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MARKT/1987: Milch in goldenen Zeiten (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 361 - Dezember 2012
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Milch in goldenen Zeiten

von Claudia Schievelbein



Von einem "goldenen Milchjahr" wurde auf dem gerade gewesenen jährlichen Treffen der weltweiten Milchwirtschaftsvertreter im südafrikanischen Kapstadt gesprochen. Zwar ging es da eher um das vergangene als um das laufende Jahr, aber trotzdem fragt sich sicher so mancher Bauer und manche Bäuerin, was den goldenen Glanz in seinem Kuhstall ausgemacht hat. Denn was die Milchwirtschaft als golden ansieht, eine überdurchschnittliche Produktionsausweitung von 2,5 Prozent mehr Milch weltweit, droht so manchem Erzeuger das Genick zu brechen. Dabei ist es nicht unbedingt so, dass durch das Vorhandensein von viel Milch auf dem Markt ihr Wert sinkt.


Gestiegener Rohstoffwert

Das Kieler Informations- und Forschungs-Zentrum für Ernährungswirtschaft (ife) vermeldete im Oktober für den fünften Monat in Folge verbesserte Verwertungsmöglichkeiten für Milch, was deren Wert auf 35,3 Cent pro Liter steigen ließ. Warum zumindest dieser Wert nicht wenigstens bei den Bauern und Bäuerinnen als Auszahlungspreis ankommt, bleibt offen. Stattdessen sind bei Müllermilch in Sachsen 27 Cent lange das Ende der Fahnenstange gewesen. Und nachdem als große Erfolgsmeldung die Trinkmilchabschlüsse mit dem Handel bei 9 Cent mehr gefeiert wurden, erwarteten viele nun endlich "einen Schluck aus der Pulle". Dabei warnte Kirsten Wosnitza vom Bundesverband deutscher Milchviehhalter (BDM) wohl ahnend, dass es mehr ein Schlückchen von 2 bis 3 Cent werden könnte. Auch das war mancherorts noch zu positiv gedacht, einen Cent mehr zahlt der internationale Molkerei-Konzern Arla seinen Bauern und Bäuerinnen und schlägt damit Pflöcke ein.


Internationalisierung

Was machen die Molkereien nun mit der Marge? Die Arla kündigte an, deutsches Magermilchpulver ab demnächst auf der internationalen Handelsplattform Global Dairy Trade zu versteigern, erweitert "sein Produktportfeuille für internationale Kunden". Denn "eine wettbewerbsorientierte Milchproduktion auf den Betrieben und eine gute Positionierung der Molkereiwirtschaft auf dem deutschen und internationalen Markt müssen einen nachhaltigen Milchpreis sichern", erklärten Arla Deutschland Geschäftsführer Tim Ørting Jørgensen und Bauernverbands-Milchpräsident Udo Folgart gemeinsam. Und fügten gleich noch hinzu, dass "staatlich vorgeschriebene oder allgemeinverbindliche Markteingriffe bei der Milch ein Instrument aus der Mottenkiste" seien und die deutsche Milchwirtschaft schädigten. Internationale Kundenpflege wird allerdings nicht nur Geld einbringen, sondern auch etwas kosten. 100 Mio. Euro will jedenfalls die deutsche Hochwald-Molkerei im Rahmen des Konzepts "Höhere Wertschöpfung durch Internationalisierung und Wachstum" in "wertschöpfungsstarke Produkte und Exportmärkte investieren", wie ihr Geschäftsführer Karl-Heinz Engel mitteilte. Immerhin bleiben noch 4 Cent bei Hochwald zur Erhöhung des Milchauszahlungspreises. Das ist fast doppelt so viel wie der niederländische Molkerei-Konzern Friesland/Campina seinen Bauern und Bäuerinnen mehr zahlen will. Es gebe bereits Rohstoffmangel bei Verarbeitern, ließ man verlauten. Und Friesland/Campina berichtet auch von Bestrebungen, gemeinsam mit dem Weltkonzern Unilever eine Nachhaltigkeitsstrategie zu entwickeln. Das kostet sicher auch Geld. Ansonsten darf man den Molkereien unterstellen, dass ihnen noch tausend andere Möglichkeiten einfallen, ihre Einnahmen gewinnmaximierend anzulegen, anstatt sie den Bauern und Bäuerinnen auszuzahlen.


Solidargemeinschaft

Weder Molkereien, noch die Politik werden den Milcherzeugern einen auskömmlichen Milchpreis zukommen lassen, das können sie nur selbst durch eine Steuerung der Menge. Das wird umso wichtiger, wenn das letzte begrenzende Instrument, die Quote, ausläuft. Aber Selbstdisziplin ist nicht das, was den meisten an der Stelle als erstes einfällt. Josef Jacobi von der Upländer Bauernmolkerei will denn auch gemeinsam mit den Mitgliedern eine "flexible Mengenregulierung auf der Basis der Quote" debattieren. In Zeiten von geringen Preisen und Wachstumspredigern in der Beratung wird das nicht nur auf Begeisterung stoßen. Bernd Schmitz, Milchbauer aus dem Rheinland, sieht aus der Solidargemeinschaft der Milchbauern zu Zeiten des Streiks eine Schicksalsgemeinschaft entstehen. Das Wachstum der Betriebe ist allgegenwärtig und auch der Frust derer, die zurückbleiben. Dabei sagt Schmitz, es gebe genug Beispiele, dass Größe eben nicht die Lösung ist, weder global, noch individuell. Die Spirale abwärts dreht sich nur umso schneller, je mehr mitmachen. Vielleicht ist das die wichtigste Erkenntnis all derer, die Ende November mobilisiert durch den Bundesverband deutscher Milchviehhalter wieder einmal mit dem Trecker nach Brüssel fahren und damit Solidarität einmal mehr hautnah erleben.

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 361 - Dezember 2012 2012, S. 7
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veröffentlicht im Schattenblick zum 27. Dezember 2012