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HERRSCHAFT/1560: EU um Grenzschutz besorgt - Schnelle Eingreiftruppe nach Griechenland (SB)



Als Griechenland vor einiger Zeit wegen seiner hohen Schuldenlast in die Bredouille geriet, ließen es seine Partner in der Europäischen Union an Solidarität missen. Erst sollte die griechische Regierung weichgekocht werden, dann würde man ihr finanziell ein wenig unter die Arme greifen - nicht zuletzt weil eine Reihe von europäischen Banken um ihre Einlagen in Griechenland fürchtete. Auch das Panzergeschäft mit der deutschen Rüstungsindustrie sollte nicht gefährdet werden. Vor wenigen Tagen hat Griechenland die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX um Hilfe gegen illegale Einwanderer angerufen, und diesmal haben die Brüsseler Administratoren rasch reagiert. Der Schutz seiner Außengrenzen ist der EU so wichtig, daß sie dies bereits in der 2007 beschlossenen Verordnung festgelegt hat.

Am Sonntag teilte EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström mit, daß den Griechen mit der Entsendung von Rapid Border Intervention Teams (Schnelle Grenz-Interventionsteams) gegen den Zustrom vor allem über die griechisch-türkische Grenzregion nahe der Stadt Orestiada geholfen werden soll.

Offensichtlich befürchten die auf ihre üppigen Pensionen zuarbeitenden EU-Technokraten, daß die Zuwanderer das Zündholz sein könnten, welches das hellenische Pulverfaß zur Explosion bringt. Seit Monaten verschärft sich die soziale Lage beim südöstlichen Unionsmitglied, zumal die Regierung den Druck seitens EU-Brüssel und der europäischen Hauptstädte auf die Bevölkerung umgelastet und harsche Verarmungsprogramme beschlossen hat, wie man sie bislang innerhalb des Wohlstandsraums Europäischen Union nicht für möglich gehalten hat.

Dennoch, in anderen Weltregionen leben Menschen, denen es noch schlechter als selbst den sich gegen ihre Ausbeutung wehrenden Griechen ergeht. Einige sind Opfer der globalen Ressourcenkonkurrenz, die kaum entwirrbare bewaffnete Dauerkonflikte auf lokaler Ebene ausgelöst hat, andere müssen aus Regionen wie Afghanistan fliehen, denen der transatlantische Globalhegemon zur Zeit seine besondere Aufmerksamkeit widmet, oder sie stammen aus ganz und gar marginalisierten Regionen beispielsweise Afrikas, in denen Hunger, Armut und Perspektivlosigkeit vorherrschen. Ein nicht geringer Teil der Flüchtlinge muß als politisch verfolgt angesehen werden.

Nach Einschätzung des UN-Flüchtlingshilfswerks befinden sich weltweit fast 50 Millionen Menschen auf der Flucht. Die griechisch-türkische Landgrenze hat sich zu einer besonders frequentierten Fluchtroute entwickelt, nachdem FRONTEX in diesem Jahr eine gesteigerte Präsenz in der Ägäis zeigte und damit die Seewege der Flucht abgeschnitten hat.

Die Hierarchie zum Schutz Zentraleuropas ist überschaubar strukturiert: Die ganz weit unten sollen davon abgehalten werden, in den Lebensbereich der Menschen ganz unten einzuwandern. Erstere werden durch militärische, paramilitärische und polizeiliche Einsatzkräfte sowie eine entsprechende Grenzarchitektur draußen vor der Tür gehalten, an letzteren wiederum wird ein langfristig angelegtes Exempel statuiert, demzufolge jegliche sozialen Errungenschaften innerhalb der Kapital-EU ausgemerzt werden. Mögen die makroökonomischen Eckdaten Griechenlands im Vergleich schlecht aussehen - hinsichtlich seiner in Arbeitskämpfen erstrittenen Errungenschaften sahen die Eckdaten besser aus.

Der unter dem Vorwand der Überschuldung gegen Griechenland geführte Stoß zielt aufs Herz aller Menschen, die zur Verwertung ihrer Arbeitskraft in ausbeuterischen Produktions- und Reproduktionsverhältnissen vorgesehen sind. Der Vorstoß von EU-Grenzwächtern nach Griechenland soll eben diese Ordnung gegenüber denen absichern, für die im Rahmen der Weltordnung eine Existenz auf noch niedrigerem Niveau an weiter entfernt liegenden Orten vorgesehen ist.

25. Oktober 2010