Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → FAKTEN

SICHERHEIT/114: Die Augen am Himmel - Auch UN überlegen Einsatz von Drohnen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 28. Januar 2013

Rüstung: Die Augen am Himmel - Auch UN überlegen Einsatz von Drohnen

von George Gao


Eine abschussbereite ScanEagle-Drohne im Irak - Bild: © öffentliches Eigentum

Eine abschussbereite ScanEagle-Drohne im Irak
Bild: © öffentliches Eigentum

New York, 28. Januar (IPS) - Im Prospect Park im New Yorker Stadtbezirk Brooklyn lässt ein Mann ein unbenanntes Luftfahrzeug (UAV) - eine Drohne - steigen. Wenige Kilometer weiter nördlich, auf der anderen Seite des East River, debattieren UN-Vertreter über mögliche Drohneneinsätze im Rahmen der UN-Friedensmission in der Demokratischen Republik Kongo (DRC).

Drohnen werden unter anderen zur Beschaffung von Informationen über Wirbelstürme, zum Abwurf humanitärer Hilfsgüter in Konfliktgebieten, zur Bekämpfung von Bränden und zur Überwachung von Schutzgebieten verwendet. Umstritten sind die UAVs vor allem dann, wenn sie zu gezielten Tötungen und der Beschaffung von Geheimdienstinformationen eingesetzt werden.

Die Kontroverse um Drohneneinsätze hat am 24. Januar neue Nahrung erhalten, als Ben Emmerson, UN-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, eine Untersuchung über die zivilen und menschenrechtlichen Auswirkungen der zur Terrorismusbekämpfung vorgenommenen Drohnenanschläge ankündigte, die vor allem unter der Regierung von US-Präsident Barack Obama in Nahost durchgeführt werden.

Die zunehmende Verwendung der Drohnentechnologie stelle für den internationalen Rechtsrahmen eine wirkliche Herausforderung dar, meinte Emmerson auf einer Pressekonferenz in London. Seiner Meinung nach sollte die internationale Gemeinschaft ihre Aufmerksamkeit auf die Standards richten, die sich auf diese technologische Entwicklung anwenden ließen. Der Einsatz von Drohnen in Konflikten sei eine Realität, die es dringend zu unterbinden gelte.


Recht auf Privatsphäre versus Überwachung

Wie Ryan Calo, Lehrbeauftragter an der Rechtsfakultät der Universität von Washington, gegenüber IPS erklärte, können in den USA Fragen der Privatsphäre im Zusammenhang mit Drohneneinsätzen dazu beitragen, das zerstörerische Potenzial dieser Technologie zu begrenzen.

"In den USA ist es ein Grundprinzip, dass die Regierung nicht in die Privatsphäre der Menschen eindringt und Informationen über harmlose Aktivitäten sammelt, nur um sicherzustellen, dass diese nichts Böses im Schilde führen", betonte Allie Bohm von der US-amerikanischen Bürgerrechtsorganisation 'American Civil Liberties Union' (ACLU).

"Überwachungsdrohnen sind sicherlich technologisch in der Lage, heimlich Informationen über uns alle zu sammeln, auch wenn wir nicht eines Verbrechens verdächtigt werden", sagte Bohm. Die Verfassungsmäßigkeit der Drohnentechnologien werde derzeit von den Gerichten geprüft. "Unsere bestehenden Gesetze sind nicht stark genug, um sicherzustellen, dass diese neue Technologie in Übereinstimmung mit unserem Demokratieverständnis verwendet wird", fügte sie hinzu.

Obwohl nach wie vor verbindliche Regelungen fehlen, hat der US-Kongress die Bundesluftfahrtbehörde gebeten, den US-Luftraum 2014 für Drohnen zu öffnen. In diesem Zusammenhang wies Bohm darauf hin, dass die US-Behörde für Heimatschutz bereits in Oklahoma Drohnenprogramme gestartet hat.

Calo, Experte für Robotertechnik und Privatsphäre, ist der Meinung, dass die Reaktionen, mit denen die Bürger auf die Überwachungsdrohnen reagieren, Washington veranlassen könnten, die Angemessenheit der US-Privatheitsgesetze zu überprüfen. "Zur Überwachung des Luftraums haben Drohnen den Vorteil, dass sie preiswerter sind als die Anschaffung, der Unterhalt und der Einsatz von Flugzeugen und Hubschraubern. Immer wenn dies der Fall ist, sieht man mehr davon."


Auswirkungen auf die Psyche

Calo befasste sich in einem Essay mit dem Titel 'The Boundaries of Privacy Harm' mit mentalen Erkrankungen, die aus der Angst heraus entstehen, überwacht und kontrolliert zu werden. "Es gibt Studien, die unter anderem zeigen, dass der Kauf bestimmter Dinge vor laufender Kamera bei Menschen Unbehagen auslöst. Werden Personen beobachtet, sind sie weniger kreativ und haben oftmals Schwierigkeiten, komplexe Aufgaben zu bewältigen." Auf die Frage nach den möglichen psychischen Folgen einer UN-Drohnenüberwachung für die Zivilbevölkerung der DRC antwortete er: "Ich denke, die Auswirkungen könnten beunruhigend sein."

"Falls wir unbemannte Flugfahrzeuge zu Versuchszwecken in der DRC einsetzen, werden wir uns an die üblichen Verfahrensweisen halten", versicherte André-Michel Essoungou, Sprecher der UN-Abteilung für Friedenssicherungseinsätze und der Hauptabteilung Feldeinsätze. "Letztlich wird jeder UAV-Einsatz ausschließlich in Absprache mit der kongolesischen Regierung erfolgen. Und um die Flugkörper dort einzuführen, brauchen wir die Unterstützung der Mitgliedstaaten, die an der Mission teilnehmen."

Die UN sind nicht die ersten, die über einen Einsatz von Drohnen in der DRC nachdenken. Die Biologen Lian Pin Koh und Serge Wich, Mitbegründer der Online-Plattform 'conservationdrones.org', steuern preiswerte Drohnen durch mehrere Länder, um Informationen zu Forschungs- und Umweltschutzzwecken zu sammeln.

"Im Dezember 2012 hat unser Team eine Schutzdrohne im Rahmen einer Initiative der niederländischen Sektion des 'World Wildlife Fund' (WWF) über dem Odzala-Nationalpark im Kongo Park eingesetzt, um das Potenzial von Drohnen zu erforschen, Wilderer aufzuspüren", meinte Koh, Lehrbeauftragter für Umweltwissenschaften an der Eidgenössischen Technischen Hochschule in Zürich.


Drohnen gegen Wilderer

"Wir arbeiten derzeit mit anderen an der Entwicklung eines weitreichenden telemetrischen Video- und Kontrollsystems für Flugzeuge, das besser geeignet ist, Wilderer auszumachen, um schneller reagieren zu können", fügte der Primatenforscher Wich hinzu, der an der John-Moores-Universität in Liverpool lehrt. "Auch wenn wir keine Erfahrung mit Personen vorweisen können, die vom Boden aus schießen, ist es höchst unwahrscheinlich, dass die kleinen in 150 Meter Höhe fliegenden Drohnen von AK-47-Gewehren getroffen werden könnten. Doch bisher ist keines dieser Projekte ausgereift. Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen."

Beunruhigend sei jedoch die Vorstellung, dass die preiswerten UAVs in die falschen Hände geraten könnten, meinte Koh auf dem letzten Fuller-Symposium über Umweltkriminalität im vergangenen November. In einem solchen Fall könnten Wilderer die Drohnen ihrerseits verwenden, um Wildtiere aufzuspüren. (Ende/IPS/kb/2013)


Links:

http://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=1641487
http://conservationdrones.org/
http://www.ipsnews.net/2013/01/whos-watching-those-unblinking-eyes-in-the-sky/

© IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH

*

Quelle:
IPS-Tagesdienst vom 28. Januar 2013
IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
Marienstr. 19/20, 10117 Berlin
Telefon: 030 / 54 81 45 31, Fax: 030 / 54 82 26 25
E-Mail: contact@ipsnews.de
Internet: www.ipsnews.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 29. Januar 2013