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DILJA/1248: "Sparprogramm" in Griechenland mit Polizeigewalt durchgesetzt (SB)


Griechenlands regierende Sozialdemokraten zu Gewalttaten bereit

Polizeieinsätze vor dem Parlament zur Durchsetzung des "Sparprogramms"


In Berlin zeigte sich die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel noch vor ihrer für den heutigen Freitagabend anberaumten Unterredung mit dem griechischen Ministerpräsidenten Giorgos Papandreou voll des Lobes. Um Mißverständnissen vorzubeugen, bekräftigte die Kanzlerin gleich noch einmal die bereits sattsam bekannte harte Haltung Deutschlands gegenüber dem in großen Finanznöten steckenden EU-"Partner" Griechenland mit den Worten: "Ich will ausdrücklich sagen, daß es am Freitag nicht um Hilfsleistungen, sondern um die Beziehungen zwischen Griechenland und Deutschland gehen wird." Genauer gesagt um die Beziehungen zwischen der griechischen und deutschen Regierung, was angesichts der aktuellen Entwicklung kein nur sprachlicher Unterschied ist. Am heutigen Freitag sollte im Athener Parlament das abermals erweiterte sogenannte "Sparprogramm" durchgewunken werden, was angesichts der klaren parlamentarischen Mehrheit der regierenden sozialistischen Partei PASOK mit keinerlei Schwierigkeiten verbunden war.

Vor dem Parlament allerdings wurden die Beschlüsse mit Polizeigewalt gegen protestierende Demonstranten durchgesetzt. Mit Tränengas und Schlagstöcken gingen griechische Polizisten, die selbst allesamt von den sogenannten "Sparbeschlüssen" betroffen sein werden, gegen die aufgebrachten Menschen vor. Linke Abgeordnete und weitere Protestierende wurden gewaltsam daran gehindert, am Parlamentsgebäude ein Transparent mit der Aufschrift "Gleich was - Der Mensch hat immer Vorrang" anzubringen. Nach Angaben griechischer Rundfunkanstalten hat es bei den Auseinandersetzungen bereits drei Leichtverletzte gegeben. Da die Regierung Papandreou ihre abermals erweiteren Kürzungsbeschlüsse bereits am Mittwoch bekanntgegeben hat, steht zu vermuten, daß die positive Stellungnahme der deutschen Regierungschefin nicht primär dem Geschehen im griechischen Parlament galt, sondern der auf den Straßen für jeden ersichtlich unter Beweis gestellten Bereitschaft der Regierung, den harten und gegen die eigene Bevölkerung gerichteten vermeintlichen Euro-Konsolidisierungskurs notfalls auch mit Polizeigewalt durchzusetzen.

Und dieser "Notfall" ist bereits eingetreten, wird doch die gesamte Bevölkerung des schwächsten Mitglieds der sogenannten Euro-Zone von den Maßnahmen betroffen sein, zu denen zusätzlich zu den bereits seit längerem beschlossenen Ausgabenkürzungsplänen nun auch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer von bislang 19 auf 21 Prozent sowie eine Anhebung der Alkohol-, Tabak- und vor allem auch der Mineralölsteuer ebenso gehören wird wie weitere Kürzungen der Gehälter im öffentlichen Dienst, die zusätzlich zu den bereits beschlossenen zehn auf nun insgesamt 12 Prozent reduziert werden sollen. Insgesamt 4,8 Milliarden Euro sollen auf diesen und ähnlichen Wegen, wie Ministerpräsident Papandreou bereits am Mittwoch erklärt hatte, bei den öffentlichen Ausgaben "eingespart" werden; insgesamt soll der Etat in diesem Jahr um 16 Milliarden Euro zusammengestrichen werden. "Wir erwarten nun mit Fug und Recht europäische Solidarität", hatte Papandreou im Fernsehen erklärt ganz so, als sei Griechenland von einer Naturkatastrophe betroffen und erbete sich solidarische Katastrophenhilfe.

Tatsächlich dürfte der Schulterschluß zwischen der griechischen Regierung und den maßgeblichen EU-Staaten längst vollzogen worden sein. Papandreou hat seinerseits klargestellt, daß er bzw. sein Land keinen Cent von Deutschland wollten. Bundeswirtschaftsminister Brüderle stieß in dasselbe Horn und bestätigte am heutigen Freitag in Berlin noch einmal, daß die deutsche Regierung auch nicht die Absicht habe, "einen Cent zu geben". Da dem Staatsbesuch Papandreous in Berlin weitere in westlichen Hauptstädten folgen werden - der griechische Ministerpräsident wird desweiteren in Luxemburg, Paris und Washington vorsprechen -, liegt auf der Hand, daß bei diesen Gesprächen die Durchsetzung solch harter Maßnahmen gegen die eigene Bevölkerung mit den westlichen Partnern abgestimmt wird und daß darin die "politische Unterstützung" besteht, die Papandreou sich erklärtermaßen in Berlin erwartet.

5. März 2010