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PARTEIEN/109: Rede von Dr. Philipp Rösler beim Dreikönigstreffen der FDP am 06. Januar 2012


fdk - freie demokratische korrespondenz -/2012 - 6. Januar 2012

REDE von DR. PHILIPP RÖSLER
FDP-Bundesvorsitzender
und Bundesminister für Wirtschaft und Technologie

beim Dreikönigstreffen der FDP
am 06. Januar 2012 in Stuttgart


Es gilt das gesprochene Wort!


Anrede,

"Immer mehr Arbeitslose rutschen direkt in Hartz IV", "Frührente wird zur Regel", "Berliner haben Angst vor der Krise" - das waren die Schlagzeilen der Titelseiten deutscher Zeitungen vom 28., 29. und 30. Dezember.

Nein - nicht die Schlagzeilen im Krisenjahr 2008. Sondern in der vergangenen Woche.

Und jetzt zu den wirklichen Fakten: Mehr als 41 Millionen Erwerbstätige im Jahresschnitt, die höchste Zahl seit der Wiedervereinigung. 8 Mrd. € Überschüsse in den sozialen Sicherungssystemen. Und - so die Gesellschaft für Konsumforschung - in 2012 durchschnittlich 413 € mehr Geld in der Tasche für jeden Deutschen - durch kleine Steuererleichterungen, durch niedrigere Rentenbeiträge, durch höhere Löhne und höhere Renten - kein Wunder, dass 76% der Deutschen sagen, 2011 war für sie persönlich ein gutes Jahr.

Das ist die deutsche Wirklichkeit zum Jahresanfang 2012. Deutschland geht es besser als unter Rot-Grün. Deutschland geht es besser als unter der Großen Koalition.


Meine Damen und Herren:
Deutschland geht es gut unter Schwarz-Gelb.

Liebe Bürgerinnen, liebe Bürger, liebe Anhänger der FDP.

Sie haben keine getrübte Wahrnehmung, wenn Sie das auch so sehen. Die öffentliche Meinung und die veröffentlichte Meinung fallen auseinander. Ich sage das gerade hier in Stuttgart sehr bewusst, weil sie in den vergangenen beiden Jahren ein solches Phänomen erlebt haben. Bei Stuttgart 21. Am Ende hat das Volk an der Wahlurne über die Straße gesiegt. Am Ende waren nicht die Lautesten in der Mehrheit, sondern die Vernünftigen. Und die FDP war Teil dieser Mehrheit. Das war gut. So wird es auch 2013 wieder kommen. Dafür werden wir kämpfen.

Denn es geht wieder um eine grundsätzliche Weichenstellung für Deutschland. Was wir in Deutschland derzeit erleben, ist kein Streit über Statistiken. Die Auseinandersetzung geht viel tiefer. Es geht um die Frage, ob das Vertrauen in die Soziale Marktwirtschaft gesichert werden kann. Es geht um die Frage, ob Wachstum auch zukünftig noch den Wohlstand breiter Bevölkerungsschichten und Zukunftschancen für unsere Kinder ermöglichen wird.

In dieser Auseinandersetzung gibt es die Fortschrittsverweigerer, die Pessimisten und Gutmenschen. Die, die reflexartig den warnenden und belehrenden Zeigefinger erheben, wenn man von der Notwendigkeit des Wachstums spricht, von Zukunftschancen und den Möglichkeiten der Globalisierung. Gefahren über Gefahren, die angeblich überall lauern. Ich frage Sie: Hätten SPD, Grüne und Linke, die so denken, 2009 die Regierung übernommen, wie würde Deutschland zum Beginn des Jahres 2012 aussehen? Mit massiven Steuererhöhungen hätte die Linksregierung die Kaufkraft abgewürgt. Dank eines flächendeckenden Mindestlohns verlieren Zehntausende ihren Arbeitsplatz. Die Wirtschaft wächst nicht, aber das wäre sowieso im Sinne eines rot-grünen Gesetzes zur Begrenzung des Wirtschaftswachstums und zum Umbau unserer Industrie.

Ich möchte dieses Szenario gar nicht weiter zeichnen. Wem es gefällt, der sollte keine FDP wählen.

Denn wir Liberale denken "anders". Wir Liberale bekennen uns zu Fortschrittsoptimismus und Zukunftschancen. Zu Weltoffenheit und Freiheit durch Verantwortung.

Diese liberalen Werte, kombiniert mit wirtschaftlicher Vernunft, sind die Grundpfeiler unserer Sozialen Marktwirtschaft. Keine andere Partei in Deutschland verkörpert diesen Wertekanon so wie die FDP. Keine andere Partei in Deutschland verkörpert die Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft so wie wir! Die Soziale Marktwirtschaft, meine Damen und Herren, ist das Wirtschaftssystem der Freiheit!


Wachstum

Anrede,

Auch weltweit ist die Marktwirtschaft erfolgreich. In Deutschland aber ist die Idee der Sozialen Marktwirtschaft nicht mehr "in". Sie hat scheinbar so wenig Unterstützer wie nie zuvor. Seit Jahrzehnten wird versucht, die Soziale Marktwirtschaft zu diskreditieren. Sie sei unsozial. Sie mache uns vom Konsum abhängig. Sie zerstöre die Zukunftschancen unserer Kinder. Das Gegenteil, meine Damen und Herren, ist der Fall.

Noch nie gab es in der Welt so viele Chancen für junge Menschen auf Bildung, Ausbildung und Wohlstand. Hunger und Armut gehen weltweit zurück.

In vielen Ländern Asiens und Lateinamerikas erleben wir wirtschaftliche Boomphasen - selbst Afrika ist im Aufschwung. Und dafür gibt es einen einzigen Grund: Es ist das Wachstum, das die Marktwirtschaft möglich macht. Es ist also keine Überraschung, dass sich die Gegner der Marktwirtschaft daran machen, genau dieses Wachstum zu verteufeln. Das ist nicht neu: Sie alle kennen das Buch des Club of Rome "Die Grenzen des Wachstums" von 1972. In der ersten Ausgabe wurde prophezeit, dass die weltweiten Erdölvorkommen im Jahre 2002 erschöpft seien. Inzwischen sind die Autoren im Jahr 2037 angekommen. Das erinnert mich an die Zeugen Jehovas: Morgen geht die Welt unter. Und wenn nicht morgen, dann übermorgen. Und wer glaubt, dass die Welt morgen unter geht, der wird sie niemals gestalten können.

Und es geht weiter: Allein im letzten Jahr sind rund 50 Bücher zum Wirtschaftswachstum erschienen. Die meisten von ihnen - und das wird Sie nicht überraschen, aber es ist erschreckend - lehnen Wirtschaftswachstum ab. Diese Ablehnung von Wachstum ist heute also populärer denn je. Sozialisten legen keinen Wert auf Wachstum. Ihnen geht es schlicht darum, den vorhandenen Wohlstand umzuverteilen.

Auch Grüne wollen kein Wachstum. Weil es angeblich die natürlichen Lebensgrundlagen zerstört. Am gefährlichsten aber ist, dass sich auch viele Konservative neuerdings zum Verzicht auf Wachstum bekennen. Konservative Weltverbesserer wie Klaus Töpfer und Kurt Biedenkopf sind dafür bekannt. Irritiert hat mich aber, dass unser Finanzminister diese Kritik mittlerweile teilt. Ich zitiere Wolfgang Schäuble aus Christ&Welt vom 15.12.2011: "So sehr wir uns für die Beseitigung des Hungers überall in der Welt einsetzen müssen, so sehr sollten wir uns andererseits in unseren eigenen westlichen Ländern für eine Begrenzung des Wirtschaftswachstums einsetzen."

Bei allem Respekt vor Kabinettskollegen. Das ist nicht haltbar. Das Beispiel zeigt aber eindrucksvoll: Es reicht nicht zu entscheiden, ob Deutschland von Rot-Grün oder Schwarz regiert wird. Es kommt darauf an, dass die FDP dabei ist. Wir sind nicht nur das notwendige Korrektiv, sondern wir halten den Kurs - auch wenn die anderen Parteien die Grundachse Deutschlands verschieben wollen. Damit wir uns nicht falsch verstehen. Wachstum ist kein Selbstzweck. Es ist das Ergebnis einer wettbewerbsorientierten Wirtschaftsordnung in einer freiheitlichen Gesellschaft.

Wo Menschen frei handeln und entscheiden können, nutzen sie Chancen zur wirtschaftlichen oder auch nur zur persönlichen Entwicklung. Wir Liberale wollen, dass Menschen über sich hinauswachsen können. Das ist ihr Recht in einer freiheitlichen Gesellschaft. Wer ihnen dieses Recht beschneiden will, der, meine Damen und Herren, beschneidet die Freiheit.


Anrede,

Wachstum schafft Arbeitsplätze. Nach zwei Jahren mit Wachstumsraten von 3% sind in Deutschland so viele Menschen in Arbeit wie nie zuvor seit der Wiedervereinigung.

Wachstum schafft auch soziale Sicherheit. Nach zwei Jahren mit Wachstumsraten von 3% spült die positive wirtschaftliche Entwicklung viel Geld in die Kassen der Sozialversicherungen. Die Renten steigen, die Beiträge sinken. Und auch viele soziale Angebote, viele Kulturprojekte vor Ort können nur aufgebaut und finanziert werden, wenn die Kommunen, wenn Städte wie Stuttgart ausreichende Steuereinnahmen erzielen. Steuern wie Körperschafts- und Einkommensteuer, die nur bei Wachstum sprudeln. Wachstum bedeutet aber viel mehr. Es ist auch entscheidend für die ökologische Modernisierung. Deutschland wird nicht umwelt-freundlicher durch das Verbot von Plastiktüten! Und auch nicht allein durch das Abschalten von Kernkraftwerken.

Deutschland wird umweltfreundlicher durch Innovationen, etwa in mehr Energieeffizienz oder in CO2 sparende Technologien. Das, meine Damen und Herren, ist eine ökologisch sinnvolle Politik. Die Beispiele zeigen eines ganz klar: Es ist falsch, eine Begrenzung des Wachstums zu fordern - sei es aus grüner Ideologie oder aufgrund gut gemeinter Verzichtsrhetorik.

Wenn alle anderen Parteien sich vom Wachstum distanzieren, dann braucht Deutschland eine Partei, die sich klar dazu bekennt. Und diese Partei - meine Damen und Herren - ist die Freie Demokratische Partei.

Nur wir stellen uns damit dem gängigen Linkstrend in unserer Gesellschaft entgegen. Die anderen hingegen folgen diesem Trend und setzen auf mehr Regulierung, mehr Bevormundung, mehr Umverteilung. Wir verteidigen die Freiheit. Das war, ist und bleibt unser liberaler Kompass.


Anrede,

Dabei ist unser Freiheitsverständnis kein grenzenloses und Wirtschaftswachstum für uns kein Fetisch. Wilhelm Röpke, einer der Väter der Sozialen Marktwirtschaft hat den Satz geprägt: "Das Maß der Wirtschaft ist der Mensch." Genau darauf konzentriert sich jede liberale Politik. Auf das Wohl des Einzelnen. So sehr sich die Liberalen für die Wirtschaft einsetzen - im Mittelpunkt steht eben nicht die Wirtschaft. Im Mittelpunkt für uns Liberale steht immer der Mensch.

Wachstum ist deshalb für Liberale wertegebunden - in Verantwortung gegenüber den Idealen unserer freiheitlichen Gesellschaft, den Menschen und der Natur.

Das Verständnis der Nachhaltigkeit kommt übrigens nicht aus der Ökologiebewegung. Es kommt aus der Wirtschaftsgeschichte - genauer gesagt aus der Forstwirtschaft, bei der es heißt: Nur so viele Bäume fällen, wie man vorher gepflanzt hat. Das bedeutet, dass erfolgreiches Wirtschaften die natürlichen Ressourcen im Blick hat.


Regulierung der Finanzmärkte

Anrede,

Wachstum hat einen Auftrag: Ein Leben in Würde und Wohlstand für möglichst alle Menschen. Nicht jedes Wachstum, das wir an den Finanzmärkten erlebt haben, trägt diesem Wachstumsbegriff Rechung.

Hier sind Strukturen entstanden, die den urliberalen Zusammenhang von Handeln und Haftung außer Kraft setzen. Einzelne Akteure haben eine Stellung erlangt, in der ihr Ruin unabsehbare Folgen für das gesamte Weltwirtschaftssystem hätte. Nicht die Verantwortlichen und Nutznießer mussten für Risiken gerade stehen. Es war die Allgemeinheit, die die Haftung übernahm, um weitaus größeren Schaden abzuwenden.

Diese Tendenz zur Verantwortungslosigkeit und Ordnungslosigkeit der Finanzmärkte gefährdet die Soziale Marktwirtschaft. Das können wir nicht länger hinnehmen.

Die Menschen fragen zu Recht: Warum gelten die Regeln unserer Gesellschaft nicht für die großen Banken und Konzerne? Warum werden so genannte systemrelevante Banken mit Milliardenbeträgen vor dem Konkurs gerettet, während jeder Privatmann, jede Mittelständlerin voll in Haftung genommen wird?

Eine Ursache ist, dass sich die Finanzmarktgeschäfte zunehmend von der realen Welt entfernt und verselbstständigt haben. Die Hauptaufgabe des Finanzsektors muss sein: Die Bereitstellung von Krediten für die Realwirtschaft. Und es würde damit auch die Stärkung des Kerngeschäfts der urliberalen Genossenschaftsbanken bedeuten.

Es war der Liberale Hermann Schulze-Delitzsch, der mit der Gründung der ersten Volksbanken die liberalen Grundprinzipien der Eigeninitiative, Eigenverantwortlichkeit und Ablehnung der Unterstützung durch den Staat konsequent in den Finanzsektor eingeführt hat. Liberale Prinzipien, die für Stabilität und Wachstum sorgen. Liberale Prinzipien, die vor über 150 Jahren galten und heute aktueller sind denn je.

Definitiv nicht die Ursache der Finanzmarktkrise waren die kleinen und mittleren Kreditinstitute mit ihrem Hauptgeschäft, nämlich der Finanzierung des Mittelstandes! Daher wäre es nicht nur konsequent, sondern auch noch wachstumsfördernd, die Finanzierung des Mittelstandes bei der Umsetzung von Basel III zu erleichtern.

Für uns Liberale ist nämlich in der Sozialen Marktwirtschaft der Mittelstand systemrelevant.


Anrede,

Finanzmärkte, die die Realwirtschaft mit Krediten versorgen, sind ein zentraler Baustein für wirtschaftlichen Erfolg. Um diesen wirtschaftlichen Erfolg werden wir weltweit beneidet. Bei all meinen internationalen Kontakten erfahre ich Respekt für die Erfolge von Arbeitnehmern und Unternehmern in Deutschland.

Doch wir Liberale wissen, das ist immer nur eine Momentaufnahme. Es kommt darauf an, Deutschland beständig fit zu machen für die Zukunft. Das ist unser Maßstab in dieser Regierungskoalition und unsere Aufgabe.


Fachkräfte

Anrede,

Voraussetzung für Wachstum ist, dass den Unternehmen ausreichend qualifizierte Fachkräfte zur Verfügung stehen. Nicht nur die Beschäftigung in Deutschland hat einen Höchststand erreicht, auch die Nachfrage nach Arbeitskräften liegt auf Rekordniveau. Dies zeigt: Der Mangel an gut ausgebildeten Mitarbeitern kann zur Wachstumsbremse werden. Nehmen wir die Ausbildung.

Hier in Baden-Württemberg ist die Besetzung von Ausbildungsstellen für Unternehmen längst zum Engpass geworden. Und auch bundesweit brauchen wir eine Offensive dafür, dass kein Jugendlicher zurückbleibt. Deutschland braucht jeden. Dazu brauchen wir eine gute Bildung und Ausbildung. Und eben nicht immer wieder Reformen im Schulsystem. Ich denke, der eine oder andere erinnert sich noch an die Mengenlehre, das war in den 70er und 80er Jahren in der Schulpolitik Mode. Da lernt dann ein junger Mensch, wenn fünf Leute in einem Raum sind und sieben Leute den Raum verlassen, dass dann zwei reinkommen müssen, damit keiner mehr drin ist.

Wer glaubt, so jungen Menschen Mathematik beibringen zu können, der darf sich dann nicht wundern, wenn es bei den Grundrechenarten hapert. Klar ist, dass die Grundfertigkeiten wie Lesen, Schreiben und Rechnen als erster Schritt entscheidend sind. Sie sind die Basis für den weiteren Lebensweg und beruflichen Erfolg.

Und wer den Fachkräftemangel sieht, der muss etwas dagegen unternehmen. Er kann es tun, indem er jungen Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf erleichtert. Oder er tut es, indem er älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Deutschland eine Chance gibt. Zum Glück haben das viele Unternehmen erkannt. Es ist gut, dass heute doppelt so viele Frauen über 60 erwerbstätig sind wie vor 10 Jahren. Wir brauchen all dieses Know-How, wir brauchen all diese Kompetenzen. Wer jetzt an der Rente mit 67 rüttelt, hat offensichtlich die Entwicklungen am Arbeitsmarkt verschlafen.

Längeres Arbeiten, Bildung und eine bessere Qualifizierung sind wichtige Stichworte. Wir brauchen aber ebenso qualifizierte Zuwanderung aus dem Ausland. Nach der bisherigen Regelung sind 2010 lediglich 146 Hochqualifizierte nach Deutschland gekommen. Dabei wissen wir doch: Allein im mathematisch-technischen Bereich fehlen in Deutschland über 150.000 Fachkräfte. Deshalb hat die FDP im Dezember den Einstieg in ein System der gesteuerten Zuwanderung durchgesetzt. Eine Zuwanderung nach Qualifikation, Berufsgruppen und mit deutlich abgesenkten Gehaltsschwellen.

Die Botschaft lautet: Mit dem Einstieg in die gesteuerte Zuwanderung lösen wir eine entscheidende Wachstumsbremse. Wir tragen mit diesem Schritt Richtung Willkommenskultur zur Sicherung des Standortes Deutschland bei. Das ist ein Erfolg. Ich sage sehr selbstbewusst: Das ist ein Erfolg der FDP.


Mindestlohn

Wachstum erreichen wir nur durch mehr Offenheit im Arbeitsmarkt. Wir wollen Brücken in den Arbeitsmarkt bauen. Und keine Mauern um ihn herum. Ein flächendeckender, einheitlicher gesetzlicher Mindestlohn ist mit uns daher nicht zu machen! Nicht der Staat legt den Lohn fest, sondern die Tarifparteien.

Wie traurig ist es, wenn die Gewerkschaften offen zugeben, keine auskömmlichen Löhne verhandeln zu können und dann sagen, liebes Parlament, leg du den Mindestlohn fest.


Anrede,

Wir sind 60 Jahre gut mit der Sozialen Marktwirtschaft gefahren. Ich sage deshalb klar und deutlich an die Adresse der Union: Es gilt der Koalitionsvertrag. Hier haben wir uns ausdrücklich darauf verständigt, dass es einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn nicht geben wird. Und dieser Vertrag gilt.


Energiepolitik

Auch die Bezahlbarkeit von Energie ist eine wichtige Stellschraube für Wachstum in Deutschland.

Wir müssen die Energieversorgung eines Industrielandes wie Deutschland sichern. Die Energiewende ist ein Innovationsthema. Wenn wir es richtig anpacken, entstehen für Deutschland viele neue Wachstumschancen. Viele Länder schauen, wie Deutschland diese Aufgabe meistert.

Wenn wir sie meistern wollen, brauchen wir Mut zu neuen Technologien und neuen Produkten. Und eben nicht mehr staatlichen Dirigismus. Es wird nicht mit naiv-romantischen energiepolitischen Vorstellungen funktionieren. Wenn wir die Energiewende in Deutschland erfolgreich umsetzen wollen, dann, liebe Freunde, müssen wir Schluss machen mit grünen Träumereien. Ich erwarte von all denjenigen, die in den letzten 20, 30 Jahren gegen Kernenergie demonstriert haben, dass sie jetzt fest an meiner Seite stehen, wenn wir neue Kohlekraftwerke, Gaskraftwerke und 4.500 Kilometer neue Netze bauen. Wer aus der Kernenergie aussteigen will, der muss auch in fossile Kraftwerke einsteigen. Alles andere ist unehrlich.


Anrede,

Es geht jetzt um die Existenzgrundlage unseres Landes. Und nicht um Ideologien. Die Herausforderungen sind groß. Aber wir werden sie meistern, wenn alle mitziehen. Deswegen habe ich auch kein Verständnis, wenn die Deutsche Umwelthilfe sich nicht an einer Informationskampagne zum Netzausbau beteiligen will, weil sie keine eigene Geschäftsstelle bezahlt bekommt. Und auch kein Verständnis für den BUND, der jetzt auf seiner Homepage für das Abschalten von Kohlekraftwerken wirbt. Wer so arbeitet, dem geht es nicht um Energie für die Menschen, dem geht es um Eigennutz. Das ist schäbig. Und, meine sehr geehrten Damen und Herren, wir brauchen auch bei den erneuerbaren Energien mehr Vernunft. Wirtschaftliche Vernunft.

Die Förderung zur Einführung erneuerbarer Energien ist nun rund 21 Jahre alt. Erneuerbare Energie waren Anfang der Neunziger noch ein energiepolitisches Baby, welches nicht auf eigenen Beinen stehen konnte. Nach 21 Jahren darf gefragt werden, ob dieses Kind nicht auch langsam erwachsen werden und sich im Leben behaupten muss. Wir stehen dafür: Das EEG muss nach marktwirtschaftlichen Prinzipien umgebaut werden. Überlebensfähigkeit heißt Marktfähigkeit.

Fünfzig Prozent des Fördervolumens aus der Umlage für Erneuerbare Energien entfallen auf die Photovoltaik. Dabei trägt die nur mit drei Prozent zur Stromversorgung bei. Eine solche Übersubventionierung hat mit Marktwirtschaft nichts zu tun. Deshalb ist es richtig, dass wir dies beenden wollen. Hier müssen wir ran. Und es ist gut, lieber Rainer Brüderle, dass das die Regierungsfraktionen im Bundestag genauso sehen. Es ist richtig, dass wir jetzt eine Anpassung der Photovoltaik vornehmen werden. Vielen Dank, dass Du Dich auch dafür so entschlossen einsetzt.


Entschuldung

Liebe Parteifreundinnen und Parteifreunde,

Und damit kommen wir nach Fachkräftemangel und Energie zur dritten Wachstumsfrage - der öffentlichen Verschuldung in Europa, aber auch in Deutschland. Mein erstes Plakat, das ich als frischgebackenes FDP-Mitglied geklebt habe, stammte von den Jungen Liberalen und trug den Slogan "Auf Schuldenbergen können Kinder nicht spielen." Als Familienvater von zwei kleinen Kindern kann ich nur sagen, dieser Satz ist aktueller denn je. Wir Liberale stehen in Verantwortung nicht nur für die aktuellen Sorgen und Probleme der Menschen. Sondern auch für die Gerechtigkeit gegenüber den nachfolgenden Generationen. Und dazu zählt der Abbau der Staatsverschuldung.

In den Wiesbadener Grundsätzen haben wir bereits Mitte der 90'er Jahre klare Akzente für Haushaltskonsolidierung und die Einführung einer Schuldenbremse gesetzt. Logisch also, dass wir mit der Bundesregierung auf einem klaren Konsolidierungskurs sind. Im vergangenen Jahr haben wir im Haushaltsvollzug die Neuverschuldung von geplanten 48 Milliarden auf rund 20 Milliarden Euro gedrückt. Warum? Weil das gute Wirtschaftswachstum uns enorme zusätzliche Einnahmen beschert hat. Es ist schlicht falsch, wenn die politische Linke von einem Einnahmeproblem spricht und deshalb Steuererhöhungen in allen Variationen fordert. Noch nie waren die Einnahmen des Staates so hoch wie heute. Steuererhöhungen sind der falsche Weg, weil sie das Wachstum abwürgen. Deshalb sind sie mit der FDP nicht zu machen!

Doch das Einhalten der Schuldenbremse kann nur der Anfang sein. Wir müssen beginnen, vorhandene Schulden abzubauen. Ja, Sie haben richtig gehört: Abbau von Schulden. Sie kennen die Schuldenuhren, bei denen Sekunde für Sekunde immer höhere Zahlen durchlaufen. Wir müssen die Schuldenuhren nicht nur stoppen, wir müssen ihre Richtung umkehren. Dass das geht, zeigen Liberale in Verantwortung. In Bayern und Sachsen wurden 2011 Schulden abgebaut. Zum Einen durch strikte Ausgabendisziplin. Neue Ausgaben wollen wir nur zulassen, wenn wir gleichermaßen Einsparungen vornehmen. Und wir setzen auf Mehreinnahmen durch Wachstum. Nur so können wir für künftige Generationen ein schuldenfreies Deutschland schaffen.

Ich wünsche mir für die Liberalen ein Ziel: Deutschland schuldenfrei! Auch wenn dies eine Aufgabe mehrerer Generationen sein wird. Schuldenfreie öffentliche Haushalte sind der beste Wachstumsmotor. Die Bürgerinnen und Bürger zahlen jedes Jahr mehr als 38 Mrd. € an Zinsen für die Schulden des Bundes. Haben Sie sich einmal überlegt, was wir mit dem Geld alles machen könnten? Wie viele Betreuungsplätze für Kinder wir damit schaffen, wie viel Forschung und Entwicklung wir damit zusätzlich finanzieren und Innovationen anstoßen könnten?

Also noch einmal Klartext: Geordnete öffentliche Finanzen sorgen für Wachstum. Und Wachstum sorgt für geordnete öffentliche Finanzen. Deswegen gehört das Ziel des Schuldenabbaus in unser neues Grundsatzprogramm. Und ich möchte, dass meine Kinder, wenn sie einmal alt sind, möglichst in einem schuldenfreien Land leben. Dafür stehe ich! Und dafür steht die FDP!


Partei

Anrede,

Wir haben in den letzten Monaten einen Mitgliederentscheid zum Rettungsschirm ESM durchgeführt. Auf über zweihundert Veranstaltungen vor Ort haben wir uns mit den schwierigen Fragen der Euro-Stabilisierung auseinander gesetzt. Die Vertreter der unterschiedlichen Positionen haben engagiert und ernsthaft über den richtigen Weg gestritten. Das zeigt: die FDP ist eine Partei der lebendigen Diskussionskultur. Die FDP ist eine Partei, in der sich die Mitglieder in Sachentscheidungen einbringen wollen - und in der sie dies im Gegensatz zu anderen Parteien in einer für unser Land wichtigen Frage auch können.

Ich danke ausdrücklich allen, die bei den zahlreichen Veranstaltungen dabei waren. Gerade auch denjenigen, die die Veranstaltungen in den Orts-, Kreis-, Bezirks- und Landesverbänden organisiert haben. Sie haben die sachliche und lebendige Diskussion überhaupt erst möglich gemacht. Auch wenn manche Aussagen - auch von mir - unpassend waren. Wichtig ist: Wir haben jetzt ein Ergebnis. Wir stehen gemeinsam für eine Stabilitätsunion Europa. Und wir stehen für Wettbewerbsfähigkeit und Wachstum in Deutschland und Europa. Ganz in der großen liberalen Tradition von Walter Scheel, Otto Graf Lambsdorff, Hans-Dietrich Genscher und Klaus Kinkel. Nun gilt es, wieder gemeinsam für die FDP zu kämpfen. Und dieses Kämpfen für die FDP lohnt sich.


Rechtsextremismus

Anrede

Die FDP steht auf einem klaren liberalen Wertegerüst. Das unterscheidet uns von allen anderen politischen Kräften. Liberalismus ist keine Liste von einzelnen politischen Aussagen. Liberalismus ist eine Geisteshaltung und ein Lebensgefühl. Wer für Freiheit und für Toleranz eintritt, hat gleichzeitig den Auftrag, sich den Feinden der Freiheit und der Toleranz mit aller Entschiedenheit entgegenzustellen. Im letzten Jahr wurde unser Land erschüttert durch die Aufdeckung einer beispiellosen Mordserie aus der rechtsextremen Szene. Dass die Täter jahrelang unentdeckt bleiben konnten, hat uns alle fassungslos gemacht. Ich fordere eine lückenlose und länderübergreifende Aufklärung aller damit zusammenhängenden Vorgänge. Die Verbindungen von Verfassungsschützern im rechtsextremen Milieu müssen durchleuchtet werden. Das Versagen von Behörden muss klar benannt werden. Die Sicherheitsarchitektur von Bund und Ländern gehört insgesamt auf den Prüfstand. Es ist beschämend, wenn dabei so genannten Sicherheitspolitikern von Union und SPD nichts anders einfällt, als reflexartig immer wieder die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung zu fordern. Wo Behörden über Jahre versagt haben, hilft auch keine Vorratsdatenspeicherung. Solche Forderungen sind reiner Populismus. Mit verantwortlicher Politik hat das nichts zu tun. Wir brauchen jetzt keine Ablenkungsmanöver, sondern eine klare Fehleranalyse. Deutschland ist ein tolerantes und weltoffenes Land. Wer, wenn nicht wir, wird dafür sorgen, dass das so bleibt!


Anrede,

Wir starten heute in ein neues Jahr. In ein wichtiges Jahr für uns Liberale. Aber auch für Deutschland und Europa. Der weltweite Wettbewerb ist härter geworden. Ich bin stolz darauf, dass Deutschland in diesem Wettbewerb so erfolgreich ist. Und dass dieses Modell in Europa zunehmend Nachahmer findet.

Unser Erfolg ist jedes Mal neu ein Beweis dafür, dass die Entscheidung für die Soziale Marktwirtschaft, die die FDP in den Anfangsjahren der Republik durchgesetzt hat, richtig war. Das Wirtschaftswunder hat Deutschland eine starke Mitte beschert. Leistungsbereit, verantwortungsbewusst, freiheitsliebend, weltoffen und tolerant. Das ist unser gesellschaftlicher Grundkonsens, den wir auch für die Zukunft sichern wollen. Starke Mitte, starkes Land - das galt gestern, das gilt auch für morgen. Eine starke Mitte gibt es aber nur, wenn wir die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Wenn wir Chancen eröffnen und nicht verschließen. Wenn wir Ideen zulassen und nicht verhindern. Wenn wir Optimismus fördern und nicht Miesmacherei. Die Anderen wollen bevormunden, regulieren und verbieten - wir wollen, dass sich dieses Land frei entfaltet, dass es weiter wächst. Das ist Ausdruck unserer freiheitlichen Grundeinstellung. Denn das Wachstum garantiert uns eine starke Mitte. Mit Zukunftschancen für unsere Kinder. Mit sozialer Sicherheit bis ins hohe Alter. Und mit wirtschaftlichem Erfolg weltweit.

Für dieses Wachstum werden wir Liberalen auch 2012 arbeiten.

In Schleswig-Holstein, wo es am 06. Mai darum geht, die erfolgreiche Regierungsverantwortung der FDP fortzusetzen. Liebe Parteifreunde aus Schleswig-Holstein, ihr habt de Bürgern in Schleswig-Holstein mehr Wahlmöglichkeiten in der Bildung eröffnet. Ihr habt die Haushaltskonsolidierung angepackt. Unter Euch ist Schleswig-Holstein auf Wachstumskurs gegangen. Ihr werdet am 06. Mai das Steuerruder in der Hand behalten. Aber auch in der Bundesregierung setzen wir unsere Arbeit für Wachstum fort. In der Außenpolitik durch die Sicherung unseres hohen Ansehens weltweit. Durch ein klares Bekenntnis zu freiem Handel und Hilfe zur wirtschaftlichen Entfaltung in der Entwicklungspolitik. Durch mehr Freiheit im größten Arbeitsmarkt unseres Landes, dem Gesundheitswesen. Durch kluge und schlanke Rechtsetzung in der Justiz. Und natürlich durch wachstums-freundliche Regelungen in der Wirtschaftspolitik. Unser Angebot an die Wählerinnen und Wähler ist klar.

Wer die FDP wählt, bekennt sich zu einer starken Mitte. Wer die FDP wählt, bekennt sich zu einer deutschen Erfolgsgeschichte - der Sozialen Marktwirtschaft. Nur wir stehen dafür, dass diese Erfolgsgeschichte fortgesetzt werden kann. Denn nur die FDP steht dafür, dass Wachstum in Deutschland auch morgen noch möglich ist. Das ist unser Thema. Das ist unser Auftrag.


Anrede,

Jetzt kommt es darauf an, deutlich zu machen, dass die FDP für unser Land unverzichtbar ist. Jetzt kommt es darauf an, dass jeder von uns sich klar bekennt! Raus geht und offensiv für unsere liberalen Positionen wirbt und kämpft! In der Familie, bei Freunden und in den Vereinen. Und ruft den Leuten zu: Wer weiß, dass Verantwortung und Freiheit zwei Seiten derselben Medaille sind, wer bereit ist, nicht das zu tun, was populär ist, sondern für das einzustehen, was notwendig ist, der ist in der FDP herzlich willkommen.

Wen Gegenwind noch nie gebremst hat, sondern - im Gegenteil - beflügelt, der wird sich in unserer liberalen Partei sehr wohl fühlen. Wer sein Glück lieber selbst suchen will, als es sich von anderen vorkauen zu lassen; wer lieber selbst die Ärmel hochkrempelt, als auf bessere Zeiten zu warten; wer will, dass der Starke dem Schwachen hilft und weiß, dass es dafür auch Starke geben muss; ... der ist hier richtig. Denn alle diese Menschen finden in der FDP ihre politische Heimat. Für diese Überzeugungen lohnt es sich aufrecht zu stehen und zu kämpfen, auch wenn der Wind einem kräftig ins Gesicht bläst. Wir Liberale wissen, dass die Verteidigung der Freiheit insbesondere dann keine politische Schönwetterveranstaltung ist, wenn es darauf ankommt. Doch genau deshalb sind wir in dieser großartigen Freien Demokratischen Partei. Dafür danke ich Ihnen.


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Quelle:
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veröffentlicht im Schattenblick zum 7. Januar 2012