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PROPAGANDA/1372: Großer Bühnenzauber - "Das klimafreundliche Akw" (SB)



Bei uns kommt der Strom aus der Steckdose - mit diesem Spruch sollte ursprünglich einmal auf die Unbedarftheit und das Anspruchsdenken von Konsumenten aufmerksam gemacht werden, die sich keine Gedanken über den Aufwand machen, der bei der Erzeugung des von ihnen verbrauchten elektrischen Stroms betrieben werden muß. Heute warten die Atomwirtschaft und ihre Lobbyisten mit einem ähnlichen Spruch auf, und sie meinen ihn vollkommen ernst. Die Kernenergie, so heißt es, sei klimafreundlich.

Wie der Bühnenzauberer mit schwarzen Tüchern den Geräteaufbau versteckt, der für das Gelingen seines Zaubertricks unverzichtbar ist, und dem Publikum nur das vorführt, was es sehen soll, weist die vermeintlich schlaue Kernenergie-Lobby mit dem Finger auf den Wasserdampf, der aus den Kühltürmen aufsteigt, und erklärt triumphierend: Et voilà! Keine Treibhausgase!

Doch im Gegensatz zur wahlweise zersägten, schwebenden, verdoppelten oder verschwundenen Partnerin des Zauberkünstlers ist das Rätsel um die angeblich klimafreundlichen Atomkraftwerke leicht zu lösen. Um im obigen Bild zu bleiben: Man muß nur von der Steckdose aus in Richtung Atomkraftwerk die Spur aufnehmen und von da aus in seinem Tun nicht mehr nachlassen. Dann stößt man auf einen unüberschaubaren Berg an Treibhausgasquellen, die in direkter Verbindung zum Atomstrom stehen. In jüngerer Zeit waren die Kernkraftwerksbetreiber und ihr unverzichtbares logistisches Umfeld so aufmerksam, selber den Finger in die Wunde zu legen und ihrer Propaganda endgültig den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Die Rede ist von der Asse, dem Versuchsendlager für schwach- und mittelradioaktive Substanzen.

Nachdem die Asse bereits über Jahrzehnte hinweg unter hohem energetischem Aufwand eingerichtet und betrieben wurde und die radioaktiven Substanzen in Fässer gefüllt werden mußten, deren Herstellung ebenfalls Treibhausgase erzeugt hat, so soll jetzt nach Ansicht des Bundesamts für Strahlenschutz der ganze radioaktive Müll und was die ursprünglichen Betreiber der Asse noch alles an Leichen im Keller verborgen haben, wieder herausgeholt und im Schacht Konrad verbracht werden.

126.000 Fässer, deren Zustand nicht bekannt ist, sollen möglichst mit automatischen Gerätschaften gehoben, von neuem gesichert, verpackt, transportiert und eingelagert werden, um nur pauschal den sehr viel komplexeren Rückholvorgang zu nennen. Die Bühnenzauberer der Atomwirtschaft, die den Nuklearbrand als klimafreundlich bezeichnen, behaupten damit: Das geht alles ohne den geringsten Energieverbrauch, bewirkt allein durch eine magische Kraft, über die sie anscheinend gebieten.

Vielleicht bekommt ja das geneigte Publikum eine Variante dieses Blendwerk zu sehen. In dem Fall würden die Fässer im Berg gelassen, weil man eh' nichts mehr machen kann und die großräumige radioaktive Kontamination des Untergrunds nicht mehr zu vermeiden ist. Dann wird die absaufende Asse vollends ertränkt und mit Beton und Salzlauge aufgefüllt. Das verdünnt den Schiet. Auch diese Arbeiten kosten selbstverständlich keinerlei Energie und produzieren nicht die geringsten Treibhausgase, wie ja jeder an den harmlosen Schäfchenwolken, die sich über den Akw-Kühltürme bilden erkennen kann, nicht wahr?

20. Januar 2010