Hertie School of Governance - 02.09.2016
Studie: Berliner Bürger und Institutionen genießen bei Flüchtlingen großes Vertrauen
Gefühl persönlicher Sicherheit. Jobsuche als wichtigstes Thema. Andere Flüchtlinge sind Haupt-Informationsquelle. Rolle der Freiwilligen unklar.
Berlin, 2. September 2016 - Flüchtlinge in Berlin haben generell großes
Vertrauen in Bürger und Institutionen wie Polizei und Justiz ihres
Aufnahmelandes. Eine Mehrheit fühlt sich persönlich sehr sicher. Die
größte Sorge sind fehlende Informationen zu Jobsuche und Arbeitsmarkt.
Das sind Ergebnisse einer Studie der Hertie School of Governance unter der
Leitung von Prof. Dr. Gerhard Hammerschmid und Anca Oprisor, an der sowohl
Studierende als auch Flüchtlinge mitarbeiteten, die an einem speziell
zugeschnittenen Kurs-Angebot der Hertie School teilnahmen. Befragt wurden
im Frühjahr 2016 351 Asylsuchende aus Afghanistan, Albanien, Irak, Kosovo
und Syrien.
Trotz Kritik an der Handhabung des Flüchtlingsproblems durch die Berliner
Behörden im Herbst 2015 gaben 87 Prozent der Befragten an, der Polizei zu
vertrauen. Hohes Vertrauen genießen auch die Justiz (81 Prozent) sowie die
Berliner Bürger im Allgemeinen (85 Prozent). Nur 20 Prozent zeigten sich
zufrieden mit den öffentlichen Stellen, mit denen sie Kontakt hatten, doch
die Unzufriedenheit erstreckt sich nicht auf die persönliche Ebene: 43
Prozent halten die Staatsbediensteten für kompetent, 42 Prozent für
freundlich und 52 Prozent gaben an, dass sie häufig den Eindruck der
Überforderung hatten. Dies deutet klar auf die ernsten Kapazitätsprobleme
der Verwaltung im vergangenen Herbst und Winter hin.
Flüchtlinge in Berlin haben mehrheitlich ein Gefühl persönlicher Sicherheit (60 Prozent). Ihre größte Sorge sind fehlende Informationen zu Jobsuche und Arbeitsmarkt (75 Prozent). 50 Prozent wünschen sich außerdem besseren Zugang zu Deutschkursen.
Über 70 Prozent geben andere Flüchtlinge als wichtigste Informationsquelle über öffentliche Leistungen an, nicht etwa staatliche Stellen oder Nichtregierungsorganisationen. Die Behörden könnten diesen Umstand nutzen, indem sie Flüchtlinge aktiv in ihre Informationspolitik einbeziehen, so die Forscher. Allerdings fördert die Umfrage auch ein großes Misstrauen der Flüchtlinge untereinander zutage: 70 Prozent gaben an, anderen Flüchtlingen nicht zu vertrauen. Hinzu kommt der Eindruck der wachsenden Ungleichbehandlung von Flüchtlingen je nach Herkunftsland, die 59 Prozent der Befragten empfinden. Unter den befragten Afghanen waren es gar 73 Prozent.
Überraschend gering ausgeprägt ist die Wahrnehmung der zivilgesellschaftlichen Organisationen, obwohl diese in Berlin eine zentrale Rolle spielten und die Engpässe der Behörden überbrücken halfen. Dennoch werden sie von rund der Hälfte der Befragten als unwichtig betrachtet. Jeder Dritte konnte nicht angeben, ob und welchen Kontakt er zu Nichtregierungsorganisationen und Freiwilligen hatte. Wer dies jedoch konnte, fällte ein positives Urteil über deren Agieren. Die Autoren der Studie werten dies als Hinweis, dass die Flüchtlinge zwischen staatlichen und nicht-staatlichen Stellen kaum differenzieren. Die Zusammenarbeit zwischen beiden sollte weiter verbessert werden.
Eine Zusammenfassung der Studie finden unter:
http://bit.ly/refugee_survey_de
Die Hertie School of Governance ist eine staatlich anerkannte, private
Hochschule mit Sitz in Berlin. Ihr Ziel ist es, herausragend qualifizierte
junge Menschen auf Führungsaufgaben im öffentlichen Bereich, in der
Privatwirtschaft und der Zivilgesellschaft vorzubereiten. Mit
interdisziplinärer Forschung will die Hertie School zudem die Diskussion
über moderne Staatlichkeit voranbringen und den Austausch zwischen den
Sektoren anregen. Die Hochschule wurde Ende 2003 von der Gemeinnützigen
Hertie-Stiftung gegründet und wird seither maßgeblich von ihr getragen.
Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution855
*
Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Hertie School of Governance, Regine Kreitz, 02.09.2016
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de
veröffentlicht im Schattenblick zum 6. September 2016
Zur Tagesausgabe / Zum Seitenanfang