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WISSENSCHAFT/1196: Ergebnisse der Sommersitzungen des Wissenschaftsrates (idw)


Wissenschaftsrat - 15.07.2013

Ergebnisse der Sommersitzungen des Wissenschaftsrates (Braunschweig, 9. - 12. Juli 2013)



Der Wissenschaftsrat hat nach intensiven Beratungen Perspektiven für das deutsche Wissenschaftssystem aufgezeigt. Diese sind geleitet von der Überzeugung, dass die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu einer Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt beiträgt und Investitionen in die Wissenschaft eine hohe volkswirtschaftliche Rendite erzielen.

Dies verlangt nicht nur der Politik klare Prioritätensetzungen ab, es verlangt zugleich von den wissenschaftlichen Einrichtungen, dass sie sich stärker profilieren, dass sie sich auch in Zukunft wettbewerblich orientieren, dass sie vielfältig lokal bis transnational zusammenarbeiten, und dass sie ihre Handlungs- und Entscheidungsprozesse zielführend gestalten. Die vom Wissenschaftsrat entwickelten Perspektiven berücksichtigen sowohl die Anforderungen der Wissenschaft als auch die legitimen Erwartungen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik an ein leistungsstarkes Wissenschaftssystem, welches durch den demographischen Wandel und den zunehmenden internationalen Wettbewerb unter Druck steht.

Erstmals hat der Wissenschaftsrat die Hochschullandschaft eines gesamten Bundeslandes in den Blick genommen. Das Land Sachsen-Anhalt hatte ihn gebeten, eine Gesamtbetrachtung seines Hochschulsystems und Vorschläge für dessen weitere Entwicklung bis zum Jahr 2020 und darüber hinaus vorzulegen. Bei dieser Untersuchung wurden die wissenschaftlichen Voraussetzungen an den einzelnen Hochschulen und die Kooperationsmöglichkeiten im regionalen Umfeld ebenso berücksichtigt wie die demographischen, wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen im Land Sachsen-Anhalt. Die sieben Hochschulen des Landes haben in den vergangenen Jahren ihren landesspezifischen und gesamtstaatlichen Auftrag zur Sicherung eines bedarfsgerechten Hochschulzugangs eindrucksvoll erfüllt. Ungeachtet dieser positiven Entwicklungen bleibt das Hochschulsystem des Landes insgesamt noch hinter seinen wissenschaftlichen Möglichkeiten zurück. Der Wissenschaftsrat hat detaillierte Empfehlungen hierzu ausgesprochen.

Parallel zu diesem Unternehmen hat der Wissenschaftsrat eine eigene Stellungnahme zur Universitätsmedizin in Halle erarbeitet. Diese steht vor großen strukturellen Herausforderungen, auch wenn in den letzten Jahren wichtige Entwicklungen bereits angestoßen wurden. So konnten zum Beispiel große Fortschritte in der Lehre erzielt werden und auch die Krankenversorgung befindet sich auf einem guten Niveau. Weitere notwendige Veränderungsprozesse stehen aus Sicht des Wissenschaftsrats aber noch aus. Insbesondere ist es dem Standort trotz erheblicher Anstrengungen bisher nicht gelungen, ein klares wissenschaftliches Profil zu entwickeln. Der Wissenschaftsrat hält deshalb deutliche Strukturveränderungen am Standort Halle für unausweichlich.

Die hessische "Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz" (LOEWE) ist nach Auffassung des Wissenschaftsrates eine wertvolle Unterstützung der wissenschaftlichen Einrichtungen im Land. Sie werden durch dieses Programm in der Bildung leistungsfähiger Schwerpunkte wie auch der Etablierung wissenschaftlicher Kooperationen sinnvoll gestärkt. Der Wissenschaftsrat spricht sich für eine Fortsetzung des Förderprogramms aus, hält aber gleichzeitig eine Neujustierung einzelner Förderlinien für erforderlich.

Mit seiner Stellungnahme zum Friedrich-Loeffler-Institut - Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) auf der Insel Riems hat der Wissenschaftsrat die erste Evaluierung eines Forschungsinstituts aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) abgeschlossen. Das BMELV hat den Wissenschaftsrat im Jahr 2012 beauftragt, seine sechs Ressortforschungseinrichtungen und insbesondere die dort erbrachten Forschungsleistungen zu begutachten. Das Friedrich-Loeffler-Institut ist eine herausragende, international sehr renommierte Forschungseinrichtung, die unverzichtbare Leistungen im Bereich der Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Tierseuchen erbringt. Weltweit gibt es nur wenige Einrichtungen, die auf ein ähnlich breites Forschungsspektrum verweisen könnten.

Für zwei Institute empfiehlt der Wissenschaftsrat die Aufnahme in die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern im Rahmen der Leibniz-Gemeinschaft:

Als ein national und international anerkanntes Forschungsinstitut würdigt der Wissenschaftsrat das DWI an der RWTH Aachen e.V. - Interactive Materials Research, das innovative und gesellschaftlich hochrelevante Fragen der Materialforschung bearbeitet. Alleinstellung erlangt das Institut vor allem durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Natur- und Ingenieurwissenschaften. Es gelingt dem DWI, neuartige interaktive und funktionale Materialien zu entwickeln, die in dieser Form in den Einzeldisziplinen nicht herstellbar wären.

Das Institut für Photonische Technologien e V. (IPHT) in Jena ist eine weithin sichtbare Forschungseinrichtung mit herausragender Methodenkompetenz, die sich deutschlandweit als wichtiger Ansprechpartner in Fragen innovativer, auf optischen Methoden basierender Medizintechnik etabliert hat. Herausragende Forschungsinfrastrukturen kombiniert mit hoher methodischer Expertise machen das IPHT zu einer einzigartigen Einrichtung in Deutschland, von der zukünftig wichtige Innovationen in der Medizintechnik zu erwarten sind.

Als ein wertvolles Instrument der Forschungsförderung in der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) würdigt der Wissenschaftsrat die Fraunhofer-Zukunftsstiftung (München). Die Aufgaben, welche die Fraunhofer-Zukunftsstiftung mit der Förderung verwertungsorientierter Vorlaufforschung innerhalb der FhG übernommen hat, ließen sich aus seiner Sicht im herkömmlichen FhG-Geschäftsmodell nicht realisieren. Daher spricht sich der Wissenschaftsrat dafür aus, die Arbeit der Fraunhofer-Zukunftsstiftung langfristig fortzusetzen und auf diesem Weg die Innovationskraft der Fraunhofer-Gesellschaft nachhaltig zu stärken.

Außerdem wurden auf den Sommersitzungen vier Verfahren der Institutionellen Akkreditierung bzw. Reakkreditierung beraten. Dabei gelangte der Wissenschaftsrat in drei Verfahren zu einer positiven Entscheidung: European School of Management and Technology (ESMT), IB-Hochschule Berlin, CVJM-Hochschule Kassel - International YMCA University of Applied Sciences. Im Fall der Hochschule für angewandte Wissenschaften Bamberg sprach sich der Wissenschaftsrat gegen eine Akkreditierung der seit 2004 bestehenden Hochschule aus.

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Zukunftspakt für das Wissenschaftssystem | Wissenschaftsrat fordert gemeinsame Anstrengung

Der Wissenschaftsrat hat nach intensiven Beratungen Perspektiven für das deutsche Wissenschaftssystem aufgezeigt. Diese sind geleitet von der Überzeugung, dass die Sicherung der Zukunftsfähigkeit des deutschen Wissenschaftssystems zu einer Steigerung der gesellschaftlichen Wohlfahrt beiträgt und Investitionen in die Wissenschaft eine hohe volkswirtschaftliche Rendite erzielen.

Dies verlangt nicht nur der Politik klare Prioritätensetzungen ab, es verlangt zugleich von den wissenschaftlichen Einrichtungen, dass sie sich stärker profilieren, dass sie sich auch in Zukunft wettbewerblich orientieren, dass sie vielfältig lokal bis transnational zusammenarbeiten, und dass sie ihre Handlungs- und Entscheidungsprozesse zielführend gestalten. Die vom Wissenschaftsrat entwickelten Perspektiven berücksichtigen sowohl die Anforderungen der Wissenschaft als auch die legitimen Erwartungen von Gesellschaft, Wirtschaft und Politik an ein leistungsstarkes Wissenschaftssystem, welches durch den demographischen Wandel und den zunehmenden internationalen Wettbewerb unter Druck steht.

Mit den zahlreichen "Pakten" der vergangenen Jahre - Hochschulpakt, Exzellenzinitiative und Pakt für Forschung und Innovation - haben die Länder und der Bund gemeinsam bereits viel für die Wissenschaft bewegt. Der Wissenschaftsrat bittet die Regierungschefinnen und -chefs von Bund und Ländern nachdrücklich, dieses Engagement fortzuführen und für die abgestimmte Umsetzung der von ihm empfohlenen Maßnahmen so rasch wie möglich einen bis 2025 laufenden "Zukunftspakt" zu verabreden. Der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Wolfgang Marquardt: "Eines muss klar sein: Wir können nicht immer mehr von der Wissenschaft erwarten, ohne entsprechend in sie zu investieren. Kernpunkt unserer Empfehlungen ist die notwendige Stärkung der Hochschulen über eine verlässliche Erhöhung ihrer Grundfinanzierung." Diese Forderung ist eingebettet in den Vorschlag, die Gestaltung und Finanzierung des Wissenschaftssystems durch Bund und Länder in einem Zukunftspakt neu zu regeln.

"Das Wissenschaftssystem braucht keine Revolution. Es hat seine Entwicklungsfähigkeit eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Gerade die Exzellenzinitiative hat im gesamten System für Aufbruchstimmung gesorgt und die Umsetzung neuer Ideen ermöglicht", kommentiert Professor Marquardt die Ergebnisse der Analyse des Wissenschaftsrates. "Auf das Bestehende lässt sich gut aufbauen, unter der Voraussetzung, dass Bund und Länder ihre Anstrengungen für ein von handlungsfähigen Hochschulen geprägtes, kooperativ vernetztes Wissenschaftssystem auch in Zukunft in gemeinsamer Verantwortung fortsetzen."

Leitidee des Wissenschaftsrates ist es, die primär im Feld der Forschung initiierte positive Entwicklungsdynamik in die Breite zu tragen: Nicht nur in die Universitäten, auch in die Fachhochschulen, nicht nur in die Forschung, auch in Lehre, Transfer und Infrastrukturen. Diese Öffnung für vielfältige Profile wird das Wissenschaftssystem langfristig umgestalten. Sie soll jedoch nicht von außen gesetzt werden, vielmehr werden im Sinne einer Kultur der Ermöglichung flexible Instrumente zur Verfügung gestellt und Gestaltungsspielräume eröffnet, die eine nachhaltige mehrdimensionale Differenzierung fördern.

Mit Blick auf diese Leitidee empfiehlt der Wissenschaftsrat ein Bündel von Maßnahmen, das im Kern auf eine Stärkung der Hochschulen zielt: Die bestmögliche Förderung und Qualifizierung von Menschen, die Steigerung der Attraktivität des Wissenschaftssystems, die Stärkung der Hochschulen als Zentren des Wissenschaftssystems, die Etablierung geeigneter Instrumente und Anreize für eine mehrdimensionale horizontale und vertikale Differenzierung, die Gestaltung förderlicher, den spezifischen Gesetzmäßigkeiten der Wissenschaft entsprechender Rahmenbedingungen, die Eröffnung von Gestaltungsspielräumen, die Übertragung des Mehrwerts der außeruniversitären Forschungslandschaft auf das gesamte Wissenschaftssystem und die Intensivierung vielfältiger Zusammenarbeit. Durch eine modifizierte Weiterentwicklung der "Pakte" sowie vor allem durch die Etablierung langfristig ausgerichteter "Liebig-Zentren" und "Merian-Professuren" soll die Dynamik des Systems um eine Komponente der Nachhaltigkeit ergänzt, die Hochschulen strategisch gestärkt und Lücken in einer bereits vielfältigen Förderlandschaft geschlossen werden.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3228-13.pdf
- Perspektiven des deutschen Wissenschaftssystems

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Wissenschaftsrat: Sachsen-Anhalts Hochschulen wichtiger Faktor in der Landesentwicklung

Die sieben Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt haben in den vergangenen Jahren ihren landesspezifischen und gesamtstaatlichen Auftrag zur Sicherung eines bedarfsgerechten Hochschulzugangs eindrucksvoll erfüllt. Es zeigt sich, dass sie auch auf Studieninteressierte aus den westlichen Bundesländern eine deutlich gestiegene Anziehungskraft ausüben. Ein gut ausgebautes Hochschulsystem spielt damit eine Schlüsselrolle in dem Bemühen, den demographischen Wandel aufzuhalten und Sachsen-Anhalt auch für qualifizierte junge Menschen aus anderen Bundesländern attraktiv zu machen.

Diese Chance, die demographische Situation zu stabilisieren und Fachkräfte für die regionale Wirtschaft auszubilden, sollte das Land auch in Zukunft konsequent nutzen.

Die Universitäten konnten durch die - im Rahmen der Exzellenzoffensive des Landes forcierte - Bildung von Forschungsschwerpunkten ihre Wettbewerbsfähigkeit in den Natur- und Geisteswissenschaften (Universität Halle) sowie in den Ingenieurwissenschaften und der Medizin (Universität Magdeburg) deutlich verbessern. An den Fachhochschulen wurden mit den Mitteln der Exzellenzoffensive Kompetenzzentren Angewandter und Transferorientierter Forschung eingerichtet, die sich förderlich auf die Vernetzung in die regionale Wirtschaft ausgewirkt haben.

Ungeachtet dieser positiven Entwicklungen bleibt das Hochschulsystem des Landes insgesamt noch hinter seinen wissenschaftlichen Möglichkeiten zurück. Ursächlich hierfür sind eine zum Teil unscharfe wissenschaftliche Profilierung und eingeschränkte Strategiefähigkeit der Hochschulen sowie die unzureichende Nutzung der regionalen Kooperationspotenziale.

Zu diesem Ergebnis gelangt der Wissenschaftsrat in seinen jüngst verabschiedeten "Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems des Landes Sachsen-Anhalt". Das Land hatte den Wissenschaftsrat gebeten, eine Gesamtbetrachtung seines Hochschulsystems und Vorschläge für dessen weitere Entwicklung bis zum Jahr 2020 und darüber hinaus vorzulegen. Bei dieser Untersuchung wurden die wissenschaftlichen Voraussetzungen an den einzelnen Hochschulen und die Kooperationsmöglichkeiten im regionalen Umfeld ebenso berücksichtigt wie die demographischen, wirtschaftlichen und finanziellen Rahmenbedingungen im Land Sachsen-Anhalt. Parallel dazu hat der Wissenschaftsrat eine eigene Stellungnahme zur Universitätsmedizin in Halle erarbeitet.

Empfohlen wird den Hochschulen, die vorhandenen Ansatzpunkte nun konsequent zu nutzen, um die Qualität und Leistungsfähigkeit von Forschung und Lehre - unter Ausschöpfung der vorhandenen Effizienzreserven - nachhaltig zu steigern. "Der Wissenschaftsrat ist davon überzeugt, dass die Hochschulen durch Verbesserungen ihrer wissenschaftlichen Leistungsfähigkeit auch ihren bereits erheblichen Beitrag zur Landesentwicklung weiter steigern werden", so der Vorsitzenden des Wissenschaftsrates, Professor Wolfgang Marquardt.

Unter diesem Gesichtspunkt sollten die strategischen Kompetenzen der Hochschulleitungen gestärkt und der Umfang der frei verfügbaren Finanzmittel, die als Leistungsanreize eingesetzt werden können, erhöht werden. Der Wissenschaftsrat erwartet, dass die Hochschulen über eine Profilschärfung, die auch eine Fokussierung des Angebotsspektrums beinhalten muss, dazu beitragen, die nötigen finanziellen Voraussetzungen zu schaffen.

Den Hochschulen wird darüber hinaus nachdrücklich empfohlen, die bestehenden Kooperationsmöglichkeiten im regionalen Umfeld besser auszuschöpfen:

- Um die Zusammenarbeit von Universitäten und Fachhochschulen auf aussichtsreichen Wissenschaftsgebieten zu verbessern, sollten Kooperationsplattformen eingerichtet werden, an denen auch die umliegenden außeruniversitären Forschungseinrichtungen und die regionale Wirtschaft beteiligt werden sollten. Für das südliche Sachsen-Anhalt werden im Bereich der Agrar- und benachbarten Lebenswissenschaften erhebliche Potenziale für eine Kooperationsplattform der Universität Halle und der Hochschule Anhalt gesehen. Insbesondere in der Pflanzenforschung könnte Sachsen-Anhalt seine deutschlandweite Schlüsselstellung sichern und seine internationale Sichtbarkeit verbessern, wenn die beiden Hochschulen stärker zusammenwirken würden. Weitere Kooperationsplattformen sollten von der Universität Halle und der Hochschule Merseburg im Bereich Polymerwissenschaften und Kunststofftechnik und - mit breiterer ingenieurwissenschaftlicher Ausrichtung - von der Universität Magdeburg und den Hochschulen Magdeburg-Stendal und Harz eingerichtet werden.

- Zu intensivieren ist die Zusammenarbeit im mitteldeutschen Universitätsverbund Halle-Jena-Leipzig in Lehre und Forschung. Speziell im Bereich der sogenannten Kleinen Fächer sollte die Universität Halle die nötige Fokussierung ihres Portfolios in enger Kooperation mit den Partneruniversitäten realisieren.

- Darüber hinaus wird empfohlen, die Lehramtsausbildung an der Universität Magdeburg bis 2020 auslaufen zu lassen und an der Universität Halle zu konzentrieren. Für die Ausbildung von Berufsschullehrerinnen und -lehrern sollte die Universität Halle mit den Fachhochschulen des Landes kooperieren. Der Universität Magdeburg empfiehlt der Wissenschaftsrat, die Schließung der Lehramtsausbildung dafür zu nutzen, ihre drei Profilschwerpunkte Ingenieurwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Medizin zu stärken.

Angesichts der finanziellen Situation des Landes ist es nach Auffassung des Wissenschaftsrates nicht zu erwarten, dass die Hochschulen grundsätzlich davon ausgenommen werden können, ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung zu leisten. Jedoch wird dem Land mit Nachdruck empfohlen, die Umsetzung der Profilierungs- und Strukturmaßnahmen nicht durch sofortige Einsparungen im Hochschulbudget zu behindern. "Nur wenn das derzeitige Finanzierungsniveau während einer fünfjährigen Umbauphase aufrechterhalten wird", so Professor Wolfgang Marquardt weiter, "können die Hochschulen neben dem laufenden Lehr- und Forschungsbetrieb die nötigen Maßnahmen mit strategischem Bedacht umsetzen und auf dieser Grundlage zu langfristig wirksamen Effizienzsteigerungen und einer nachhaltigen Qualitätsverbesserung in Lehre und Forschung gelangen."

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3231-13.pdf
- Empfehlungen zur Weiterentwicklung des Hochschulsystems des Landes Sachsen-Anhalt (Drs. 3231-13)

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Herausforderung und Chance zugleich | Wissenschaftsrat evaluiert die Universitätsmedizin in Halle

Die Universitätsmedizin in Halle steht vor großen strukturellen Herausforderungen, auch wenn in den letzten Jahren wichtige Entwicklungen bereits angestoßen wurden. So konnten zum Beispiel große Fortschritte in der Lehre erzielt werden und auch die Krankenversorgung befindet sich auf einem guten Niveau. Weitere notwendige Veränderungsprozesse stehen aus Sicht des Wissenschaftsrats aber noch aus.

Insbesondere ist es dem Standort trotz erheblicher Anstrengungen bisher nicht gelungen, ein klares wissenschaftliches Profil zu entwickeln. Was Forschungsqualität und -quantität insgesamt betrifft, ist der Standort weit hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Der Wissenschaftsrat hält deshalb deutliche Strukturveränderungen am Standort Halle für unausweichlich.

Ungeachtet dessen wird ausdrücklich anerkannt, dass am Standort einige Initiativen existieren, denen ein hohes Entwicklungspotenzial bescheinigt werden kann. Sie finden sich insbesondere im Bereich der Epidemiologie, der Gesundheits- und Pflegewissenschaften und betreffen darüber hinaus weitere Einzelaktivitäten, beispielsweise in der Molekularen Zellbiologie. Hier macht der Wissenschaftsrat Vorschläge, wie durch eine Fokussierung auf eben diese Stärken konkurrenzfähige Initiativen erhalten und ausgebaut werden können.

Sicherzustellen ist dies vor allem über den Erhalt Halles als klinisch-medizinischer Standort. Für den vorklinischen Ausbildungsabschnitt empfiehlt der Wissenschaftsrat jedoch eine Verlagerung an den zweiten hochschulmedizinischen Standort in Sachsen-Anhalt. So könnten neben der Weiterentwicklung des Forschungsschwerpunkts auch die Qualität in Lehre und Krankenversorgung gewährleistet bleiben. Gleichzeitig eröffnen sich Gestaltungsspielräume für das Land in Forschung, Lehre und Krankenversorgung.

Eine solche Neuausrichtung in Halle bietet dem Standort die Chance, neue Wege in Forschung und Lehre zu gehen und damit eine Leistungssteigerung zu erzielen. Gleichzeitig könnte die Universitätsmedizin auch dazu beitragen, die großen Herausforderungen in der Region (demographischer Wandel, Deckung des Ärztebedarfs) durch geeignete Forschungs- und Translationsaktivitäten aktiv aufzugreifen. Mit seinen innovativen Ansätzen könnte Halle auch als Attraktor - sowohl für Studierende als auch für Lehrende und Forschende - in der Region wirken.

Parallel zur Evaluation der Universitätsmedizin in Halle hat der Wissenschaftsrat eine strukturelle Begutachtung der gesamten Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt durchgeführt. Die Verfahren erfolgen vor dem Hintergrund eines beschleunigten demographischen Wandels sowie zunehmender finanzieller Restriktionen in Sachsen-Anhalt. Die Stellungnahme zur Universitätsmedizin sowie die Empfehlungen zur Entwicklung des Hochschulsystems Sachsen-Anhalt wurden bereits im Vorfeld der Verabschiedung kontrovers in der Öffentlichkeit diskutiert.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3258-13.pdf
- Stellungnahme zur weiteren Entwicklung der Universitätsmedizin der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Wissenschaftsrat: Friedrich-Loeffler-Institut auf international hervorragendem Niveau

Das Friedrich-Loeffler-Institut - Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI) auf der Insel Riems ist eine herausragende, international sehr renommierte Forschungseinrichtung, die unverzichtbare Leistungen im Bereich der Prävention, Erkennung und Bekämpfung von Tierseuchen erbringt. Zu diesem Ergebnis kommt der Wissenschaftsrat in seiner jüngst verabschiedeten Stellungnahme.

Mit exzellenter Forschung trägt das FLI maßgeblich dazu bei, die Ausbreitung von Tierseuchen sowie von Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können (zum Beispiel Vogelgrippe, BSE), frühzeitig einzudämmen oder zu verhindern. Weltweit gibt es nur wenige Einrichtungen, die auf ein ähnlich breites Forschungsspektrum verweisen könnten. "Am Friedrich-Löffler-Institut lässt sich auf mustergültige Weise beobachten, wie Forschung sowie Service- und Beratungsleistungen für die Bundesregierung, Landesbehörden und andere Interessenten ineinander greifen. Ohne umfangreiche, unabhängige und hochwertige eigene Forschung könnte das Institut seine international nachgefragten Service- und Beratungsleistungen nicht in der jetzigen sehr guten Qualität erbringen", so der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Wolfgang Marquardt.

Eine Herausforderung stellt die Integration von drei Instituten in Niedersachsen dar, die erst vor wenigen Jahren in das FLI eingegliedert wurden. Der Wissenschaftsrat empfiehlt dem FLI, ein tragfähiges Konzept für den neuen Standort Mecklenhorst-Mariensee zu entwickeln, an dem die drei Institute zusammengeführt werden sollen, und diese Institute intensiv mit den anderen FLI-Instituten insbesondere auf der Insel Riems und in Jena zu vernetzen. Unabhängig davon spricht er sich dafür aus, dem FLI weitergehende Flexibilität im Haushalts- und Personalbereich einzuräumen.

Mit der Stellungnahme zum Friedrich-Loeffler-Institut hat der Wissenschaftsrat die erste Evaluierung eines Forschungsinstituts aus dem Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (BMELV) abgeschlossen. Das BMELV hat den Wissenschaftsrat im Jahr 2012 beauftragt, seine sechs Ressortforschungseinrichtungen und insbesondere die dort erbrachten Forschungsleistungen zu begutachten. Die noch ausstehenden fünf Evaluierungen werden bis 2015 durchgeführt werden.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3183-13.pdf
- Stellungnahme zum Friedrich-Loeffler-Institut - Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI), Riems (Drs. 3183-13)

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Wissenschaftsrat: LOEWE - ein wertvoller Beitrag zur Forschungsförderung

Die hessische "Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz" (LOEWE) ist nach Auffassung des Wissenschaftsrates eine wertvolle Unterstützung der wissenschaftlichen Einrichtungen im Land. Sie werden durch dieses Programm in der Bildung leistungsfähiger Schwerpunkte wie auch der Etablierung wissenschaftlicher Kooperationen sinnvoll gestärkt. Der Wissenschaftsrat spricht sich für eine Fortsetzung des Förderprogramms aus, hält aber gleichzeitig eine Neujustierung einzelner Förderlinien für erforderlich.

LOEWE wurde 2008 aufgelegt und vom Land Hessen in der laufenden Legislaturperiode (2009-2013) mit einer Fördersumme von 410 Millionen Euro ausgestattet. Das Programm besitzt eine gut konzipierte Programmarchitektur, in deren Rahmen gemeinsame Forschungsvorhaben von Hochschulen, außeruniversitären Einrichtungen und kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gezielt gefördert werden. Es hat den Wettbewerb der wissenschaftlichen Einrichtungen untereinander belebt und die Entstehung von Kooperationen beflügelt, Sichtbarkeit und Reputation der Standorte wurden gesteigert. LOEWE findet regen Zuspruch seitens der Antragstellenden.

Empfohlen wird, die drei Förderlinien (1 - Zentrenbildung zum Ausbau bereits vorhandener wissenschaftlicher Stärken, 2 - Bündelung weniger hoch aggregierter wissenschaftlicher Themen in Schwerpunkte, 3 - Wissenschafts- und Technologietransfer) beizubehalten, aber Anpassungen vorzunehmen. So sollten rechtzeitig konkrete Perspektiven für erfolgreiche Zentren (Förderlinie 1) vereinbart werden, damit die Projektförderung nachhaltige Wirkung entfalten kann. Die Schwerpunktförderung (Förderlinie 2) sollte flexibler gestaltet werden, um Forschungsfreiräume für innovative, im positiven Sinn risikobehaftete Forschung zu schaffen. Dazu sollten auch explorative Einzelideen und kleiner umrissene Themen Unterstützung erfahren, die sich durch besondere Originalität und Innovativität auszeichnen. Dies würde auch den Geistes- und Sozialwissenschaften sowie den Fachhochschulen einen guten Zugang zur Projektförderung ermöglichen. Der Wissenschafts- und Technologietransfer hat durch die Förderlinie 3 erkennbar an Aufmerksamkeit und Reputation innerhalb der Wissenschaft gewonnen. In Zukunft sollten zusätzlich alternative Wege beschritten werden, um Transferprojekte zu konzipieren. Sie könnten thematisch an Projekte der beiden anderen Förderlinien angelehnt sein oder aus ihnen entwickelt werden.

Zur regionalen Vernetzung kann das Programm künftig noch mehr beitragen als bisher. So sollten die hessischen wissenschaftlichen Einrichtungen, insbesondere in der Förderlinie 2, gezielt thematische Kooperationen suchen und damit zur Stärkung der hessischen Wissenschafts- und Forschungslandschaft beitragen. Auch die Verbundprojekte in der Förderlinie 3 sollten sich stärker regional vernetzen.

Mit LOEWE hat der Wissenschaftsrat erstmals ein Landesprogramm der Forschungsförderung evaluiert. Mit einem antragsbasierten, zeitlich befristeten Förderformat wie LOEWE wird das Spektrum der Wissenschaftsförderung auf Landesebene um ein sinnvolles Instrument erweitert. Nach Auffassung des Wissenschaftsrates sollten Länder bei der Gestaltung solcher Programme ihre Kenntnis der Gegebenheiten der Region und der Wissenschaftslandschaft nutzen und strukturelle Ziele anvisieren. Auf diese Weise können Sondermittel eng ausgerichtet am Bedarf der Einrichtungen des ganzen Landes eingesetzt werden und die mit Hilfe von Grundmitteln erbrachten Basisleistungen gezielt Ergänzung finden. "Zentrale Voraussetzung für die Fortführung von LOEWE und für das Gelingen von Länderförderprogrammen bleibt", so betont der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Wolfgang Marquardt, "eine ausreichende Grundfinanzierung der Hochschulen".

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3192-13.pdf
- Stellungnahme zum hessischen Forschungsförderprogramm LOEWE (Landesoffensive zur Entwicklung wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz) (Drs. 3192-13)

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Wissenschaftsrat: DWI an der RWTH Aachen e.V. zur Aufnahme in Leibniz-Gemeinschaft empfohlen

Als ein national und international anerkanntes Forschungsinstitut würdigt der Wissenschaftsrat das DWI an der RWTH Aachen e.V. - Interactive Materials Research, das innovative und gesellschaftlich hochrelevante Fragen der Materialforschung bearbeitet. Alleinstellung erlangt das Institut vor allem durch die enge interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Natur- und Ingenieurwissenschaften.

Es gelingt dem DWI, neuartige interaktive und funktionale Materialien zu entwickeln, die in dieser Form in den Einzeldisziplinen nicht herstellbar wären. Angesichts der ausgezeichneten Qualität des DWI sowie des gesamtstaatlichen wissenschaftspolitischen Interesses an den Forschungsleistungen des Instituts empfiehlt der Wissenschaftsrat, das DWI als außeruniversitäre Forschungseinrichtung in die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern im Rahmen der Leibniz-Gemeinschaft aufzunehmen.

Das 1952 als Deutsches Wollforschungsinstitut gegründete DWI an der RWTH Aachen e.V. betreibt seit seiner umfassenden inhaltlichen Neuorientierung Forschung zur Entwicklung, Verarbeitung, Veredelung und Gebrauchsfunktionalität von Materialien, Film- und Faserstrukturen und der daraus hergestellten Produkte. Interdisziplinär vernetzt entwickeln und erforschen insbesondere Biotechnologie und Verfahrenstechnik gemeinsam Wirkstoffe für neue Technologien. Vor allem die am DWI entwickelten neuartigen biohybriden und wasserbasierten Materialien sind von großer Bedeutung auf den Gebieten der Biomedizintechnik und der Energie- und Ressourcennutzung.

Das Institut ist ausgezeichnet in der Wissenschaftsregion Aachen verankert. Um eine weitere Stärkung des Wissenschaftsstandorts Aachen zu erreichen, empfiehlt der Wissenschaftsrat, die durch eine Aufnahme des DWI in die gemeinsame Bund-Länder-Förderung frei werdenden Landesmittel für eine Stärkung des thematischen Umfelds des DWI an der RWTH Aachen einzusetzen. Ein moderater personeller Aufwuchs am DWI sollte vor allem die theoretische Fundierung der Forschungsprogramme stärken.

Der Wissenschaftsrat befürwortet, dass das DWI seine 2004 begonnene Neuorientierung auf Interactive Materials Research fortführt und sich als ein wichtiger Akteur in diesem Forschungsgebiet etabliert. Gleichwohl sollte das DWI in begrenztem Umfang an seinen traditionell verankerten Aktivitäten im Bereich der Textil- und Faserwissenschaften festhalten, um seiner nationalen Alleinstellung in diesem Forschungsfeld gerecht zu werden.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3185-13.pdf
- Stellungnahme zum DWI an der RWTH Aachen e.V., Aachen

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
WR: Institut für Photonische Technologien zur Aufnahme in die Leibniz-Gemeinschaft empfohlen

Das Institut für Photonische Technologien e.V. (IPHT) in Jena ist eine weithin sichtbare Forschungseinrichtung mit herausragender Methodenkompetenz, die sich deutschlandweit als wichtiger Ansprechpartner in Fragen innovativer, auf optischen Methoden basierender Medizintechnik etabliert hat. Die vom IPHT bearbeiteten Themenfelder sind von hoher gesellschaftlicher Relevanz und gesamtstaatlichem wissenschaftspolitischem Interesse.

Daher empfiehlt der Wissenschaftsrat, das Institut als außeruniversitäre Forschungseinrichtung in die gemeinsame Förderung von Bund und Ländern im Rahmen der Leibniz-Gemeinschaft aufzunehmen. "Herausragende Forschungsinfrastrukturen kombiniert mit hoher methodischer Expertise machen das IPHT zu einer einzigartigen Einrichtung in Deutschland, von der zukünftig wichtige Innovationen in der Medizintechnik zu erwarten sind", kommentiert der Vorsitzende des Wissenschaftsrates, Professor Wolfgang Marquardt, die Entscheidung.

Das 1992 gegründete Institut mit einer ursprünglichen Schwerpunktsetzung im Bereich der optischen Technologien beschäftigt sich heutzutage vor allem mit biophotonischen Fragestellungen an der Schnittstelle zu den Lebens- und Umweltwissenschaften. So werden unter anderem neue Methoden, Verfahren und Instrumente zur Krankheitsdiagnostik und -prävention, zur Sicherheitstechnik oder zur schnellen Analyse von Umweltgiften oder Lebensmittelverunreinigungen entwickelt. Die im IPHT entstehenden spektroskopischen und bildgebenden Systeme mit besonders hoher Spezifität, Empfindlichkeit oder Auflösung kommen unter anderem in der Sepsis- und Krebsdiagnostik zum Einsatz.

Seit Beginn eines Umstrukturierungsprozesses, der 2005/06 initiiert wurde, fokussiert sich die Arbeit des Instituts zunehmend darauf, die in der Grundlagenforschung erzielten Ergebnisse technologisch umzusetzen und neue Methoden auszuloten bzw. neue Verfahren zu entwickeln. Vor dem Hintergrund des deutlich ausgebauten Forschungspotenzials sollte das schon heute drittmittelstarke Institut auch weiterhin anstreben, etwa die Hälfte seines Budgets aus Drittmitteln zu bestreiten.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3182-13.pdf
- Stellungnahme zum Institut für Photonische Technologien e.V. (IPHT), Jena

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
Wissenschaftsrat: Fraunhofer-Zukunftsstiftung - Wertvolles Instrument der Forschungsförderung

Als ein wertvolles Instrument der Forschungsförderung in der Fraunhofer-Gesellschaft (FhG) würdigt der Wissenschaftsrat die Fraunhofer-Zukunftsstiftung (München). Die Aufgaben, welche die Fraunhofer-Zukunftsstiftung mit der Förderung verwertungsorientierter Vorlaufforschung innerhalb der FhG übernommen hat, ließen sich aus seiner Sicht im herkömmlichen FhG-Geschäftsmodell nicht realisieren. Daher spricht sich der Wissenschaftsrat dafür aus, die Arbeit der Fraunhofer-Zukunftsstiftung langfristig fortzusetzen und auf diesem Weg die Innovationskraft der FhG nachhaltig zu stärken.

"Die Förderprogramme der Fraunhofer-Gesellschaft werden mit der Fraunhofer-Zukunftsstiftung um ein langfristiges und strategisch nutzbares Instrument ergänzt", kommentiert Professor Wolfgang Marquardt, Vorsitzender des Wissenschaftsrates, das Ergebnis der Begutachtung.

Die 2008 gegründete Fraunhofer-Zukunftsstiftung ist mit einem Gesamtvolumen von 220 Millionen Euro ausgestattet, die aus den Lizenzerträgen aus mp3-basierten Technologien stammen. Die Fraunhofer-Gesellschaft hatte den größten Teil zur Entwicklung des mp3-Standards beigetragen und sich einige Verfahren zur mp3-Kodierung von Audiodaten patentieren lassen. Die Stiftung nutzt diese Mittel, um eigene Forschungsprojekte in technologisch und forschungspolitisch bedeutsamen Gebieten nachhaltig zu fördern und damit geistiges Eigentum zu bilden, aus dessen Verwertung neue Einnahmen durch Lizenz- oder Patenteinnahmen erzielt werden können. Diese Mittel können wiederum in die Forschung investiert werden.

Seit dem Start 2008 hat die Stiftung etwa 100 Millionen Euro in neun Projekte investiert. Derzeitige Stiftungsprojekte erforschen beispielsweise die Herstellung von künstlichem Hautgewebe, entwickeln Insekten-inspirierte optische Systeme oder erforschen innovative Herstellungsprozesse für Malaria-Impfstoffe. Die Stiftung trägt mit der Förderung dieser Projekte zum Transfer von Forschungsergebnissen aus der Fraunhofer-Gesellschaft bei.

Mit Blick auf die weitere Entwicklung der Fraunhofer-Zukunftsstiftung empfiehlt der Wissenschaftsrat, das Projektportfolio der Stiftung künftig noch stärker strategisch zu steuern und damit an die national relevanten Forschungsleitthemen der Fraunhofer-Gesellschaft anzukoppeln.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3184-13.pdf
- Stellungnahme zur Fraunhofer-Zukunftsstiftung, München (Drs. 3184-13)

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Wissenschaftsrat - 15.07.2013
 
WR: Entscheidungen im Verfahren der Institutionellen Akkreditierung und Reakkreditierung

Auf seinen Sommersitzungen in Braunschweig hat der Wissenschaftsrat vier Verfahren der Institutionellen Akkreditierung bzw. Reakkreditierung beraten. Dabei gelangte er in drei Verfahren zu einer positiven und in einem Verfahren zu einer negativen Entscheidung. Zu den Ergebnissen im Einzelnen:

Auf Antrag des Landes Berlin hat der Wissenschaftsrat geprüft, ob der European School of Management and Technology (ESMT) das Promotionsrecht zugesprochen werden kann. Im Ergebnis befürwortet er die Vergabe des Promotionsrechts an die forschungsorientierte und internationale School of Management. Allerdings soll die ESMT Promotionen nur im Rahmen eines gemeinsam mit den Berliner Universitäten getragenen Promotionsprogramms (wie dem BDPEMS - Berlin Doctoral Program in Economics and Management Science) durchführen können.

Der Wissenschaftsrat sieht in dieser Regelung einen Gewinn sowohl für die ESMT, deren Professorinnen und Professoren damit Promotionen betreuen können, als auch für das Hochschulsystem Berlins, dessen erfolgreiches kooperatives Promotionsprogramm in den Wirtschaftswissenschaften so weiter gestärkt wird.

In seiner Stellungnahme würdigt der Rat die ausgewiesenen und international sichtbaren Forschungsleistungen der Hochschule ebenso wie die strukturellen Bedingungen für Forschung. Ihnen attestiert er, deutlich forschungsfreundlicher ausgestaltet zu sein als an vielen staatlichen Hochschulen. Insgesamt habe die Hochschule überzeugend dargelegt, dass sie wissenschaftliche Reputation als ihre wichtigste Währung ansehe und sich entsprechend ausgerichtet habe.

Der Wissenschaftsrat wird die Voraussetzungen des Promotionsrechts der ESMT in fünf Jahren erneut überprüfen. Gleichzeitig reakkreditiert er die ESMT für zehn Jahre.

Im Fall der IB-Hochschule Berlin spricht der Wissenschaftsrat eine Akkreditierung für den Zeitraum von fünf Jahren aus. Die 2009 gegründete Einrichtung verfügt über etwa 500 Studierende und bietet in ihren Studienzentren in Berlin, Köln und Stuttgart einen primärqualifizierenden Studiengang im Bereich Kommunikationsdesign sowie Studiengänge im gesundheitswissenschaftlichen Feld an. Am Berliner Standort trägt die Hochschule durch das Angebot von Logopädie und Physiotherapie zur Akademisierung von medizinischen Gesundheitsfachberufen bei.

Der Wissenschaftsrat würdigt das Bemühen der IB-Hochschule, die Durchlässigkeit zwischen Berufs- und Hochschulbildung zu erhöhen und erkennt das auf eine langfristige Entwicklung ausgerichtete Engagement des Internationalen Bundes e.V. für die Hochschule an. Er gelangt insgesamt zu einer guten Bewertung der Hochschule, sieht aber für deren weitere positive Entwicklung einen Profilbildungsprozess als unerlässlich an, der durch eine Hochschulentwicklungsplanung unterstützt werden soll.

Im zeitlichen Horizont der ausgesprochenen Akkreditierung wird von Angeboten im Rahmen des zweiten Bologna-Zyklus abgeraten, da zunächst eine Forschungskultur und geeignete Kooperationen zu entwickeln sind.

Die CVJM-Hochschule Kassel - International YMCA University of Applied Sciences (CVJM-Hochschule) wurde auf Basis einer Konzeptakkreditierung als anwendungsori-entierte Fachhochschule staatlich anerkannt und nahm ihren Studienbetrieb zum Wintersemester 2009/10 auf. Sie qualifiziert junge Menschen in den Bereichen der Theologie, der Sozialen Arbeit und des Managements für eine Arbeit im CVJM sowie in Kirche und Gesellschaft.

Der Wissenschaftsrat erkennt die erheblichen Anstrengungen an, die unternommen wurden, um den Aufbau der Einrichtung voranzubringen und die Auflagen und Empfehlungen aus der Konzeptakkreditierung umzusetzen. Die positive Entwicklung der CVJM-Hochschule ist jedoch noch nicht in allen Bereichen abgeschlossen. Insbesondere sind zur Konsolidierung der Hochschule ein Ausbau der fachlichen Lehrkompetenzen, ein verbindliches Qualitätssicherungskonzept im Bereich der Fernstudienangebote sowie eine Revision der Grundordnung notwendig. Der Wissenschaftsrat hält fest, dass die CVJM-Hochschule in ihrem derzeitigen Zuschnitt Studienangebote im Rahmen des ersten Bologna-Zyklus tragen kann.

Vor dem Hintergrund der formulierten Auflagen und Empfehlungen und mit Blick auf den besonderen Entwicklungsbedarf spricht der Wissenschaftsrat eine Akkreditierung für drei Jahre aus.

Im Fall der Hochschule für angewandte Wissenschaften Bamberg spricht sich der Wissenschaftsrat gegen eine Akkreditierung der seit 2004 bestehenden Hochschule aus. Die Defizite, die die Einrichtung über alle Prüfbereiche hinweg aufweist, zeugen nach Auffassung des Wissenschaftsrates insgesamt von einem fehlenden akademischen Selbstverständnis und sind so schwerwiegend, dass sie nicht durch Auflagen und Empfehlungen behoben werden können.

Die Hochschule für angewandte Wissenschaften, die 2005 ihren Studienbetrieb in Coburg aufnahm, bietet ihren 116 Studierenden die primärqualifizierenden Studiengänge Physiotherapie und Logopädie sowie den auf eine abgeschlossene Berufsausbildung aufsetzenden Studiengang Physiotherapie an. Nach verschiedentlichen Umstrukturierungen der Trägergesellschaft hat die Hochschule im Wintersemester 2010/11 ihren Sitz nach Bamberg verlegt. In den acht Jahren ihres Betriebs ist es der Einrichtung, auf deren Entwicklung die Betreiberin bis zu einer Grundordnungsänderung im Januar 2013 starken Einfluss nehmen konnte, nicht gelungen, ein klar konturiertes Leitbild zu entwickeln, welches ihr akademisches Selbstverständnis dokumentiert. Zwar sind im laufenden Verfahren wesentliche Verbesserungen im Bereich der Leitungsstrukturen erfolgt. Mehrfache Wechsel im Studienangebot, eine nichthochschuladäquate Personalausstattung, die zudem von personeller Diskontinuität gekennzeichnet ist, disparate Informationen zur Forschungskonzeption und ein unzulängliches Dokumentations- und Berichtswesen zeugen jedoch insgesamt von einem mangelnden Verständnis für Hochschulförmigkeit und von wenig Kontinuität beim Betrieb der Einrichtung. Ferner konnten die anvisierten Studierendenzahlen, die für eine dauerhafte finanzielle Konsolidierung der Institution notwendig wären, nicht erreicht werden. In der Summe der Monita stellt der Wissenschaftsrat daher fest, dass die Hochschule für angewandte Wissenschaften Bamberg den Maßstäben einer Hochschule derzeit nicht entspricht.

Weitere Informationen unter:
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3211-13.pdf
- European School of Management and Technology (ESMT), Berlin
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3213-13.pdf
- IB-Hochschule Berlin
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3210-13.pdf
- CVJM-Hochschule, Kassel
http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/3146-13.pdf
- Hochschule für angewandte Wissenschaften Bamberg

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http://www.wissenschaftsrat.de/download/archiv/pm_1613.pdf
http://www.wissenschaftsrat.de/veroeffentlichungen/veroeffentlichungen-ab-1980.html

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung unter:
http://idw-online.de/de/institution415

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Quelle:
Informationsdienst Wissenschaft e. V. - idw - Pressemitteilung
Wissenschaftsrat, Dr. Christiane Kling-Mathey, 15.07.2013
WWW: http://idw-online.de
E-Mail: service@idw-online.de


veröffentlicht im Schattenblick zum 18. Juli 2013