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AFRIKA/1799: ICC-Haftbefehl gegen Sudans Präsident al-Bashir (SB)


Menschrechtsverletzungen in Darfur

Sudans Präsident Omar al-Bashir soll zur Verantwortung gezogen werden


Im Mai 2003 begann die US-Luftwaffe mit der Bombardierung Bagdads. Shock and awe nannten die Militärs das Trommelfeuer, mit dem die Millionenstadt in Entsetzen und Furcht versetzt wurde. Hunderte, wenn nicht Tausende Einwohner starben am ersten und den folgenden Tagen durch direkte Gewalteinwirkung. Später marschierten US-Soldaten ein und töteten unterschiedslos Iraker, ob sie angetreten waren, ihre Heimat zu verteidigen, oder ob sie lediglich dem Truppenvormarsch im Weg standen. Zehntausende Iraker wurden vertrieben, zahllose vom Besatzungsregime in elende Lager gesteckt, wo Siechtum vorherrschte. US-Soldaten siebten Dorfbewohner nieder, raubten, vergewaltigen, sie folterten Gefangene und tun es auch heute noch. Die US-Armee umzingelte Falludscha und griff die Stadt mit chemischen Waffen an - wahrlich, die Liste der im Irak begangenen Kriegsverbrechen ist lang.

Am heutigen Mittwoch hat der Internationale Strafgerichtshof (ICC - International Criminal Court) in Den Haag einen Haftbefehl gegen den mutmaßlichen Hauptverantwortlichen dieser Massaker und Grausamkeiten, den Oberbefehlshaber der US-amerikanischen Streitkräfte George W. Bush, ausgestellt ...

Ach nein, nicht Bush muß das Weltgericht fürchten, sondern sein damaliger Amtskollege und noch heute erster Mann im Sudan Omar Al-Bashir. Gegen ihn werden nicht die gleichen Vorwürfe erhoben, wie sie Bush zu machen wären, aber doch sehr verwandte: Mord, Vernichtung, Vergewaltigung, Folter, Vertreibung, Plünderung. Nur beim Vorwurf des Völkermords folgten die Richter nicht dem Vorschlag des ICC-Chefanklägers Luis Moreno Ocampo.

Niemand solle behaupten, der Internationale Strafgerichtshof messe mit zweierlei Maß! Das anzunehmen wäre ein Irrtum. Das Gericht mißt nur mit einem Maß, und das gilt, seit das Recht in die Welt gesetzt wurde: Das Recht ist eine Waffe in der Hand des Stärkeren. Warum sollte sich die US-Regierung durch eine Anklage gegen Bush selber demontieren? Den sudanesischen Präsidenten könnte man als Täter und Opfer zugleich bezeichnen: Auf der einen Seite mutmaßlicher Hauptverantwortlicher für die Verfolgung und Vertreibung der Einwohner in der Provinz Darfur, auf der anderen Seite - bereits vor der Ausstellung des Haftbefehls - massiv vom Westen unter Druck gesetzt.

Ob und in welcher Form der Haftbefehl vollstreckt wird, ist ungewiß. Eines aber steht heute schon fest: Die Verlierer sind wieder einmal die Einwohner Darfurs. Zehntausende sind geflohen, weil sich die Lage in den letzten Wochen aufgrund des zu erwarten gewesenen Haftbefehls zugespitzt hatte. Frieden bringt der ICC den Darfurern nicht. Im Gegenteil.

4. März 2009