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INTERNATIONAL/015: Afrika - Diskretion statt Transparenz, Kritik an Steuerparadiesen (IPS)


IPS-Inter Press Service Deutschland gGmbH
IPS-Tagesdienst vom 22. August 2011

Afrika: Diskretion statt Transparenz - Immer mehr Länder locken mit Steuerparadiesen

Von Hilaire Avril


London, 22. August (IPS) - Mauritius, Dschibuti und die Seychellen schützen ausländisches Kapital vor neugierigen Steuerbehörden. Fremde Reedereien schicken ihre Flotten häufig unter liberianischer Billigflagge über die Meere. Einschlägige Finanzkreise schätzen das kleine Botswana als 'afrikanische Schweiz', und in Kenia denkt man über die Einrichtung eines 'Nairobi International Financial Centre' nach.

Aktivisten sind angesichts der in Afrika immer zahlreicher angebotenen Steuerparadiese alarmiert. Sie vermissen in den so genannten Finanzzentren, in denen sich ausländisches Schwarzgeld und Fluchtkapital zu besten Konditionen bunkern lässt, jegliche Transparenz und fordern gerechte Steuersysteme. "Hier herrscht ein gesamt-afrikanischer Handlungsbedarf", erklärte Alvin Mosioma, Koordinator des Netzwerks 'Steuergerechtigkeit für Afrika'. Die Organisation setzt sich für gerechte Steuersysteme ein, die die wirtschaftliche und soziale Entwicklung voran bringen sollen.

"Die Afrikanische Union hat zwar ein besonderes Gremium zur Kontrolle illegaler Kapitalströme eingerichtet, dem auch Südafrikas früherer Staatspräsident Thabo Mbeki angehört, und auch die Konferenz des Forums afrikanischer Steuerverwaltungen von 2008 war ein viel versprechender Anfang. Doch zum Problem mangelnder Transparenz von Finanztransaktionen haben die Afrikaner zu lange geschwiegen", kritisierte Mosioma. "Die Befürworter von Steuerparadiesen behaupten, mit diesen Finanzzentren lasse sich der afrikanische Finanzsektor modernisieren und seine Verwaltung vereinfachen."

Der schädliche Einfluss dieser so genannten sicheren Häfen für Fluchtkapital und Schwarzgeld ist hinreichend dokumentiert. So haben erst kürzlich Nachforschungen ergeben, dass Jahr für Jahr Milliarden US-Dollar aus armen Ländern auf den britischen Kanalinseln oder in der Karibik auf geheimen Bankkonten landen. Diese Entwicklung geht auch an Afrika nicht vorbei. So etwa beobachtet man Kenias Sonderwirtschaftszonen mit ihren günstigen Steuerangeboten für Telekommunikationskonzerne und Banktransaktionen mit zunehmender Besorgnis.

"Die globale Finanzwirtschaft befürwortet trotz der weltweiten Bankenkrise von 2008 weiterhin eine Liberalisierung der grenzüberschreitenden Kapitalströme als bestmögliche Praxis, die sie auch den Entwicklungsländern empfiehlt", stellte Mosioma fest.

Doch in jüngster Zeit regt sich mancherorts Zweifel an der Einrichtung vermeintlich segensreicher Steuerparadiese. So etwa entzog Ghanas Regierung der Barclay's Bank die zuvor erteilte Lizenz zum so genannten Offshore-Banking. Die Finanzwirtschaft des westafrikanischen Landes kritisierte das Vorgehen, doch Ghanas Zentralbank befürchtete offenbar, hier könnte illegales Geld aus der Region gewaschen werden.

Der Analyst Nicholas Shaxson lobte die Regierungsentscheidung als "herzerfrischende Einsicht". In seinem kürzlich veröffentlichten Buch 'Treasure Islands: Tax Havens and the Men who Stole the World' zieht er eine kritische Bilanz des globalen Finanzsystems.

"In afrikanischen Ländern, deren Wirtschaft hauptsächlich vom Export von Rohstoffen abhängig ist, steigert die Einrichtung von Steuerparadiesen die Ausbeutung dieser Ressourcen ins Unermessliche", warnte Shaxson. "Nigeria beispielsweise kassiert Milliarden an Öldollars. Die Bevölkerung profitiert nicht davon. Im Gegenteil: Die Inflation wird in die Höhe getrieben und die Exporte einheimischer Wirtschaftsbereiche wie Landwirtschaft und Fertigungsindustrie, die Arbeitsplätze schaffen, erschwert", berichtete er.

Ungeachtet dieser Risiken kümmerten sich die internationalen Organisationen bislang kaum um die Problematik der Steuerparadiese, meinte Shaxson. "Das von der OECD etablierte 'Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes' ist eine der wenigen Institutionen, die das Offshore Banking ins Visier nehmen." Ihm sei es auch zu verdanken, dass Ghana nicht auf seiner schwarzen Liste gelandet sei, betonte der Experte. (Ende/IPS/mp/2011)


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veröffentlicht im Schattenblick zum 23. August 2011