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ASYL/868: Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien (Pro Asyl)


Pro Asyl - Presseerklärung vom 23. Mai 2014

Schwere Menschenrechtsverletzungen an Flüchtlingen in Bulgarien

PRO ASYL und der Flüchtlingsrat Niedersachsen fordern Abschiebungsstopp



PRO ASYL und dem Flüchtlingsrat Niedersachsen liegen Berichte von syrischen Flüchtlingen vor, die sehr detailliert erniedrigende Behandlung und schwere Misshandlungen bei ihrem Aufenthalt in bulgarischen Flüchtlings- und Haftlagern beschreiben. Auszüge der Berichte finden Sie im Anhang.

Die Aussagen bezeugen mehrtägige Inhaftierung von Familien ohne Schutz vor Kälte, teils mit systematischem Nahrungs- und Flüssigkeitsentzug. Sie berichten von Polizeigewalt und erniedrigender Behandlung, von überfüllten Flüchtlingsunterkünften, in denen Nahrungsmangel grassiert, in denen katastrophale hygienische Bedingungen herrschen und in denen sich bulgarisches Lagerpersonal durch Korruption an der Not der Flüchtlinge bereichert. Sie berichten über mangelnde medizinische Versorgung und Fälle unterlassener Hilfeleistung mit Todesfolge. Sie berichten, dass Flüchtlinge unter den Augen von bulgarischen Polizisten Opfer von rassistischen Angriffen werden.

Die Bundesregierung bereitet derzeit eine hohe Zahl von Abschiebungen nach Bulgarien vor. So wurden im ersten Quartal 2014 629 Überstellungsgesuche an Bulgarien gestellt, um von Bulgarien nach Deutschland weitergeflohene Schutzsuchende im Rahmen der Dublin-III-Verordnung rücküberstellen zu können. Diese Abschiebungen dürfen nicht vollzogen werden. Der Flüchtlingsrat Niedersachsen und PRO ASYL fordern einen sofortigen Abschiebungsstopp nach Bulgarien.

Über 2500 Asylsuchende und Flüchtlinge habe seit Ende 2013 Bulgarien verlassen um in anderen EU-Staaten Schutz zu suchen. Laut Human Rights Watch waren in Bulgarien Mitte Dezember 2013 9.247 Asylsuchende und anerkannte Flüchtlinge registriert, am 19. März 2014 waren es nur noch 6.832.

In Bulgarien werden alle irregulär einreisenden Schutzsuchenden systematisch inhaftiert. Familien und Einzelpersonen müssen in überfüllten Hallen leben, die keinerlei Privatsphäre bieten, teilweise mit mangelndem Heizsystem und kaum elektrischer Versorgung. Ausreichend sanitäre Einrichtungen fehlen. Die Versorgung von Babys und Kleinkindern ist nicht gewährleistet. Diese Mängel dokumentieren auch UNHCR und amnesty international.

Nach Angaben des Bulgarischen Helsinki-Komitees finden auch Schutzsuchenden, denen in Bulgarien ein Schutzstatus gewährt wurde, praktisch keinen Schutz: Sie erhalten keine Unterstützung bei der Wohnungssuche, beim Spracherwerb oder bei der Suche nach Arbeit.

Seit November 2013 hat der bulgarische Grenzschutz die Abriegelung der bulgarisch-türkischen Grenze mit zusätzlich rund 1.500 Polizeibeamten verstärkt. Ende 2013 wurde mit dem Bau eines 30 Kilometer langen Grenzzaunes begonnen. Kamen im Herbst letzten Jahres noch fast 8.000 Menschen über die türkisch-bulgarische Grenze, waren es von Januar bis März 2014 nur gut 370. Bei dieser Form der "Grenzsicherung" schrecken die Bulgarischen Grenzschützer auch nicht vor illegalen "Push-Backs" zurück. Durch solche Zurückweisungen wird der Zugang zu einem Asylverfahren völkerrechtswidrig verhindert. UNHCR berichtet von Fällen von Flüchtlingen aus Syrien, Afghanistan dem Sudan, die an der Grenze zurückgewiesen wurden.

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Quelle:
Pro Asyl - Presseerklärung vom 23. Mai 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 24. Mai 2014