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ASYL/909: Geplante Zwangsverteilungen von unbegleiteten Minderjährigen verletzen Kindeswohl (Pro Asyl)


PRO ASYL - Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge e.V.
Presseerklärung vom 19. November 2014

25. Jahrestag der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November

PRO ASYL: Geplante Zwangsverteilungen von unbegleiteten Minderjährigen verletzen Kindeswohl

Zahlreiche Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland nicht umgesetzt



Anlässlich des 25. Jahrestages der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention am 20. November fordert die Bundesweite Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, sich in der Flüchtlingspolitik an die Vorgaben der UN Kinderrechtskonvention zu halten. Die derzeitigen Pläne verschiedener Innenminister, zukünftig auch unbegleitete minderjährige Flüchtlinge einem bundesweiten Verteilungsmechanismus zu unterwerfen, verletzen das Kindeswohl. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hatte die bayerische Landesregierung vorgelegt. Danach sollen auch unbegleitete minderjährige Asylsuchende ähnlich wie Erwachsene proportional auf die Bundesländer verteilt werden.

"Wer die Kinderrechte ernst nimmt, darf Minderjährige nicht als reinen Kostenfaktor betrachten", sagte Marei Pelzer, rechtspolitische Referentin von PRO ASYL. "Wir lehnen eine zwangsweise Verteilung der Minderjährigen auf die Bundesländer ab", so Pelzer weiter.

Der Initiative Bayerns liegen rein fiskalische Gesichtspunkte zugrunde - Überlegungen zu den Auswirkungen auf die allein reisenden Minderjährigen werden dabei nicht angestellt.

Eine solche Verteilung würde gegen das Kindeswohl, das laut UN-Kinderrechtskonvention vorrangig zu berücksichtigen ist, verstoßen. Es bestünde die Gefahr, dass das sog. Clearing-Verfahren, in dem die Bedürfnisse der betroffenen Minderjährigen ermittelt werden, unterbrochen würde. Was Kinder jedoch brauchen, wenn sie nach Deutschland kommen, ist das Gefühl der Sicherheit.

Gegen die Pläne der Verteilung spricht auch, dass sich in den letzten Jahren sehr gute Strukturen in einer ganzen Reihe von Kommunen etabliert haben, die den Bedarfen der Jugendlichen gerecht werden. Einen wesentlichen Anteil hieran haben die Fachkräfte in Einrichtungen und Jugendämtern. "Man kann besser Gelder verschieben als Menschen. Statt etablierte Strukturen nicht mehr zu nutzen, sollte man lieber einen finanziellen Ausgleichsmechanismus zwischen den Bundesländern schaffen", forderte Marei Pelzer. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass sich die Zahl der unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge im Rahmen (2.500 Erstanträge von unbegleiteten Minderjährigen im Jahr 2013) hält.

Neben der aktuellen Problematik kritisiert PRO ASYL, dass zahlreiche Vorgaben aus der UN-Kinderrechtskonvention nach wie vor noch nicht in Deutschland umgesetzt sind. Nicht einmal die Ankündigung der Großen Koalition in ihrem Koalitionsvertrag ist bislang umgesetzt. Darin heißt es: "Wir werden die Handlungsfähigkeit im Asylverfahrens- und Aufenthaltsrecht auf 18 Jahre anheben und dadurch den Vorrang des Jugendhilferechts für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge festschreiben."

Der UN Ausschuss für die Rechte des Kindes hatte Anfang 2014 darüber hinaus in seinem Staaten Bericht den Stand zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention in Deutschland kritisiert. Dabei wurde u.a. der mangelhafte Zugang zur Bildung, zu finanziellen Fördermöglichkeiten (BAFöG) sowie die niedrigen Standards bei der medizinischen Versorgung, die Unterbringung in Erstaufnahmeeinrichtungen sowie die entwürdigenden Verfahren zur Altersfeststellung kritisiert.

PRO ASYL fordert, dass die Bundesregierung den 25. Jahrestages der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention zum Anlass nimmt, dem Kindeswohlgedanken auch in der Flüchtlingspolitik endlich zum Durchbruch zu verhelfen. Die hierzu nötigen Vorschläge liegen seit langem auf dem Tisch.

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Quelle:
Pro Asyl - Pressemitteilung vom 19. November 2014
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veröffentlicht im Schattenblick zum 20. November 2014