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HEGEMONIE/1576: Bigotterie - Haftbefehl gegen Sudans Präsident (SB)



Der internationale Haftbefehl gegen den amtierenden Präsidenten Sudans, Omar al-Bashir, hat nur insofern etwas mit Gerechtigkeit zu tun, als daß Recht schon immer eine Waffe in der Hand des Stärkeren war. Ginge es hingegen um den Schutz von Menschenleben gegenüber unmittelbarer bis mittelbarer staatlicher Gewalt, befänden sich längst westliche Warlords, von denen sich einige zum Kriegsbündnis namens NATO zusammengeschlossen haben, im Visier des Internationalen Strafgerichtshofs in Den Haag. Aber pakistanische Schulen bombardieren, afghanische Hochzeitsgesellschaften auslöschen, somalische Eselkarawanen beschießen und Phosphorbomben auf Palästinenser werfen - kein Problem, wenn es nur der Sache der Guten dient.

Wie bigott die Einstellung des Westens ist, zeigt auch die Ausweisung des 32jährigen Familienvaters Adam Osman Mohammed aus Britannien nach Sudan, wo er prompt erschossen wurde - vor den Augen seiner Familie. Dem Sudanesen war von den britischen Behörden zunächst Asyl verweigert worden, woraufhin er "freiwillig" an einem Rückführungsprogramm teilnahm. Er kehrte via Khartum, wo er einige Monate verbrachte, in die konfliktreiche Provinz Darfur zurück und wurde dort getötet. Im kommenden Monat will die britische Regierung beschließen, daß weitere 3000 Sudanesen repatriiert werden. Zugleich unterstützt sie aber den Haftbefehl gegen Bashir, dem die Verantwortung unter anderem für Raub, Mord und Vergewaltigung zur Last gelegt wird. War es nicht von jeher tragender Bestandteil von Herrschaftssystemen, solche Widersprüche dem Anschein nach zu vereinen?

Sudan könnte dank seines Erdölreichtums ein wohlhabender Staat sein. An der Schnittstelle zwischen dem schwarzafrikanischen und arabischen Raum gelegen, mit einer gemäßigten sunnitischen Regierung ausgestattet, könnte es Vorbildfunktion für viele andere muslimische Länder, die sich nicht dem Diktat des Westens unterwerfen wollen, erfüllen. Damit das Land nicht zur Ruhe kommt und keine Chance erhält, seine zweifellos schweren internen Interessengegensätze zu beheben, wird es seit langem unterminiert. Zunächst haben die USA und ihre Verbündeten die südsudanesische Befreiungsarmee SPLA unterstützt. Als Nord- und Südsudan Frieden schlossen, wurde in der westsudanesischen Provinz Darfur gezündelt. Überfälle auf Polizeistationen und Garnisonen beantwortete die Regierung mit großer Härte. Hier knüpft der Haftbefehl gegen Bashir an.

Der Internationale Strafgerichtshof spaltet, er spaltet die Regierung, die Bevölkerung und die Afrikanische Union. Nord-Süd-Konflikt, Darfur-Krise und jetzt der Haftbefehl liegen auf einer Linie neokolonialistischer Machenschaften. Die Staatlichkeit Sudans soll aufgelöst werden, damit die Einzelteile, deutlich geschwächt, einfacher zu kontrollieren sind. Falls am Ende nicht mehr China, sondern die USA und andere Paktierer des westlichen Hegemoniebündnisses Hauptabnehmer des sudanesischen Erdöls werden, wäre das für sie sicherlich kein unliebsamer Mitnahmeeffekt.

20. März 2009