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DEMOS/054: Gelöbnis in Berlin - Demonstrationsrecht unter Militärdiktat (Grundrechtekomitee)


Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
Pressemitteilung vom 20. Juli 2009

Gelöbnis in Berlin: Demonstrationsrecht unter Militärdiktat


Das polizeilich erlassene Demonstrationsverbot für Antimilitaristen in Berlin am 20. Juli 2009 ist inzwischen gerichtlich bestätigt worden. Dies bedeutet einen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte, der mit den Prinzipien eines demokratischen Rechtsstaates nicht vereinbar ist. Im Auflagenbescheid und in der gerichtlichen Entscheidung fallen die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger der Zurschaustellung und feierlichen Selbstinszenierung des bundesdeutschen Militärs zum Opfer. Die Versammlungsfreiheit wird zum "Kommunikationsgrundrecht" erklärt, das sich höchstens lautlos zu äußern habe. Folgt man dem Auflagenbescheid, scheint die aktuell größte Bedrohung der Bundeswehr nicht von den "Taliban am Hindukusch", sondern von "nautischen Hörnern" in Berlin auszugehen.

Der Auflagenbescheid gipfelt in dem Hinweis, dass die Bundeswehr maximal "konstruktive Kritik" hinzunehmen habe. Das Recht auf freie Meinungsäußerung wird damit staatlicherseits an absurdum geführt. "Bau auf! Bau auf!" soll der Bürger auf der Gelöbnis-Demonstration am Reichstag singen, damit sich die Armee konstruktiv kritisiert fühlen darf. Sind wir wieder im Jahre 1914?

Wahllos zitiert der Auflagenbescheid diverse Aktionen aus den letzten 13 Jahren, die im Kontext von öffentlichen Gelöbnissen von Soldaten zu staatsorganischer Beunruhigung geführt haben. Diese Aufzählung "erheblicher Störungen" ist aber völlig ungeeignet, eine Demonstration als ganze präventiv zu verbieten. Selbst gewalttätige Einzelereignisse dürfen laut geltender Rechtsprechung nicht zum Verbot einer gesamten Demonstration, erst recht nicht präventiv, führen.

Ein Staat, der die Grundrechte dem Diktat militärischer Selbstdarstellung unterwirft, gibt sich als demokratischer Staat auf. Eine Bundesregierung, die ihre Armee in als Aufbauhilfe getarnte völkerrechtswidrige Kriege schickt, muss mit lautem demokratischen Widerspruch rechnen. Unruhe heißt die erste Bürgerpflicht in Berlin am 20. Juli 2009!

gez. Martin Singe


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Quelle:
Pressemitteilung vom 20. Juli 2009
Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
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veröffentlicht im Schattenblick zum 21. Juli 2009