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LAIRE/1083: Guttenberg ganz groß - in speziellen Umfragen ... (SB)


Who is the sexiest man in German Politics?

(Übersetzt, näherungsweise: Wer ist der sexistischste Man in der verkeimten Politik?)


Die bedeutendste Meldung des Tages lautet: Karl-Theodor zu Guttenberg wird von den meisten Frauen Deutschlands als "Sexiest Man in Politics" angesehen. [1] Nur seltsam, daß das mit der Umfrage betraute Hamburger Gewis-Institut die Antwort in Englisch verfaßt hat. Da aber Guttenberg als ausgewiesener Transatlantiker gehandelt wird, paßt das schon wieder. Für alle, die des Englischen nicht oder nur im geringen Maße mächtig sind, hier die Übersetzung: Demnach wird der CSU-Politiker nicht als der sexistischste, sondern als der best aussehende Mann in der Politik betrachtet. Was 'ne Ladung Walfett im Haar alles bewirken kann ...

Ob die befragten Frauen die Politiker auch nach anderen Merkmalen als körperlichen oder klamottentechnischen zu differenzieren vermögen, entzieht sich unserer Kenntnis. Das fiele eh' nicht sonderlich ins Gewicht, da die Politiker sowieso outsourcen, was übersetzt bedeutet, daß sie die Soße, die sie anrichten, Leute von außerhalb anrühren lassen, so daß sie selber von der Verantwortung entbunden sind. Darin ähneln sie sich, ob sie "von" oder kein "von" im Namen tragen.

Outsourcing beispielsweise durch die Großkanzlei Linklater. Die hat unserem "Sexiest Man" einen Gesetzentwurf zur Zwangsverwaltung maroder Banken angefertigt und arbeitet nun in seinem Auftrag an einem Gesetz zur Gründung einer Nationalen Akkreditierungsstelle, in der sich Zertifizierungsstellen von Bund, Länder und Wirtschaft unter einem Dach befinden sollen. Wer eine britische Kanzlei deutsche Gesetze schreiben läßt, darf natürlich als "Sexiest Man in Politics" durchgehen.

Übrigens muß Deutschland die Zertifizierungsstelle aufgrund einer Verordnung der Europäischen Union umsetzen, was uns umgehend zum eigentlichen Thema dieser kurzen Anmerkungen bringt, und das hat weder mit Schönheitsumfragen noch mit outgesourcten Gesetzesentwürfen zu tun. Obgleich, letzteres kommt dem schon sehr nahe.

Es geht um die Europäische Union. Politiker geben nämlich nicht nur das Schreiben von Gesetzesentwürfen in Auftrag, sondern übernehmen auch bereitwillig Vorschläge aus der Wirtschaft für Gesetzesneuerungen. Der Reformvertrag der Europäischen Union, zu dem die Bundesregierung in Kürze eine Art Gleitgesetz ausbaldowert, um die EU-Maßgaben reibungslos in deutsche Rechtsprechung einfließen zu lassen, ist zu nicht unwesentlichen Teilen ein solches Produkt. Dabei hat die wirtschaftsfreundliche, sozialstaatfeindliche, militärische Rohstoffsicherung befürwortende Bertelsmann-Stiftung die Feder geführt. Darüber regt sich niemand mehr auf ... zumindest nicht in der von Bertelsmann stark beeinflußten Medienwelt.


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Anmerkungen:

[1] Gestatten, Bundes-Womanizer! "Sexiest Man in Politics": Guttenberg, 19. August 2009
http://www.sueddeutsche.de/leben/281/484714/text/

19. August 2009