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ASYL/1424: Niedersachsen muss zum sicheren Hafen werden (Flüchtlingsrat Niedersachsen)


Flüchtlingsrat Niedersachsen - 8. November 2019

Niedersachsen muss zum sicheren Hafen werden!


Nach dem Besuch des niedersächsischen Innenministers Boris Pistorius in Griechenland sind nun die Landesregierung und der Landtag am Zug. Niedersachsen muss Sicherer Hafen werden und die in Aussicht gestellte Aufnahme von Menschen auf der Flucht rasch umsetzen. Ein Sicherer Hafen ist ein Ort der Aufnahme für Schutzsuchende, etwa von Menschen, die aus Seenot gerettet wurden, die in den libyschen Horrorcamps interniert sind oder die unter widrigsten Bedingungen in den "Hotspots" auf den griechischen Inselns festsitzen.

In ihrer letzten Sitzung hat die Kommission zu Fragen der Migration und Teilhabe dem Innenausschuss des niedersächsischen Landtags empfohlen, den Antrag der grünen Landtagsfraktion anzunehmen, mit dem Niedersachsen zum Sicheren Hafen werden soll. Der Landtag sollte diesen Antrag rasch annehmen; zugleich sollten Landtag und Landesregierung das Ansinnen des niedersächsischen Innenministers unterstützen.

Vor wenigen Tagen hatte Innenminister Pistorius nach seinem Besuch auf Lesbos dafür geworben, unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von den griechischen Inseln zu holen und innerhalb der EU zu verteilen.

"Es ist nicht einfach, nach diesen Eindrücken, gerade nach dem Besuch von Flüchtlingslagern in Lesbos, einfach zur Tagesordnung überzugehen. Das Leid der über eintausend unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge auf Lesbos hat mich besonders berührt. Für diese Kinder gibt es ohne externe Hilfe kaum eine Perspektive, das ist eine 'lost generation'. Hunderte von ihnen leben in Zelten oder unter Plastikplanen unter furchtbaren Bedingungen - direkt neben dem völlig überfüllten Flüchtlingslager in Moria. Sie leben mit der Gefahr von Übergriffen durch Erwachsene und sind dabei selbst durch die Flucht traumatisiert. Ich werde jetzt prüfen lassen, wie wir gerade dieser Gruppe von Kindern und Jugendlichen von Deutschland aus helfen können. Ich werde unter meinen Amtskollegen und bei Bundesinnenminister Horst Seehofer dafür werben, dass eine Koalition der Willigen in Deutschland und Europa sich um diese Kinder kümmert, damit sie etwa über Sonderkontingente schneller in andere europäische Länder gebracht werden. Die Not vor Ort ist gerade jetzt mit dem bevorstehenden Winter zu groß, um das tatenlos mit anzusehen."
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius, 5. November 2019

Die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen muss jedoch mit weiteren Schritten verbunden werden, denn das perfide System der EU-Abschottungspolitik produziert fortlaufend neue Opfer. Insofern ist es wichtig, die EU-Abschottungspolitik und das Hotspot-System grundsätzlich in Frage zu stellen: Wenn die EU die Ägäis abriegelt und am Deal mit der Türkei festhält, überlässt sie die Menschen auf der Flucht dem türkischen Regime, das massenhafte Abschiebungen in den syrischen Krieg vorbereitet und ethnische Säuberungen im besetzten Nordsyrien plant. Die Hotspots auf den griechischen Inseln wiederum dienen als Orte der Abschreckung, in denen Menschenrechte systematisch verletzt werden. Die Hotspots müssen geschlossen und alle Menschen innerhalb der EU verteilt werden. Nur so lassen sich die Rechte der Menschen auf der Flucht wahren.

Wir fordern von der niedersächsischen Landesregierung, dass sie das Land Niedersachsen zum "Sicheren Hafen" erklärt. Dieser Schritt muss weitere Konsequenzen haben. Wir fordern darüber hinaus

• eine klare Positionierung gegen den EU-Türkei-Deal, an dem die Bundesregierung trotz der Unterdrückung der demokratischen Opposition und Zivilgesellschaft im eigenen Land und der Ankündigung einer massenhaften Zwangsumsiedlung syrischer Flüchtlinge festhält,

• die Unterstützung unserer Forderung nach sofortiger Evakuierung der Lager und Schließung der Hotspots auf den griechischen Inseln

• die sofortige Aufnahme eines Kontingents von 1000 Geflüchteten aus Moria als Beitrag Niedersachsens zur Umsetzung einer menschenrechtsbasierten Außen-und Migrationspolitik in globaler Verantwortung

• ein glaubwürdiges Eintreten für ein Ende der Waffenexporte aus Niedersachsen an die türkische Regierung

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Quelle:
Flüchtlingsrat Niedersachsen e.V.
Röpkestr. 12, 30173 Hannover
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Internet: www.nds-fluerat.org


veröffentlicht im Schattenblick zum 11. November 2019

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