-Angaben starben bis Juli 2.368 Zivilisten.

Der FAO zufolge erzielt eine Kuh oder ein Ochse jeweils zwischen 300 und 800 US-Dollar. Die elf Millionen Rinder im Südsudan bergen somit ein riesiges Wachstumspotenzial, sollte es gelingen, sie vor Seuchen zu schützen. (Ende/IPS/kb/2011)


Links:
http://www.fao.org/
http://www.snvworld.org/en/pages/default.aspx
http://www.ipsnews.net/news.asp?idnews=105589

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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Oktober 2011