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SICHERHEIT/172: Abrüstung - Japan plant neuen UN-Resolutionsentwurf zur Abschaffung von Kernwaffen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland GmbH
IPS-Tagesdienst vom 1. September 2015

Abrüstung:
Japan plant neuen UN-Resolutionsentwurf zur Abschaffung von Kernwaffen

von Ramesh Jaura


Bild: US-Regierung

Atomwolke bei einem Test der USA auf dem Enewetak-Atoll, Marshall-Inseln, im November 1952
Bild: US-Regierung

HIROSHIMA, JAPAN (IPS) - Eine kürzlich in Hiroshima zu Ende gegangene, dreitägige UN-Konferenz über Abrüstungsfragen hat zwar die Notwendigkeit einer kernwaffenfreien Welt betont, konnte aber über das Wie keine Einigkeit erzielen. Japan will indes der UN-Vollversammlung einen neuen Resolutionsentwurf zu einer vollständigen Abschaffung von Atomwaffen vorlegen.

An dem Treffen vom 26. bis 28. August, das das in Bangkok ansässige UN-Regionalzentrum für Frieden und Abrüstung in Asien und im Pazifik (UNRCPD) gemeinsam mit dem japanischen Außenministerium sowie der Stadt und der Präfektur Hiroshima organisiert hatte, nahmen mehr als 80 Regierungsvertreter und Experten teil.

Das mittlerweile 25. Jahrestreffen dieser Art war diesmal von besonderer Relevanz: Vor 70 Jahren waren Hiroshima und Nagasaki mit Atomwaffen bombardiert und die Vereinten Nationen gegründet worden.

UNRCPD-Direktor Yurij Kryvonos würdigte die Debatten über die "Chancen und Herausforderungen bei der nuklearen Abrüstung und der Nichtverbreitung von Kernwaffen als ehrlich und dynamisch".

Bei Präsentationen und Podiumsdiskussionen rückte die Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag, die vom 27. April bis zum 22. Mai am UN-Hauptsitz in New York stattfand, erneut in den Fokus.

Algeriens UN-Botschafter Taous Feroukhi, der den Vorsitz bei der Überprüfungskonferenz geführt hatte, erinnerte in Hiroshima daran, dass die Revisionsveranstaltung vor allem deshalb ohne Abschlussdokument geblieben sei, weil sich die USA, Großbritannien und Kanada geweigert hätten, der Einberufung von Gesprächen für den 1. März 2016 über eine Sperrzone für Massenvernichtungswaffen in Nahost zuzustimmen.

Auch Japans Außenminister Fumio Kishida und viele andere Regierungsvertreter und Experten bedauerten, dass man sich damals nicht auf einen Entwurf habe einigen können. Die Tatsache, dass bei der Überprüfungskonferenz kein neuer Aktionsplan vereinbart worden sei, habe zu einer Debatte über die Funktionsfähigkeit des Atomwaffensperrvertrags geführt. Der Vertrag sei aber ein wichtiges internationales Instrument für Frieden und Stabilität.

Auf dem Treffen in Hiroshima wurden unterschiedliche Standpunkte zu Maßnahmen im Sinne einer effizienten Umsetzung des Atomwaffensperrvertrags erörtert. Kontrovers diskutiert wurden ferner die Rolle des noch nicht in Kraft getretenen Atomteststoppabkommens (CTBT) auf dem Weg zur Abschaffung von Nuklearwaffen, die humanitären Folgen des Einsatzes von Kernwaffen und die Bedeutung der atomwaffenfreien Zonen für die nukleare Abrüstung.

Redner maßen dem wachsenden Einfluss von Lokalverwaltungen, der Zivilgesellschaft, Informationskampagnen über nukleare Abrüstung und den überlebenden Zeitzeugen der Atombombenanschläge ('Hibakusha') besondere Bedeutung bei der Sensibilisierung der Öffentlichkeit für die globale Gefahr durch Kernwaffen bei.

Der Gouverneur der Präfektur Hiroshima, Hidehiko Yuzaki, der Bürgermeister Karzumi Matsui - Sohn eines Hibakusha und Vorsitzender der Organisation 'Bürgermeister für den Frieden' mit 6.779 Mitgliedsstädten in 161 Ländern und Regionen - sowie sein Amtskollege Tomihisa Taue aus Nagasaki sprachen sich für eine verstärkte gemeinsame Kampagne zugunsten einer atomwaffenfreien Welt aus. Taue ist auch Präsident des Nationalen Rats der atomwaffenfreien Kommunalbehörden Japans.

Die führenden Vertreter Hiroshimas und Nagasakis begrüßten Vorschläge für einen Abrüstungsgipfel im kommenden Jahr in Hiroshima. Dieser Schritt würde die Öffentlichkeit noch stärker von der Notwendigkeit einer atomwaffenfreien Welt überzeugen, meinten sie.


Japan: Länder mit und ohne Kernwaffen sollen kooperieren

Auch wenn Vertreter des japanischen Außenministeriums dem Vorstoß nicht öffentlich zustimmen wollten, betonte Minister Kishida, dass es wichtig sei, dass die Länder mit und ohne Atomwaffen gemeinsam an der Weiterentwicklung konkreter Maßnahmen arbeiteten. Japan werde bei der nächsten UN-Vollversammlung einen neuen Resolutionsentwurf zur vollständigen Beseitigung von Nuklearwaffen einreichen, kündigte er an. Eine solche Resolution sei 70 Jahre nach den Atombombenabwürfen "angemessen" und könne der internationalen Staatengemeinschaft in den kommenden fünf Jahren als Richtschnur dienen.

Die nächste Überprüfungskonferenz zum Atomwaffensperrvertrag wird voraussichtlich 2020 stattfinden.

Die Bürgermeister für den Frieden hatten im Jahr 2003 in Japan die Kampagne '2020 Vision' als wichtigstes Instrument für die Durchsetzung ihrer Agenda auf den Weg gebracht. Sie haben sich zum Ziel gesetzt, die Abschaffung von Kernwaffen bis 2020 durchzusetzen. Im August 2005 billigte die Weltkonferenz die Fortsetzung der Kampagne unter ihrem derzeitigen Titel.

Im Namen der Bevölkerungen von Hiroshima und Nagasaki erklärte Kishida in einer Botschaft an die UNRCPD-Konferenz, dass "die Realität der Atombombenabwürfe global noch längst nicht verstanden worden ist". Um die Welt von Nuklearwaffen zu befreien, sei es äußerst wichtig für Politiker, Jugendliche und andere Menschen weltweit, Hiroshima und Nagasaki zu besuchen und sich vor Ort selbst ein Bild über das Ausmaß der Zerstörung zu machen. (Ende/IPS/ck/31.08.2015)


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http://www.ipsnews.net/2015/08/disarmament-conference-ends-with-ambitious-goal-but-how-to-get-there/

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IPS-Tagesdienst vom 1. September 2015
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veröffentlicht im Schattenblick zum 2. September 2015

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