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ASYL/859: Landgericht Kassel erklärt Frankfurter Abschiebungshaft für unzulässig (Pro Asyl)


Pro Asyl - Pressemitteilung vom 16. April 2014

Landgericht Kassel erklärt Frankfurter Abschiebungshaft für unzulässig

PRO ASYL fordert umgehende Entlassung aller Abschiebungshäftlinge aus der JVA Preungesheim



Das Landgericht Kassel hat am letzten Montag den Vollzug von Abschiebungshaft in Frankfurter Justizvollzugsanstalt (JVA) im Eilbeschluss ausgesetzt, da Zweifel an der Rechtsmäßigkeit bestünden. Das Gericht ordnete an, den Betroffenen unverzüglich aus der Haft zu entlassen. Hintergrund ist, dass derzeit ein Verfahren vor dem EuGH anhängig ist bei dem geklärt werden soll, ob der Vollzug von Abschiebungshaft in Deutschland mit EU-Recht vereinbar ist.

PRO ASYL sieht sich in der Auffassung bestätigt, dass der Vollzug von Abschiebungshaft in Gefängnissen, die dem Strafvollzug dienen, bis zur EuGH-Entscheidung unzulässig ist. "Wir fordern das Land Hessen auf, umgehend alle Abschiebungshäftlinge aus der JVA Preungesheim zu entlassen. Alles andere grenzt an Freiheitsberaubung", sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL.

Für die Betroffenen wirkt sich der Vollzug in einer JVA so aus, dass sie die dort herrschenden Restriktionen wie extreme Sicherheitsmaßnahmen, Handyverbote oder eingeschränkte Besuchszeiten zu erdulden haben.

In der JVA Preungesheim werden männliche Abschiebungshäftlinge in einem gesonderten Trakt der JVA inhaftiert. Allerdings ist damit dem europäischen Trennungsgebot nicht genüge getan, das bei Vorliegen spezieller Abschiebungshafteinrichtungen einen Vollzug in der Strafhaft nicht erlaubt. Noch problematischer verhält es sich für weibliche Abschiebungshäftlinge in Frankfurt. Sie werden gar nicht von Untersuchungshäftlingen getrennt. Dies ist nach Auffassung von PRO ASYL mit der EU-Rückführungsrichtlinie nicht vereinbar.

Art. 16 der Richtlinie lautet: "Die Inhaftierung erfolgt grundsätzlich in speziellen Hafteinrichtungen. Sind in einem Mitgliedstaat solche speziellen Hafteinrichtungen nicht vorhanden und muss die Unterbringung in gewöhnlichen Haftanstalten erfolgen, so werden in Haft genommene Drittstaatsangehörige gesondert von den gewöhnlichen Strafgefangenen untergebracht."

Demnach ist der Umgang mit weiblichen Inhaftierten in Hessen ganz offensichtlich rechtswidrig. In der JVA Preungesheim werden immer wieder weibliche Abschiebungshäftlinge mit Untersuchungshäftlingen inhaftiert. Dies verletzt das Trennungsgebot der Richtlinie.

Wie das Landgericht Kassel jetzt festgestellt hat, ist aber auch die Haftpraxis gegenüber Männern nicht zulässig, solange der EuGH nicht entschieden hat. Sehr vieles spricht dafür, dass der EuGH generell den Vollzug von Abschiebungshaft in gewöhnlichen Strafhaftanstalten in Deutschland für unzulässig erklären wird. Denn nach der Richtlinie darf nur in gewöhnlichen Haftanstalten inhaftiert werden, wenn es keine speziellen Abschiebungshafteinrichtungen gibt. Die sind in Deutschland jedoch, z.B. in Ingelheim, vorhanden.

Mit einem Urteil des EuGH wird in den kommenden Monaten gerechnet. Am 8. April 2014 fand die mündliche Verhandlung in Luxemburg statt. Am 30. April wird der Generalanwalt plädieren. Bei der Vorlage an den EuGH ging es unter anderem auch um einen Fall aus Frankfurt. Betroffen war eine Syrerin, die Anfang 2011 in der Frankfurter Justizvollzugsanstalt in Abschiebungshaft genommen wurde. Sie wird vom Rechtsanwalt, Peter Fahlbusch aus Hannover vertreten.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 16. April 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 18. April 2014