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AFRIKA/1811: Anscheinend hat Israel zwei Luftangriffe auf Sudan geführt (SB)


Mehr als 50 Tote bei Luftangriffen auf Lkw-Konvois in Ostsudan und einen iranischen Frachter im Roten Meer


Es hat nicht den Anschein, also wolle die sudanesische Regierung auf den völkerrechtswidrigen Angriff einer ausländischen Macht auf ihr Territorium reagieren. Medienberichten zufolge handelt es sich bei dieser Macht wahrscheinlich um Israel. Demnach hat es seit dem Höhepunkt seines Angriffs auf die Palästinenser im Gazastreifen im Januar mindestens drei Luftangriffe auf Ziele außerhalb seines Territoriums durchgeführt. Eine offizielle Bestätigung dafür seitens Tel Aviv gibt es nicht, aber Ministerpräsident Ehud Olmerts Andeutungen, denen zufolge sinngemäß Israel an jedem Ort der Welt zuschlägt, um "terroristische Infrastruktur" zu treffen, können in eben diese Richtung gedeutet werden.

Nach Angaben der britischen Zeitung "Sunday Times" hat die israelische Luftwaffe mit Hilfe von Drohnen des Typs Hermes 450 aus israelischer Fertigung im Januar und Februar dieses Jahres einen iranischen Frachter im Roten Meer versenkt und zwei Lkw-Konvois im Osten Sudans zerstört. Mindestens 50 Menschen verloren dabei ihr Leben. Angeblich sollten der Frachter und die Lastwagen Waffen via Ägypten in den Gazastreifen bringen, wo die eingekesselten Palästinenser dem permanenten Luftbombardement sowie Angriffen seitens der Artillerie, Panzer und Bodentruppen Israels nahezu schutzlos ausgeliefert waren.

Was zur "terroristischen Infrastruktur" gehört, definiert jeder Staat oder jedes Volk auf eigene Weise - wohingegen die Frage, wer sich mit seiner Definition durchsetzt, eine Frage der militärischen Durchsetzungsfähigkeit ist. So hätten die Palästinenser allen Grund, die Angriffe durch Israel als terroristisch bezeichnen. Gäbe es auf Seiten der Palästinenser Personen, die die gleiche Einstellung wie Olmert an den Tag legten, so würden sie folgerichtig eine Zerstörung jener Strukturen Israels fordern, die für die Angriffe verantwortlich sind.

Eine besonders brisante Note erhalten die Angriffe auf Sudan - so sie denn von den israelischen Streitkräften ausgeführt wurden - dadurch, daß die wahrscheinlich nächste Regierung unter dem ultrarechten Benjamin Netanjahu und dem ultra-ultrarechten Außenminister Avigdor Lieberman noch rücksichtsloser gegen andere Staaten vorgehen dürfte, denen sie Unterstützung des Terrorismus vorwirft. An vorderster Stelle ist an Iran zu denken, der sich seit Jahren im Visier der USA und Israels befindet und dem im Grunde genommen permanent mit vernichtenden Militärschlägen gedroht wird. Hier kommt sogar die Bundesrepublik Deutschland ins "Spiel", hat sie doch hochmoderne U-Boote an Israel geliefert, die relativ leicht umgebaut werden konnten, so daß sie auch Nuklearraketen abschießen können. Ein Angriff auf Iran könnte auch mit Hilfe dieser U-Boote erfolgen.

In der israelischen Öffentlichkeit herrscht eine ziemlich bellizistische Stimmung. Das blutige Vernichtungswerk, das die israelischen Streitkräfte im Gazastreifen verübt haben, wird durchaus als gerechtfertigt angesehen. Ein Angriff auf Iran, der, wenn es dazu kommt, von Anfang mit noch größerer Härte und ultimativen Waffen geführt werden müßte, um die Schäden durch Gegenschläge so gering wie möglich zu halten, würde anscheinend allgemein gedeckt.

Die Attacken gegen Lastwagenkonvois in Sudan und einen iranischen Frachter, von denen nicht bekannt ist, was sie geladen hatten - daß es sich um Waffen handelte, ist bloße Mutmaßung -, sind sicherlich nicht als Vorgeplänkel zum eigentlichen, großen Krieg gegen Iran zu deuten. Aber sie zeigen, daß der Abzugshebel der israelischen Militärs sehr, sehr locker sitzt. Sollten sie bei ihren Kalkulationen zu dem Schluß kommen, daß ein rascher Angriff auf viele Dutzend Ziele in Iran machbar ist und die eigenen Verluste begrenzt bleiben, steht dem Krieg anscheinend nichts mehr im Wege.

Aus der Sicht Irans ergibt sich daraus die perverse Logik, sich so schnell wie möglich Nuklearwaffen zu beschaffen, um so die Chance zu erhöhen, daß Israel und die USA durch diese geringfügige Annäherung an ein "Gleichgewicht des Schreckens" von einem Angriff abgehalten werden.

30. März 2009