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DEMOSKOPIE/747: Jeder Zweite weltweit hält sozialistische Ideale für wertvoll (IPSOS)


Ipsos - Pressemitteilung vom 2. Mai 2018

Jeder Zweite weltweit hält sozialistische Ideale für wertvoll


  • Die Hälfte der Menschen rund um den Globus denkt, dass heute sozialistische Ideale von großem Wert für den gesellschaftlichen Prozess seien. Gleichzeitig stimmt jeder zweite Befragte zu, dass der Sozialismus ein System politischer Unterdrückung, Massenüberwachung und staatlichen Terrors sei.
  • Deutschen ist soziale Gerechtigkeit wichtiger als individuelle Freiheit.
  • Weltweit denken acht von zehn Menschen, dass die Reichen höher besteuert werden sollten, um die Armen zu unterstützen.
  • Sieben von zehn Menschen meinen, dass jeder Einwohner das Recht auf ein bedingungsloses Grundeinkommen haben sollte.

Die neueste Ipsos Global Advisor Umfrage wurde in 28 Ländern weltweit durchgeführt und erforscht die Einstellungen der Bevölkerung zu sozialistischen Ideen im 21. Jahrhundert. Die Ergebnisse beleuchten eine große Bandbreite an Meinungen und Gefühlen, Skepsis und Zustimmung innerhalb der verschiedenen Länder.


Sozialismus - wertvolle Ideale aber real mit schlechten Noten

Die Hälfte der Menschen weltweit (50%) stimmt zu, dass heute sozialistische Ideale von großem Wert für den gesellschaftlichen Prozess seien. In Deutschland unterstützen 45 Prozent der Befragten diese Ansicht. Es verwundert nicht, dass die stärkste Zustimmung aus China kommt aber auch in Indien (72%) und Malaysia (68%) schließen sich Mehrheiten dieser Meinung an. Die USA (39%), Frankreich (31%) und Ungarn (28%) sind sozialistischen Idealen deutlich weniger zugeneigt. In Japan glaubt sogar nur jeder fünfte Befragte (20%), dass sozialistische Ideen von Wert für den gesellschaftlichen Prozess seien.

Fast jeder zweite Befragte weltweit (48%) hält den Sozialismus für ein System politischer Unterdrückung, Massenüberwachung und staatlichen Terrors. In Indien (66%), den USA (61%) und Südkorea (60 %) stimmten fast zwei Drittel der Befragten dieser Aussage zu. In Deutschland hält jeder Zweite (49%) den Sozialismus für ein System der Unterdrückung. In Schweden (34%), China (31%), Spanien (30%) und Russland (29%) denkt nur eine Minderheit so negativ über den Sozialismus.

Nur ein Drittel (33%) der Befragten glaubt im Übrigen, dass die Arbeiterklasse in ihrem politischen System gut repräsentiert sei. In Deutschland ist dieser Wert mit 35 Prozent fast identisch. Diese Aussage fand hingegen große Zustimmung in Saudi-Arabien (64 %), Indien (63%) und China (60%). Franzosen (19%), Mexikaner (19%) und Serben (14%) stimmten ihr am wenigstens zu.

Länder mit freier Marktwirtschaft dezent positiv eingestellt

Zwei Drittel der Menschen weltweit (66%) stimmen zu, dass die freie Marktwirtschaft das Beste aus den Menschen hervorbringt. Sozialistische Ideale und freie Marktwirtschaft müssen nicht unbedingt als Widerspruch gesehen werden. So stimmen vor allem Befragte in Indien (86%) und Malaysia (84%), die, wie gezeigt wurde, ebenfalls sozialistischen Idealen zugeneigt sind, hier den positiven Aspekten der freien Marktwirtschaft zu. In den Ländern mit existierender freier Marktwirtschaft ist die Zustimmung zu dieser Aussage weniger überschwänglich, nur ungefähr die Hälfte der Befragten aus Schweden (52%), Belgien (51%), Deutschland (49%) und Frankreich (43%) stimmen zu.

Individuelle Freiheit wichtiger als soziale Gerechtigkeit

Insgesamt denkt jeder zweite Teilnehmer dieser Studie (52%), dass individuelle Freiheit wichtiger sei, als soziale Gerechtigkeit. Bei Menschen in Indien (72%), den USA (66%) und Südafrika (64%) ist dieser Gedanken am stärksten ausgeprägt. Wohingegen die Menschen in Deutschland (38%), China (37%) und Frankreich (36%) am wenigsten dazu neigen, dieser Aussage zuzustimmen.

Fast sieben von zehn Befragten (69%) finden es richtig, dass talentierte Menschen mehr verdienen, als solche, die weniger begabt sind. Rumänen und Russen (je 82%), Südkoreaner und Chinesen (je 81%) sind überdurchschnittlich davon überzeugt, während nur die Hälfte der Befragten in Belgien (56%), Frankreich (51%) und Deutschland (47%) so denken.

Acht von zehn Deutschen wollen höhere Steuern für die Reichen zugunsten der Armen

Über alle 28 Länder hinweg denken acht von zehn Menschen (78%), dass die Reichen höhere Steuern zahlen sollten, um die Armen zu unterstützen. Die Zustimmung hierzu ist in Spanien (87%), Serbien, China (je 86%) und in Russland (85%) am höchsten. Auch in Deutschland sind 81 Prozent dieser Meinung. Am wenigsten ist man in den USA (67%), Brasilien (66%) und Südafrika (58%) davon überzeugt, dass reiche Menschen zugunsten der Armen mehr Steuern zahlen sollten.

Große Mehrheiten in allen 28 Befragungsländern sind der Meinung, dass Bildung gebührenfrei sein sollte (89%) und Gesundheitsfürsorge ein Menschenrecht sei (87%). Einzig in Japan können sich nur 47 Prozent mit der Aussage zur Gesundheitsfürsorge anfreunden.

Große Zustimmung für bedingungsloses Grundeinkommen - auch in Deutschland

69 Prozent der Befragten stimmten zu, dass jeder Einwohner ein bedingungsloses Grundeinkommen haben sollte. Vor allem in Russland (95%), der (87%) und in Indien (83%) fand diese Idee Anklang. Auch in Deutschland votiert eine große Mehrheit von 70 Prozent für ein bedingungsloses Grundeinkommen. Die Schweden (56%), Argentinier (53%) und Japaner (38%) waren weniger überzeugt.

Dr. Robert Grimm, Leiter der Sozial- und Politikforschung bei Ipsos Deutschland, wundert sich, dass beinahe 30 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer und 200 Jahre nach der Geburt von Karl Marx sich sozialistische Ideale eines starken Zuspruchs erfreuen, denn "ideologische

Gegensätze zwischen Kollektivismus und Marktwirtschaft waren prägend für die Konflikte das 21. Jahrhundert. Dass die Deutschen sich nach einer sozialistisch geprägten Gemeinschaft mit eingeschränkter individueller Freiheit sehnen, bleibt zu bezweifeln. Trotzdem ist es vorstellbar, dass das Vertrauen in das gegenwärtige neoliberale Wirtschaftssystem, das geprägt ist von krisengeschüttelten international operierenden Konzernen und strukturellen systemischen Schwächen (Finanz- und Eurokrise), bei vielen Bürgern verloren ging. Die Daten sind eventuell indikativ für einen Reformwillen der Bürger hin zur sozialen und nachhaltigen Marktwirtschaft nicht aber zur Abschaffung der Marktwirtschaft."


Methodik:

Insgesamt wurden 20.793 Menschen zwischen dem 23.03 und dem 06.04.2018 interviewt. Die Befragung wurde über das Ipsos Online Panel in 28 Staaten weltweit durchgeführt (Argentinien, Australien, Belgien, Brasilien, Kanada, Chile, China, Frankreich, Großbritannien, Deutschland, Ungarn, Indien, Italien, Japan, Malaysia, Mexiko, Peru, Polen, Rumänien, Russland, Saudi-Arabien, Serbien, Südafrika, Südkorea, Spanien, Schweden, Türkei und die USA).

Ungefähr 1000 Teilnehmer im Alter von 18-64 Jahren wurden in Australien, Brasilien, Kanada, China, Frankreich, Italien, Japan, Malaysia, Rumänien, Spanien, Großbritannien und den USA befragt. Ungefähr 500 Menschen im Alter von 16-64 Jahren wurden jeweils in Argentinien, Belgien, Chile, Ungarn, Indien, Mexiko, Peru, Polen, Russland, Saudi-Arabien, Serbien, Südafrika, Südkorea, Schweden und der Türkei befragt.

Die Präzision der Ipsos Online Umfragen sind bei 1000 Befragten auf +/- 3,5 Prozent genau und bei 500 Befragten auf +/- 5,0 Prozent genau. Für mehr Informationen über die Genauigkeit dieser Befragungen besuchen sie bitte die Ipsos Website.

Es wurde eine Gewichtung der Daten vorgenommen, um die demografischen Merkmale auszugleichen und damit sicherzustellen, dass die Stichprobe die aktuellen offiziellen Strukturdaten der erwachsenen Bevölkerung eines jeden Landes widerspiegelt.

Brasilien, Chile, China, Indien, Malaysia, Mexiko, Peru, Russland, Saudi-Arabien, Südafrika und die Türkei bilden eine nationale Stichprobe, die eher die wohlhabende und vernetzte Bevölkerung abbildet. Diese Bevölkerungsgruppe spielt eine wichtige gesellschaftliche Rolle und repräsentiert eine bedeutende, aufstrebende Mittelschicht.

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Quelle:
Ipsos GmbH
Sachsenstraße 6, 20097 Hamburg
Telefon: +49 (0) 40 800 96 0, Fax: +49 (0) 40 800 96 4100
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Internet: www.ipsos.com


veröffentlicht im Schattenblick zum 3. Mai 2018

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