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INTERNATIONAL/120: Libanon - Dürre verschärft Flüchtlingskrise (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 23. Juli 2014

Libanon: Dürre verschärft Flüchtlingskrise

von Mona Alami



Beirut, 23. Juli (IPS) - Im Libanon gefährdet eine schwere Dürre die Ernährungssicherheit der ärmeren Bevölkerungsgruppen einschließlich der mehr als eine Million Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien.

Die Meteorologische Behörde am Internationalen Flughafen Rafik Hariri schätzt den Jahresniederschlag für 2014 auf 470 Millimeter. Normal sind 824 Millimeter. "In diesem Jahr konnten wir nichts anpflanzen, unsere Obstgärten vertrocknen", berichtet Georges Karam, Bürgermeister von Zabougha, einer Stadt im libanesischen Bekfaya-Gebiet. Die Agrarproduktion hat landesweit gelitten, wobei Obst und Gemüse besonders betroffen sind, wie der Agrarökonom Maurice Saade von der Weltbankabteilung für den Nahen Osten und Nordafrika erklärt.

Laut der Weltagrarorganisation FAO bedeutet Ernährungssicherheit, dass alle Menschen zur Deckung ihres täglichen Kalorienbedarfs jederzeit Zugang zu einer ausreichenden Menge an gesunden und nährstoffreichen Lebensmitteln haben. Auch wenn die Ernährung der meisten libanesischen Haushalte als gesichert gilt, setzt der dürrebedingte Anstieg der Lebensmittelpreise die armen Familien im Norden (Akkar und Dinnyeh), im Nördlichen Bekaa (Baalbek und Hermel) und im Süden sowie in den Slums im Süden der Hauptstadt Beirut zunehmend unter Druck. Hier sind auch die meisten Flüchtlinge aus Syrien anzutreffen.

Nach Angaben von Clemens Breisinger, Wissenschaftler am 'International Food Policy Research Institute' (IFPRI), wird der libanesische Nahrungsmittelbedarf zu 90 Prozent durch Importe gedeckt. Das bedeutet, dass die Auswirkungen der Dürre durch die auf dem internationalen Markt erhältlichen Nahrungsmittel kompensiert werden müssen.


Gefahr einer Ernährungskrise gegeben

Die Abhängigkeit des Libanons von Nahrungsmittelimporten bedeutet aber auch, dass bei einem Anstieg der internationalen Lebensmittelpreise, wie 2008 geschehen, die ärmsten Bevölkerungsgruppen hungern werden. Breisinger hält die Gefahr einer neuen Ernährungskrise angesichts einer generell erhöhten Nachfrage nach Nahrungsmitteln, rückläufiger Reserven, politischer Fehlentscheidungen und der Verwendung von Nahrungspflanzen für die Biotreibstoffproduktion durchaus für gegeben.

Um diese Gefahr zu bannen, sind einige Länder dazu übergegangen, Getreidereserven anzulegen. "Ich weiß nicht, wie sich der Libanon diesbezüglich verhält", meint Breisinger. Angesichts des fehlenden staatlichen Überblicks, der verbreiteten Korruption, der gnadenlosen Wetterbedingungen, der derzeitigen Flüchtlingskrise und der sich verschlechternden ökonomischen Verhältnisse könnte die Lage außer Kontrolle geraten.

Wie Saade erläutert, ist die Nahrungsversorgung aufgrund der finanziellen Unterstützung der Geber noch erträglich. Doch die Gefahr schwindender Mittel sei immer gegeben. Er weist darauf hin, dass gerade die Flüchtlingspopulationen auf Nahrungsmittelhilfen angewiesen sind, weil sie weitgehend aus Frauen und Kindern bestehen, die geringe bis gar keine Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. (Ende/IPS/kb/2014)


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http://www.ipsnews.net/2014/07/food-insecurity-a-new-threat-for-lebanons-syrian-refugees/

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veröffentlicht im Schattenblick zum 25. Juli 2014