Schattenblick →INFOPOOL →POLITIK → REDAKTION

AFRIKA/1838: Klimawandel verstärkt Konflikte (SB)


Africa Progress Panel mahnt bessere Vorbereitung auf den Klimawandel an

Abschottungs- und Abgrenzungspolitik der Europäischen Union kein Thema


Rückblicke auf die letzten zwölf Jahre in der Demokratischen Republik Kongo (DR Kongo) und auf die zurückliegenden 19 Jahre in Somalia dürften einen ungefähren Eindruck davon verschaffen, was nahezu der gesamte Kontinent erleben wird, wenn sich der Klimawandel weiter verschärft. In beiden Staaten wird jahrelang um Macht und Einfluß gerungen, teils angetrieben durch Interessen von außerhalb, und niemals kommen diese Länder zur Ruhe.

Der Klimawandel wird die Konflikte in Afrika verschlimmern, lautet die Schlußfolgerung eines am Mittwoch veröffentlichten Reports. Für 23 afrikanische Länder besteht ein hohes Risiko eines bewaffneten Konflikts, weil der Klimawandel traditionelle Sicherheitsbedrohungen verstärke. Weitere vierzehn Staaten werden einem hohen Risiko politischer Instabilität ausgesetzt, warnt der Think Tank Africa Progress Panel (APP). [1]

Die Probleme bei der Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes und der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrung, Energie, etc. besteht darin, daß sie sich nur schwer vereinheitlichen lassen, da die Ausgangsbedingungen verschieden sind. Das gilt sowohl für die natürlichen Voraussetzungen eines Landes als auch für die politischen Entscheidungen, die von den jeweiligen Regierungen beschlossen werden. Zudem spielen globalpolitische Fragen eine Rolle. So wird ein Land wie Simbabwe, das von den USA und der EU mit Sanktionen belegt ist, anders mit klimabedingten Schwierigkeiten umgehen, als wenn der Westen keine Sanktionen verhängt hätte. Darum müssen Analysen zur Frage, ob sich ein Staat ausreichend auf den Klimawandel vorbereitet, von vornherein ungenügend bleiben.

22 afrikanische Staaten hätten zwar ihre National Adaptation Programmes of Action (NAPA) abgeschlossen und viele Staaten strebten Reformen an, um den Waldverlust zu bremsen und eine nachhaltige Nutzung des Lands sicherzustellen, konstatiert der APP, aber nur wenige nationale Entwicklungspläne seien auf den Klimawandel ausgerichtet.

Die Autoren verweisen auf eine Reihe von transnationalen Einrichtungen, in denen sich durchaus auf den Klimawandel in Afrika vorbereitet wird. Beispielsweise traf sich die Afrikanische Umweltministerkonferenz mehrmals, um eine gemeinsame Strategie bei den Klimaverhandlungen im Dezember in Kopenhagen zu fahren. Außerdem haben die Umweltminister die Gründung eines Africa Climate Policy Centre sowie die Aufstellung eines nationalen Rahmenplans zum Klimawandel beschlossen, in das unterschiedlichste Programme einfließen sollen. Genannt wird auch der Congo Basin Forest Fund, die Pilotprogramme der Weltbank zur Vorbereitung auf den Klimawandels in Mosambik, Niger und Sambia sowie ein Umwelt-Beobachtungsprogramm der Global Environment Facility. Bemängelt wurde jedoch, daß Afrika kaum CDM-Projekte (Clean Development Mechanism) betreibt. Von bislang rund 1400 Projekten entfielen nicht einmal 30 auf Afrika.

Im APP, dessen Vorsitz der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan innehat, sitzen unter anderem Tony Blair (ehemaliger britischer Premierminister), Peter Eigen (Gründer und Mitglied von Transparency International), Bob Geldof (Berufsmusiker) und Olusegun Obasanjo (Ex-Präsident von Nigeria). [2] Von seiner Ausrichtung her optimistisch und darauf bedacht, nicht nur Mißstände aufzuzeigen, sondern auch Lösungen anzubieten, appelliert der APP an die afrikanischen Regierungen, sich intensiver auf den Klimawandel vorzubereiten.

Typisch für solche globalen, nicht-staatlichen Institutionen oder Think Tanks ist es, daß sie scheinbar wertneutrale Urteile und Empfehlungen abgeben, bei denen wesentliche ökonomische und politische Voraussetzungen ungenannt bleiben. Beispielsweise wird die Abschottungspolitik der Europäischen Union gegenüber afrikanischen Flüchtlingen, die selbstverständlich auch aus klimatischen Gründen ihr Land verlassen wollen, nicht thematisiert.

Die Bedeutung der Isolation wird weitgehend unterschätzt. Wenn Afrika eine Art Kessel bildet, aus dem es kein Entkommen gibt, dann können die Menschen womöglich nur noch von einem unwirtlichen Ort zum nächsten unwirtlichen Ort flüchten. Da sind Konflikte, wahrscheinlich auch bewaffnete, vorgezeichnet. Das Bestreben der Weltgemeinschaft, wenn sie denn dem Anspruch als Gemeinschaft gerecht werden wollte, müßte jetzt schon auf das Erstellen von Plänen hinauslaufen, wo und wie die Flüchtlinge untergebracht werden können. Statt dessen läßt die Europäische Union Lager in Nordafrika einrichten, wo die Flüchtlinge buchstäblich im eigenen Saft schmoren sollen. Eine angemessene Vorbereitung auf den Klimawandel schließt die Bereitschaft aller Staaten, die womöglich weniger schwer vom Klimawandel betroffen sind, zur Aufnahme von Flüchtlingen ein.


*


Anmerkungen:

[1] "Africa: Climate Change Threatens Instability in 37 Nations, Says Report", 10. Juni 2009
http://allafrica.com/stories/200906100450.html

[2] http://africaprogresspanel.socialmediarelease.co.za/content/panel-members

12. Juni 2009