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MARKT/2072: Das Quotenende wirft seine Schatten (UBS)


Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014
Die Zeitung von Bäuerinnen und Bauern

Das Quotenende wirft seine Schatten

Sind die aktuellen Preisentwicklungen und Überlieferungen schon vom Quotenende 2015 beeinflusst?



Schon seit einigen Monaten warnen die Marktbeobachter vor einer gewaltigen Überlieferung der Milchmenge in Deutschland. Es könnte das letzte Jahr sein, in dem die Mengen durch die Quoten reguliert werden. Es könnte eine Aufbruchstimmung sein, die schon jetzt zum "Durchstarten" einzelner Betriebe und zur Überlieferung in diesem Jahr führt. Auf bis zu 10 Cent/kg werden sich die anteiligen Kosten für die Superabgabe im Milchwirtschaftsjahr 2014/15 nach den aktuellen Zwischenberechnungen des Verbandes der Milcherzeuger Bayerns für jede einzelbetriebliche Überschreitung belaufen. Im vergangenen Milchwirtschaftsjahr wurde die Quote um 1,9 Prozent überliefert. In diesem Jahr sind es aktuell 4,4 Prozent. Da im gesamten Bundesgebiet die Milchproduktion zugenommen hat' rettet auch die Saldierung nicht. Einzig ein innerbetriebliches Zurückfahren der Milchproduktion kann überliefernde Betriebe vor hohen Zusatzkosten bewahren.

Milchpoker

Ob im letzten Quotenjahr eine Superabgabe überhaupt eine rechtliche Grundlage besitzt, wird indes unter anderem vom Bundeslandwirtschaftsministerium und dem Deutschen Bauernverband angezweifelt. Die Argumentation: Die Quote endet offiziell mit der ersatzlosen Aufhebung der milchquotenrechtlichen Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 am 31.3.2015. Damit fiele eine rechtliche Grundlage für die Superabgabe nach diesem Termin weg. Die Bescheide zur Zahlung der Superabgabe könnten aber erst nach dem 31. März 2015 verschickt werden, hätten aber dann keine rechtliche Grundlage mehr. Der juristische Dienst der EU-Kommission allerdings kommt zur gegenteiligen Einschätzung und verweist auf den Europäischen Gerichtshof zur endgültigen Klärung. Es scheint also durchaus die Möglichkeit zu bestehen, dass expansionswillige Betriebe sich schon in diesem, letzten Quotenjahr durch Aufstockung und damit Überlieferung in eine gute Position für die Zeit nach der Quote bringen, ohne sanktioniert zu werden.

Wachsen als Rettung

Der Weg in immer größere Einheiten scheint immer noch für viele Betriebe eine Zukunftsperspektive darzustellen. Die aktuellen Preisentwicklungen sollten indes nachdenklich machen. Denn auch dann müssen Kosten erwirtschaftet und Löhne gezahlt werden. Dr. Theo Göbbel von der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen warnt vor möglichen negativen Preisentwicklungen. Milchbauern sollten statt mit derzeit ca. 40 Cent Milchpreis (inkl. Zuschläge, ohne Mehrwertsteuer) vorsichtshalber mit 30 Cent kalkulieren. Neben 850 Euro weniger Einnahmen bei einer Kuh mit 8.500 Litern Leistung rechnet Göbbel mit Mindereinnahmen von 300 bis 500 Euro durch niedrige Erlöse aus dem Schlachtkuh- und Kälberverkauf. Zehn Cent Differenz, Panikmache oder bevorstehende Realität? Die Vergangenheit zeigt, dass schnelle Preisänderungen möglich sind.

Freier Markt

Bisher sollte die Quote zumindest den Milchpreis zu einer kalkulierbaren Größe machen. Die nie am tatsächlichen Verbrauch ausgerichtete, sondern immer zu hohe Milchquote hat diese Aufgabe schon in ihrem 30 jährigen Bestehen nicht erfüllt. Die vom European Milk Board (EMB) ausgearbeiteten Veränderungen, eine kurzfristige Anpassung der Produktionsmenge am tatsächlichen Verbrauch, waren politisch nicht gewollt. Die Forderung des Verbandes, die Milchproduktion verantwortlich von den Milchbauern selbst zu organisieren, um so auskömmliche Preise zu realisieren, war auch innerhalb der Milchbauern umstritten.

Ciolos Erbe

Den freien Markt, der von Seiten des deutschen (DBV) und europäischen Bauernverbands (COPA-COGECA) immer wieder als Argument zur Abschaffung der Quote genannt wurde, macht diesen selbst aber offenbar auch Sorge. Zumindest fordert COPA-COGECA: "Die Kommission soll erörtern, wie Preisvolatilitäten zukünftig begegnet wird." Nach der Nominierung des Iren Phil Hogan zum neuen EU-Agrarkommissar warnt das EMB vor einem Kurswechsel in der Milchpolitik. "Ciolos hat wichtige Themen - wie die Beobachtungsstelle für den Milchmarkt - angepackt und umgesetzt. Und ihm ist auch die Kommunikation mit den Organisationen wichtig, die die Erzeuger wirklich vertreten", sagt Erwin Schöpges, Vorstandsmitglied des EMB. Auch für die EMB-Vizevorsitzende Sieta van Keimpema ist es wichtig, dass der neue Kommissar die begonnene Arbeit zu Ende führt. Sie verweist auf den russischen Importstopp, der zeige, dass es nötig ist, Instrumente zur Verfügung zu haben, um auf derartige Marktverwerfungen preisstabilisierend reagieren zu können. Zumindest in diesem Punkt sind sich die Befürworter einer starken Marktregulierung und die Befürworter des Quotenendes einig. Der Markt darf sich nicht selbst überlassen werden!   mn

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Quelle:
Unabhängige Bauernstimme, Nr. 381 - Oktober 2014, S. 6
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veröffentlicht im Schattenblick zum 22. November 2014