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REDE/731: Schäuble - Moderne Informationstechnologie, feste Größe staatlichen Handelns (BMI)


Internetredaktion des Bundesministeriums des Innern

Moderne Informationstechnologie - feste Größe staatlichen Handelns

Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble 3. März 2009


Technologien verändern unsere Welt. Die CeBIT zeigt das jedes Jahr aufs Neue. Aber nicht jede Idee zündet: Manche bestehen den Praxistest nicht, andere finden keine Nachfrage. Erfolgreiche Technologien dagegen nehmen in der Regel einen Weg, den Fachleute als 'Hype-Zyklus' beschreiben.

Am Anfang des Hype-Zyklus steht ein 'erster Durchbruch'. Phantasien werden geweckt, die öffentliche Aufmerksamkeit schnellt nach oben, überzogene Erwartungen entstehen, die sich so nicht erfüllen lassen. Daraufhin fällt die Technologie vom 'Gipfel überzogener Erwartungen' in ein 'Tal der Enttäuschungen', wie die Erfinder des Modells es nennen. Die Öffentlichkeit wird des Themas überdrüssig und wendet sich anderen Neuheiten zu. Im weiteren Verlauf kommt es zu realistischeren Einschätzungen des Potenzials der Technologie, es wird deutlicher, was geht und was nicht, die Umsetzung schreitet voran, es entstehen Strukturen, die die Neuerung in die Breite tragen. Diese Phase trägt im Hype-Zyklus den schönen Namen 'Pfad der Erleuchtung'. Am Ende erreicht die Technologie ein 'Plateau der Produktivität': Sie hat einen Reifungsprozess durchlebt, ihr Mehrwert hat sich gezeigt, sie wird von den Nutzern angenommen, es gibt Nachfolgemodelle und stetige Fortentwicklungen. Das ist dann nur noch halb so spannend wie der erste Durchbruch. Die öffentliche Aufmerksamkeit pendelt sich auf ein mittleres Niveau ein.

Besonders gut beschreibt das Modell unseren Umgang mit neuen Informationstechnologien. Das Internet ist das bekannteste und bedeutendste Beispiel. Beim E-Government und der IT in der öffentlichen Verwaltung erleben wir nun eine vergleichbare Entwicklung - wenn es sich dabei auch nicht um Erfindungen im eigentlichen Sinn, sondern eher um eine spezifische Umsetzung handelt.

Ganz am Anfang gab es erste Erfolge und auch hochfliegende Visionen: Alles sollte ganz einfach, schnell, bürgernah, effizient und intelligent vernetzt sein, alles sollte transparent sein und zum Mitmachen einladen. Manche dieser Hoffnungen wurden enttäuscht und man musste sich eingestehen, dass nicht alles so einfach war. Der Auf- und Ausbau der Systeme verschlang erhebliche Summen. Die Systeme waren oft nicht kompatibel und manches nahmen die Bürger auch nicht wie erhofft an. So war es beispielsweise in der Anfangszeit der Elektronischen Steuererklärung. Solche Rückschläge sind normal. Die Frage ist, wie man mit ihnen umgeht. Durch bessere Kooperation, realistischere Zielsetzung und vor allem Lernbereitschaft ist die IT in der öffentlichen Verwaltung am Ende doch weitergekommen. Heute ist beispielsweise die Elektronische Steuererklärung ein großer Erfolg. Im Jahr 2007 wurden 5,51 Millionen Einkommensteuererklärungen online abgegeben. Auch ich gebe meine Steuererklärung inzwischen elektronisch ab.

Die IT spielt für Staat und Verwaltung heute eine wichtige Rolle. In den letzten dreieinhalb Jahren haben wir einiges unternommen, um das Stadium der Produktivität zu erreichen. Heute können wir sagen, dass die öffentliche IT sowie die darauf gestützten elektronischen Prozesse und Dienstleistungen den Praxistest bestanden haben. Ihr Mehrwert macht sich in der täglichen Arbeit bemerkbar und der Umgang damit ist selbstverständlich geworden.

Das alles ging nicht so schnell, wie manche - vor allem in der Wirtschaft - immer wieder gefordert haben. Aber heute sind wir soweit. Die IT ist eine feste Größe staatlichen Handelns geworden. Längst geht es nicht mehr nur um die Modernisierung der Verwaltung, sondern um praktisch alle Politikfelder und Großprojekte. Schon die Investitionen zeigen, dass wir keine ganz kleinen Brötchen mehr backen: Die jährlichen IT-Ausgaben des Bundes liegen heute bei rund 3 Milliarden Euro.

Was hat uns in den letzten Jahren weitergebracht? Am wichtigsten war wahrscheinlich, dass es uns gelungen ist, tragfähigere, effizientere Strukturen für die Steuerung komplexer IT-Projekte zu schaffen. Sie schließen Bund, Länder und Kommunen ebenso wie Wirtschaft und Wissenschaft ein.

Den Grundstein für eine bessere IT-Steuerung haben wir im Dezember 2006 in Potsdam gelegt. Hier trafen sich Politik, Wirtschaft, Verwaltung und Wissenschaft zum Ersten Nationalen IT-Gipfel. Dieses Treffen findet seither jedes Jahr statt und jedes Mal haben wir wichtige Etappenziele erreicht.

Es ist der Wille zu verbindlicher Kooperation, der den IT-Gipfel von Anfang an ausgezeichnet hat. Ich kann das für mindestens zwei Arbeitsgruppen aus eigener Erfahrung sagen. Eine von ihnen trägt den etwas sperrigen Namen 'IT-basierte öffentliche Dienste in Deutschland - E-Government'. Dort haben wir gemeinsam die Entwicklung der Behördenrufnummer D115, der Bürgerportale und des elektronischen Personalausweises vorangetrieben. Beim dritten IT-Gipfel im November 2008 konnten wir die Planungen der Pilotphasen für die drei Projekte vorstellen. Langsam wird es Zeit, neue Projekte ins Auge zu fassen.

Bereits auf dem ersten IT-Gipfel hat sich der Verein 'Deutschland sicher im Netz e.V.' gegründet, in dem Staat und Wirtschaft die offenen IT-Sicherheitsfragen besprechen.

Bund, Länder und Kommunen arbeiten erfolgreich bei 'Deutschland-Online' zusammen, wo wir Projekte mit starker Strahlkraft zusammen umsetzen. Deutschland-Online hat inzwischen eine sechsjährige Erfahrung in der gemeinsamen Planung und Durchführung von IT-Vorhaben der öffentlichen Verwaltung. Diese Expertise können wir dieses Jahr besonders brauchen: Wir haben beim letzten IT-Gipfel Anregungen für eine 'Deutsche E-Government-Gesamtstrategie' vorgelegt, mit der wir uns an die europäische Spitze setzen wollen. Das werden wir nur durch Kooperation und offenen Austausch erreichen. Ich würde mir wünschen und bin auch zuversichtlich, dass es gelingt, dass das nächste Regierungsprogramm Aussagen zur E-Government-Strategie enthält, die wir derzeit mit Wirtschaft, Wissenschaft und Ländern ausarbeiten.

Wie gut die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der IT inzwischen ist, wie groß die Schnittmengen sind, hat die Föderalismuskommission II gezeigt. Dort sind wir kürzlich zu einigen grundlegenden Einigungen gekommen.

Die Verantwortung für eine sichere IT-Netzinfrastruktur soll künftig vorrangig beim Bund liegen. Mit dieser Entscheidung folgte die Kommission einem zentralen Anliegen des Bundesinnenministeriums. Der Bund soll die Kompetenz für die Errichtung eines Netzes erhalten, das die bestehenden IT-Netze von Bund und Ländern verbindet. Dieses Netz muss ausfallsicher sein und es muss zuverlässig gegen unberechtigte Zugriffe geschützt sein.

Auch die IT-Steuerung von Bund und Ländern haben wir mit der Föko II weiterentwickelt. Ein IT-Planungsrat soll die bisherigen Gremien ablösen. Er wird unter anderem Koordinierungsaufgaben übernehmen, E-Government-Projekte steuern und einen Teil der technischen und Sicherheitsstandards festlegen.

Von weit reichender Bedeutung ist, der Beschluss der Kommission, die Zusammenarbeit von Bund und Ländern bei der IT ins Grundgesetz aufzunehmen. Es war höchste Zeit, dass wir klare Verantwortlichkeiten für den Einsatz der Informationstechnik in der öffentlichen Verwaltung schaffen. Eisenbahn und Luftverkehr stehen schließlich auch bereits im Grundgesetz. Nun muss auch die öffentliche IT als zentrale Infrastruktur des 21. Jahrhunderts eine verfassungsrechtliche Grundlage erhalten.

Ein zuverlässiger Kooperationspartner muss eine eigene konsistente Position haben, die er in Verhandlungen einbringen kann. Das gilt auch für den Bund. Und selbst wenn er ein IT-Projekt in Eigenregie durchführt, muss das Vorgehen intern zwischen den einzelnen betroffenen Ressorts abgestimmt werden.

Im Sinne einer besseren IT-Steuerung des Bundes wurde es nötig, einen hochrangigen Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik zu ernennen. Herr Dr. Beus bekleidet dieses Amt nun seit Januar 2008. Damals wurden auch die beiden zentralen Steuerungsgremien, denen er vorsitzt - die IT-Steuerungsgruppe des Bundes und der Rat der IT-Beauftragten der Ressorts -, eingerichtet. Die ersten Diskussionen über die Ausgestaltung von Funktion und Gremien hatten wir ein Jahr zuvor begonnen. Das heißt: wir haben die IT-Steuerung des Bundes innerhalb einer recht kurzen Zeit konsensfähig konzipiert, was ein echter Kraftakt war. An die neue IT-Steuerung wurden hohe Anforderungen und Erwartung gestellt, die sich aber nicht eins zu eins auf die Regierungszusammenarbeit übertragen ließen.

Die letzten 12 Monate haben aber gezeigt, dass sich die neue Lösung bewährt hat und erfolgreich ist. Eine erste Bilanz ist zum 31. März 2009 vorgesehen. Herr Dr. Beus wird Ihnen aber sicher auch schon morgen in seinem Vortrag im Forum der Bundesregierung Einiges berichten.

In den letzten dreieinhalb Jahren haben wir bei unseren IT-Projekten vieles gelernt: Wir haben gelernt, ebenenübergreifend zusammenzuarbeiten. Wir haben gelernt, Verantwortlichkeiten zu definieren und wirksame Steuerungsmechanismen zu schaffen. Und wir haben gelernt, dass wir unsere IT-Infrastrukturen gut schützen müssen und dass wir die Sicherheit von IT-Nutzern auf hohem Niveau gewährleisten müssen, damit Vertrauen entstehen kann.

Je mehr die IT alle Bereiche von Leben und Arbeit prägt, umso attraktiver wird es für die Feinde unserer Ordnung, die neu entstandenen Abhängigkeiten auszunutzen. Gezielte Angriffe auf die IT-Infrastruktur eines Landes stellen eine wachsende Gefahr dar, die hohen Schaden anrichten kann. Das ist heute unbestritten und bedrohlicher als manche andere Gefahr. Das wissen wir spätestens seit der Attacke auf das Computersystem Estlands im Frühjahr 2007. Doch nicht nur die staatlichen IT-Infrastrukturen sind in Gefahr. Im vergangenen Jahr traf es offenbar einige Energieversorger außerhalb der USA. Der US-amerikanische Geheimdienst berichtete von mehreren Cyber-Angriffen. Mindestens einer dieser Angriffe führte zu einem Stromausfall in mehreren Städten.

Der Ausfall zentraler IT-Komponenten ist genauso wie der Verlust sensibler Informationen eine tägliche Bedrohung, gegen die wir uns schützen müssen. Dazu gehört auch, dass wir unsere Gesetzgebung den Bedürfnissen der Informationsgesellschaft anpassen und unsere Behörden in die Lage versetzen, die neuen Aufgaben zu erfüllen. Ein Beispiel ist das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik. Es hat die Aufgabe, Gefahren abzuwehren, die der Kommunikationstechnik der Bundesbehörden durch Schadprogramme drohen. Doch das entsprechende Gesetz war seit 1990 - das ist eine lange Zeit in diesem Technologiebereich - praktisch nicht mehr verändert worden. Ich habe daher einen Gesetzesentwurf zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes vorgelegt. Die Bundesregierung hat ihn am 14. Januar dieses Jahres beschlossen. Mit ihm werden die Kompetenzen des Amtes in die Bundesverwaltung hinein der neuen Bedrohungslage angepasst: wir brauchen mehr gemeinsame Sicherheitsstandards und wir brauchen eine effektive Abwehr von Angriffen auf unsere Regierungsnetze. Das sind die primären Ziele des Gesetzentwurfes.

Zur Sicherheit gehören auch Datenschutz und der Schutz digitaler Identitäten. Ein Blick in den aktuellen Lagebericht des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik erklärt, warum das Vertrauen der Bürger in E-Commerce und E-Government gefährdet ist. Dabei ist das Vertrauen eine wichtige Voraussetzung für die Wirtschaft. Der Handel mit gestohlenen Konto- oder Kreditkartendaten ist nicht nur im Internet äußerst lukrativ. Auch auf dem Schwarzmarkt werden große Datenmengen zu hohen Summen angeboten. Hier ist der Staat in seiner ordnungspolitischen Funktion gefragt, was am Ende aber nur etwas bewirken kann, wenn die Bürger vorsichtig mit ihren eigenen Daten umgehen.

Die Bundesregierung schützt die Daten der Bürger unter anderem durch die Einführung des elektronischen Personalausweises. Das Sicherheitskonzept des neuen Ausweises ist auf die Bedürfnisse der Informationsgesellschaft zugeschnitten. Er ermöglicht eine Art Standard-Identifizierung im Netz. Vielfältige Passwörter und Geheimzahlen werden entbehrlich. Gleichzeitig wird die Transparenz für die Internet-Nutzer und ihre Selbstbestimmung über die ins Internet übermittelten Identifizierungsdaten erheblich gestärkt: Ob und welche Ausweisdaten jeweils elektronisch übermittelt werden, bestimmt allein der Ausweisinhaber durch die Eingabe seiner Ausweis-PIN. Das Gesetz zur Einführung des elektronischen Personalausweises hat am 13. Februar im Bundesrat die letzte Hürde genommen. Ab 1. November 2010 wird der neue Ausweis ausgegeben.

Ein anderes wichtiges Projekt für mehr Sicherheit und Vertrauen im Internet ist De-Mail. De-Mail gibt den Bürgerinnen und Bürgern ein Instrument für besseren Datenschutz in die Hand. Sensible, vertrauliche Inhalte und rechtlich relevante Dokumente können bislang häufig nur unsicher im Internet versendet werden; häufig wird dafür weiterhin die Papierpost genutzt. In Zukunft bietet der Nachrichtenversand per De-Mail hier eine einfache, sichere und verbindliche Lösung für die Zustellung im E-Government und E-Business. Das Projekt hat international Vorbildfunktion. Außerdem - und das ist natürlich immer gut - kann Deutschland mit De-Mail jährliche Einsparungen von 1-1,5 Milliarden Euro realisieren. Die Ersparnisse werden bei der Wirtschaft ebenso ankommen, wie bei der Verwaltung und den Bürgern. Am 4. Februar hat das Bundeskabinett den Gesetzentwurf beschlossen, 2010 soll De-Mail in den Echtbetrieb starten.

Im Informationszeitalter werden Daten und deren elektronische Verarbeitung für den Staat immer wichtiger, um seine Aufgaben effizient zu erfüllen. Das setzt voraus, dass der Staat sensible Daten, die er erhebt und speichert, durch geeignete rechtliche und technische Vorkehrungen zuverlässig sichern muss. Ich darf Ihnen sagen: Wir nehmen diese Aufgabe sehr ernst. Ebenso muss der Staat die Voraussetzungen definieren, unter denen nicht-staatliche Akteure personenbezogene Daten - wie Kundendaten oder auch Daten von Arbeitnehmern - erheben, verarbeiten oder weitergeben dürfen. Bei den Daten im nicht-öffentlichen Bereich funktionieren die bestehenden Regelungen offenbar weniger gut als im öffentlichen Bereich. Das haben die Datenschutzaffären der letzten Zeit hinreichend deutlich gemacht. Deswegen müssen wir hier für mehr Transparenz sorgen und die Kontrollmechanismen stärken. Aber auch hier gilt der Grundsatz, dass das Gute durch Übertreibung ins Negative umschlagen kann. Deshalb müssen wir darauf achten, dass wir die berechtigten Interessen aller Betroffenen gegeneinander ausbalancieren. Das ist nicht immer einfach, aber wir bemühen uns darum.

Der Staat hat bei der Sicherheit und beim Datenschutz, bei der IT-Steuerung und der partnerschaftlichen Zusammenarbeit einiges unternommen, um seine IT-Projekte zum Erfolg zu führen. Hinzu kommen das Know-how und die Innovationskraft der heimischen IT-Unternehmen. Auf deren Expertise und Partnerschaft sind wir elementar angewiesen. Für diese konstruktive Zusammenarbeit danke ich.

Die Folgen der Finanzmarktkrise vermag derzeit niemand wirklich zu überblicken. Wir müssen uns auf schwierigere Zeiten einstellen. Weil der Staat nicht zulassen kann, dass das Finanzsystem zusammenbricht, haben alle westlichen Industriestaaten Rettungspakete für Finanzunternehmen aufgelegt. Es wäre nun fatal, wenn wir wegen der unbestreitbaren Fehlentwicklungen die grundsätzliche Überlegenheit marktwirtschaftlicher Ordnung in Frage stellen. Wir müssen auch in Zukunft darauf vertrauen und vertrauen können, dass wir durch unternehmerische Leistungsbereitschaft, Kreativität und Engagement weiter kommen als durch staatliche Intervention. Und wir müssen darauf achten, dass wir nicht durch Übertreibung das Gegenteil auslösen.

Aber in der außergewöhnlichen Situation, in der wir uns momentan befinden, muss auch der Staat sein Mögliches tun. Dazu gehört, dass er die Folgen der Finanzkrise für die Wirtschaft durch eine gezielte Ausgabenpolitik und Konsumanreize abmildert. Mit dem Konjunkturpaket II stützt die Bundesregierung die heimische Wirtschaft. Es dient der Sicherung von Arbeitsplätzen, der Stärkung der Wachstumskräfte und der Modernisierung unseres Landes. Wir hoffen, am Ende gestärkt aus der Krise hervorzugehen.

Aus den Mitteln des Bundes sind 500 Millionen Euro für ein IT-Investitionsprogramm vorgesehen. Die Bewirtschaftung dieser Mittel wurde dem Beauftragten der Bundesregierung für Informationstechnik, Herrn Staatssekretär Dr. Beus, übertragen. Bereits Ende Januar hat der IT-Rat der Bundesregierung unter seinem Vorsitz konkrete Themenbereiche und das weitere Vorgehen beschlossen. Wir werden noch in diesem Monat mit ersten Maßnahmen beginnen. Dabei werden wir uns den Themen IT-Sicherheit, Klimaschutz bei der IT und mit der IT sowie Open-Source-Software besonders annehmen. So ist es unser Ziel für den Bund, dass wir zum Jahr 2013 den Energieverbrauch, den unser IT-Betrieb verursacht, um 40 Prozent reduzieren. Ich weiß, die Wirtschaft ist bei der grünen IT deutlich weiter als der Staat. Wir begeben uns nun auf die Aufholjagd und werden dies jetzt korrigieren. Und ich füge hinzu: Hätten wir in den letzten Jahren nicht effiziente Entscheidungsstrukturen im IT-Bereich geschaffen, wäre es uns heute vermutlich nicht so schnell gelungen, uns auf die Verwendung der krisenbedingt bereitgestellten Mittel zu einigen.

Deutschland braucht eine starke IKT-Wirtschaft. Mehr als 80 Prozent der Innovationen in den drei großen Branchen Automobil, Medizintechnik und Logistik in Deutschland sind IKT-getrieben. Deutschland ist der viertgrößte Ländermarkt weltweit für Informations- und Kommunikationstechnologien. Umso wichtiger ist es für uns, dass der IKT-Markt in Deutschland sich in diesem Jahr voraussichtlich stabil entwickeln wird, trotz der insgesamt eher kritischen Wirtschaftsprognosen. Das gibt Grund zu einer gewissen Zuversicht. Ich denke, auch die CeBIT wird bald wieder zur alten Stärke finden. Wir dürfen uns von den Negativprognosen, die momentan durch die Medien geistern, nicht verrückt machen lassen. Die IT hat ihren festen Platz in unserer Gesellschaft gefunden.

Inzwischen finden sich die auch diejenigen, die wie ich keine digital natives sind, in großer Mehrheit in der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts zu Recht. Der Staat zieht mit Gesetzesanpassungen und neuen Regulierungen nach, wo es notwendig ist. Die IT ist mit der Aufnahme ins Grundgesetz endgültig in unserem staatlichen Gefüge angekommen und wir alle richten uns mehr und mehr in der digitalen Welt ein. Die öffentlich betriebene IT und die auf ihr aufbauenden Dienstleistungen haben das Stadium der Produktivität erreicht. Sie erfahren nur noch durchschnittlich öffentliches Interesse.

Ein diesjähriges Schwerpunktthema der CeBIT beschäftigt sich mit den Veränderungen der Gesellschaft durch das Internet. Ich verhehle nicht, dass ich manche Veränderungen in unserer Informationsgesellschaft mit einer Prise Skepsis betrachte. So müssen wir uns fragen, wie Menschen unter den veränderten Bedingungen der Gegenwart ein stabiles Zugehörigkeitsgefühl ausprägen können. Wir müssen uns fragen, wie es um die Bereitschaft bestellt ist, sich für die Gemeinschaft zu engagieren. Wir müssen uns fragen, wie wir uns in einer Welt grenzenloser Kommunikation einen Sinn für Maß und Mitte erhalten. In jedem Fall sollten wir die Möglichkeiten neuer Technologien entschlossen und zuversichtlich nutzen. Aber wir müssen auch daran arbeiten, dass das Zugehörigkeitsgefühl erhalten bleibt. Globalisierung und Virtualisierung dürfen nicht zu einem Auseinanderbrechen unserer Gesellschaft führen. Vielmehr gilt es, die Möglichkeiten der Informationstechnik für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts einzusetzen. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen für die nächsten Tage viel Erfolg auf der CeBIT und viele anregende Begegnungen.


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Quelle:
Moderne Informationstechnologie - feste Größe staatlichen Handelns
Rede von Bundesminister Dr. Wolfgang Schäuble 3. März 2009
Publiziert am 5. März 2009
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veröffentlicht im Schattenblick zum 6. März 2009